Gewöhnliche Impfreaktion von wirklichen Nebenwirkungen unterscheiden
Ö/OÖ. In Österreich sind bis 16. April 286 Menschen in zeitlicher Nähe zu einer Covid-19-Impfung im Spital behandelt worden, geht aus einem Bericht des Bundesamts für Sicherheit und Gesundheitswesen (BASG) hervor. 20.264 Meldungen zu vermuteten Nebenwirkungen wurden bis dahin gemeldet, der Großteil „mild bis moderat“. Tips hat mit Primar Bernd Lamprecht (Kepler Uniklinikum) dazu gesprochen. Wichtig sei vor allem die Unterscheidung zwischen erwartbarer Reaktion und „wirklicher Nebenwirkung“
Das BASG hat im aktuellen Bericht die Meldungen im Zeitraum von 27. Dezember 2020 bis zum 16. April 2021 ausgewertet. 20.264 Meldungen von vermuteten Nebenwirkungen im zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung sind eingegangen - wobei „ein Großteil dieser Meldungen zu erwartende Impfreaktionen wie sie in den klinischen Studien der Zulassungsverfahren der Impfstoffe beschrieben wurden, z. B. Kopfweh, Fieber, Müdigkeit, Schmerzen an der Einstichstelle etc.“ waren, heißt es im Bericht. 12.386 der Meldungen kamen von Personen im Alter zwischen 18 und 44 Jahren.
Diesen Meldungen gegenüber stehen bis 16. April in Österreich etwas mehr als 2,4 Millionen im e-Impfpass eingetragene Impfungen. Die Melderate entspricht damit 8,3 pro 1.000 Impfungen.
Höhere Melderate bei AstraZeneca erklärbar
Die Melderate beim Impfstoff von AstraZeneca war dabei deutlich höher als bei den Impfstoffen von BioNTech/Pfizer oder Moderna gibt. Bei BioNTech/Pfizer beträgt die Rate 2,96 pro 1.000 Impfungen, bei Moderna bei 3,42 und bei AstraZeneca bei 25,77. Aber auch hier war die „Mehrheit in der Intensität mild bis moderat und verschwand binnen weniger Tage.“
Erklärbar ist die höhere Rate an Meldungen damit, dass - wie schon die klinischen Studien zu AstraZeneca zeigten - berichtete Nebenwirkungen und Impfreaktionen nach der ersten Dosis stärker und häufiger waren als nach der zweiten Dosis. Bis dahin wurde dieser Impfstoff auch hauptsächlich jüngeren Menschen verabreicht, bei denen laut Studien in der Regel stärkere Impfreaktionen auftreten. „Zusätzlich ist davon auszugehen, dass die mediale Berichterstattung der vergangenen Tage und Wochen über diesen Impfstoff die Sensibilität für die Meldung von vermuteten Nebenwirkungen und Impfreaktionen erhöht hat“, wird im Bericht vermutet.
„Effekt der Impfstrategie nicht unterschätzen“
Auch Primar Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum, relativiert: „Impfreaktionen treten bei jüngeren Menschen - bei allen Impfstoffen - deutlich häufiger auf als bei älteren Menschen. Daher darf hier der Effekt der Impfstrategie nicht unterschätzt werden, der die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna gemäß Strategie zuerst zu den älteren Menschen (anfangs besonders zu jenen über 80 Jahre) geführt hat, während der etwas später zugelassene Vektorimpfstoff von AstraZeneca wegen damals noch begrenzter Daten bei älteren Menschen anfangs ganz bewusst nur bei jüngeren Personen eingesetzt wurde. Dass mRNA-Impfstoffe typischerweise bei der ersten Teilimpfung weniger Reaktionen hervorrufen als bei der zweiten Teilimpfung und sich dies bei Vektorimpfstoffen exakt umgekehrt verhält, hat die rasch und kritisch durchgeführten Vergleiche zwischen den Impfstoffen zusätzlich beeinflusst.“
Gewöhnliche Impfreaktionen und „wirkliche Nebenwirkungen“ unterscheiden
Zudem verweist Lamprecht auf die wichtige Unterscheidung zwischen zu erwartenden, gewöhnlichen Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber, Müdigkeit oder Kopfschmerzen in den ersten Tagen nach der Impfung und „wirklichen Nebenwirkungen“: „Tatsächliche Nebenwirkungen sind erfreulicherweise bei allen Corona-Impfstoffen äußerst selten, der große Nutzen der Impfung mit Vermeidung vieler schwerer Erkrankungen und Todesfälle überwiegt daher ganz klar die zahlenmäßig sehr geringen Nebenwirkungen. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist bei Corona-Impfstoffen auch im Vergleich zu anderen etablierten Impfstoffen besonders günstig“, so der Mediziner.
286 Menschen im Spital behandelt
Im in diesem Bericht erfassten Zeitraum wurden in Österreich 286 Menschen in zeitlicher Nähe zu einer Covid-19-Impfung im Spital behandelt oder mussten deshalb länger im Krankenhaus bleiben, davon 124 BioNtech/Pfizer, 20 Moderna und 142 AstraZeneca.
Dem BASG wurden 74 Todesfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung gegen Covid-19 gemeldet (64 BioNTech/Pfizer, 4 Moderna, 6 AstraZeneca), wobei aktuell nur bei einem Fall bislang tatsächlich ein Zusammenhang mit der Impfung gesehen wird - jene 49-jährige Patientin, die in Folge schwerer Gerinnungsstörungen verstorben ist. Dieser Todesfall wird auch als VITT eingestuft. Nach einer Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca wurde in Europa sehr selten eine Kombination von Thrombose und Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) beobachtet. Bezeichnet wird diese vermutete Nebenwirkung als „Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie“ (VITT). Dem BASG wurden acht Fälle in denen VITT vermutet wird, in einer zeitlichen Nähe mit einer AstraZeneca-Impfung gemeldet.
Hirnvenenthrombose deutlich häufiger bei Covid-Infektion selbst
„Während andere Blutgerinnungsstörungen (Thrombosen, Embolien) bei Geimpften nicht häufiger vorkommen als bei Nicht-Geimpften, wurde für die spezielle Form der Hirnvenenthrombose eine Risikoerhöhung durch die Impfung beschrieben. Derzeit geht die Wissenschaft davon aus, dass es sich dabei um einen auto-immunologischen Prozess handelt, bei dem das körpereigene Immunsystem in Folge der Impfung Antikörper gegen Oberflächenmerkmale der Blutplättchen bildet, die Blutplättchen (auch Thrombozyten genannt) anschließend verklumpen, zahlenmäßig abnehmen und Gerinnsel mit Blutgefäßverschlüssen verursachen“, erläutert der Primar.
Symptome, die Betroffene erkennen können, sind laut Lamprecht Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindel, Lähmungserscheinungen, aber auch das typische Zeitfenster des Auftretens dieser - erst ab Tag vier bis Tag 16 nach der Impfung. Inzwischen gebe es gute Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.
Diese Nebenwirkung wird in erster Linie Vektorimpfstoffen wie AstraZeneca zugerechnet, könne aber für andere Impfstoffe nicht ausgeschlossen werden, erklärt Lamprecht weiter. Und er hebt hervor: Die Nebenwirkung „kann bei der tatsächlichen Infektion mit dem Virus bzw. bei Erkrankung noch deutlich häufiger auftreten. Eine aktuell publizierte große amerikanische Untersuchung hat beispielsweise gezeigt, dass das Risiko für eine Hirnvenenthrombose bei Infektion und Erkrankung an Covid-19 mit 39 solchen Ereignissen pro einer Million Infizierter ungefähr achtmal so hoch ist, wie es die EMA mit fünf Ereignissen pro einer Million Geimpfter für das Vakzin von AstraZeneca festgestellt hat.“
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30.06.2021 21:54
Sehstörungen
Nach 1. Biontech Kopfschmerzen, sehstörungen, Schwindel, Übelkeit, Lähmung, Kribbeln links, D-Dimer erhöht. Trotzdem keine Thrombose i. MRT ohne Kontrastmittel sichtbar.
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28.04.2021 19:03
Umfassende Information dazu …
… bringt Prof. Dr. Sucharit Bhakdi im demnächst erscheinenden Buch „Corona unmasked”.
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