LINZ. Schäxpir heißt das internationale Theaterfestival für ein junges und jung gebliebenes Publikum, das dieses Jahr zum achten Mal in Linz stattfand. Das Programm war formidabel: es wurden Stücke präsentiert, die die Fantasie in ungeahnte Sphären führten. Das taten die besuchten Aufführungen ohne Ausnahme auf hohem künstlerischen Niveau und machen verrückt nach Schäxpir.
Theater Phönix Auch 2015 präsentierte das Theater Phönix eine Eigenproduktion. Die Jugendstück-Uraufführung „Mehl in der Schublade“ von Flo Staffelmayr zum Thema Demenz berührte und erheiterte gleichermaßen. Julian (Oskar-Wolf Meier) und Sophie (Nikola Rudle) sollen die Wohnung ihres Opas Otto (Helmut Fröhlich) ausräumen: er muss ins Heim. Seine Gedankenwanderungen verdeutlichen Parallelen zwischen Damals und Heute. Die Enkelkinder finden das mal cool, mal bedrohlich. Ein Stück über Erinnern, Vergessen, Reflexion und Verdrängung. Obwohl dement, kann sich Opa an einiges sehr genau erinnern. Er weiß mit Hilfe alter Fahrscheine genau, wann er wo gewesen ist. Der nach eigener Einschätzung reflektierte Julian weist seine Schwester Sophie darauf hin, dass sie und ihre Gruppe ähnlich argumentieren wie die Nazis. Dramaturgisch gelungene Szenen.
Kammerspiele Erstmals waren beim Festival drei virtuose Clowns zu sehen: P. Nalle Laanela, Stacey Sacks und Rupesh Tillu. Die drei sind Mitglieder der Vereinigung „Clowns ohne Grenzen“, arbeiten in Flüchtlingslagern und haben mit „Flugo!“ eine eindrucksvolle Form der Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema gefunden. Freiheit und Lebensfreude wird zum Ziel ihrer Träume. In faszinierenden Bildern und mit virtuos gespielten Slapstick-Szenen nahmen sie das Publikum gefangen.
Posthof Kein Plan JES – Junges Ensemble Stuttgart (Stuttgart/DE) Tanztheater auf hohem Niveau bot das Junge Ensemble Stuttgart. Die Darsteller springen vom Gerüst in die Mitte des Platzes. Sie stellen sich grundsätzlichen Fragen, sind auf der Suche nach Antworten. Auslandsreise, Studium, Ehe, Geld, Erfüllung? Jung mit Problemen oder Alt und sorgenfrei? Die fünfköpfige Tanzcrew vom Jungen Ensemble Stuttgart weist dynamisch auf ein Problem unserer Zeit hin: Immer mehr Alternativen und immer weniger Plan.
Hanna & Heinz - NIE (NO, GB) Konzept und Regie: Kjell Moberg. Darsteller: Helder Deploige, Hanne Gjerstad Henrichsen Premiere im deutschsprachigen Raum.
In der Liebesgeschichte zwischen Hanna und Heinz rührte vor allem die Darstellung Hanne Gjerstad Henrichsen zu Tränen. Hanna, ein norwegisches Mädchen verliebt sich im zweiten Weltkrieg in den deutschen Soldaten Heinz. Die Liebe zu einem Deutschen ist in diesen Zeiten verpönt, was sie nicht hindert, zu heiraten und ins deutsche Chemnitz zu ziehen. Hanna verliert dadurch ihre Staatsbürgerschaft. Im Herzen Norwegerin geblieben, bemüht sie sich 58 Jahre um die Rückgabe ihres Passes. Glücklich und traurige Momente zwischen Badewanne und Christbaum wechseln sich ab.
Linzer Landesgericht, Schwurgerichtssaal Name: Sophie Scholl – „werk89“. Regie: Melika Ramic. Darstellerin: Suse Lichtenberger
Schwurgerichtssaal Linz. Eine Frau betritt den Zeugenstand. Name? Sophie Scholl. Sophie ist Jus-Studentin, ihr Nachname Zufall und eine Last im anstehenden Prozess. Sie gefährdet durch eine Aussage ihre berufliche Zukunft als erfolgreiche Anwältin. Die „andere“ Sophie wird Prüfstein ihres Gewissens. Was ist wichtiger: Karriere oder zivilcouragiertes Handeln? Vor diesem Hintergrund entstehen im Linzer Landesgericht Bilder aus dem Leben der Widerstandskämpferin. Sophie Scholl wird in den Zeugenstand gerufen. Diesmal nicht die historische 21jährige. Eine junge Jusstudentin von heute betritt den Schwurgerichtssaal. Mit geschickt gesetzten Manövern entstehen in Melika Ramics Inszenierung lebhafte Atmosphären. Großartig in dem Ein-Personen-Stück: Suse Lichtenberger vom Wiener „werk89“. Verdient heftiger Applaus!
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