Experten: "Klimaneutralität ist möglich. Es braucht keine Wunder-Technologie.“
OÖ/LINZ. Beim oberösterreichischen Klimagipfel in Linz wird der Klimaschutz in den Mittelpunkt gerückt. Experten erzählen wie eine klimafreundliche Zukunft konkret aussehen könnte und vor allem, dass diese machbar ist: vom Sonnenstrom bis hin zum Bauen mit Holz.
„Der Kampf gegen die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit und Scheitern ist hier keine Option“, ist sich Klima-Landesrat Stefan Kaineder sicher. Dieses Thema steht auch beim großen oberösterreichischen Klimagipfel im Zentrum. „Mit dem Klimagipfel lenken wir die Aufmerksamkeit auf die Krise, gegen die es keine Impfung gibt, die aber maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft der Menschheit hat. Ich bin froh, die renommiertesten deutschsprachigen Klima- und Engergieexperten in Linz begrüßen zu dürfen“, so Klima-Landesrat Stefan Kaineder weiter.
Klimaneutral leben ist möglich
In dem Gutachten „Klimaneutral leben 2025: Wie Verbraucher/innen ihren Alltag in Zukunft CO2-frei gestalten und was die Politik dafür tun muss“ analysieren die Autorinnen Christine Wörlen, Expertin für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimapolitik, dafür die Klimafußabdrücke einer Modellfamilie und eines Single-Haushalts heute und im Jahr 2035. Bei der Familie handelt es sich dabei um eine reale, dreiköpfige Familie: Lena, Jan und Emily. Die drei leben in einem Einfamilienhaus in der Nähe von Hamburg und produzieren pro Jahr gut 31 Tonnen CO2 – alleine 8 Tonnen davon verursacht von der Ölheizung ihres Hauses. Im Jahr 2035 haben sie eine Solaranlage auf dem Dach und mehrere Speichersysteme ermöglichen, dass sie damit fast den ganzen Energiebedarf ihres modernisierten Hauses decken. „Das ist in Deutschland derzeit fast unmöglich den Strom vom Eigenen Dach zu nutzen“, schildert Wörlen. Im Bereich Umwelt bestehe derzeit generell viel Aufholbedarf, verpasstes müsse nachgeholt werden. „Wir haben uns zu lange Zeit gelassen. Jetzt müssen wir viel Geld in die Hand nehmen“, betont die Expertin. „Aber es ist möglich. Es braucht keine Wunder-Technologie.“
Bauen mit Holz als Zukunftsmodell
Ein weiterer „Elefant im Klimaraum“ ist das Bauen. Elf Prozent des weltweiten CO2-Ausstroßes kommt von der Beton-Produktion. „Das ist das vier- bis fünffache des Flugverkehrs“ sagt Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher und Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Für ihn liegt die Zukunft im Bauen mit Holz aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft. Diese Tradition sei in der Nachkriegszeit weitgehend verloren gegangen müsse nun jedoch wiederbelebt werden. Derzeit würde der Baustoff Holz oft noch massiv unterschätzt. „Da kann man inzwischen auch Hochhäuser errichten“, so Schellnhuber. Auch eine Schnellbauweise mit teilweiser Vormontage sei möglich. Zudem würde das verbaute Holz, welches ein CO2-Speicher ist, auch dem Kreislauf entzogen. „Das würde die die Atmosphäre sogar reinigen.“
Kleine regionale Initiativen verbessern das Leben
Beim Klimagipfel mit dabei ist auch das Klimabündnis OÖ, welches heuer sein 30-jähriges Bestehen feiert. „Das Klimabündnis ist das größte kommunale Netzwerk Europas“, schildert Norbert Rainer. Gerade auf kommunaler Ebene ist jeder kleine Schritt in die richtige Richtung spürbar – und trägt zur Transformation bei. „Klimaschutz sicher, verbessert und erhöht die Lebensqualität in den Gemeinden.“ Eine stetig wachsende Zahl an Initiativen widmet sich zum Beispiel dem Thema Ressourcen-Sharing und sorgt für einen Mehrwert vor Ort: ob nun Repair-Cafés, Kleidertauschparties, Gemeinschaftsgärten oder Lebensmittel-Kooperativen. Das Klimabündnis unterstützt mit Projekten wie der Smartphone-App „Gutes finden“, den „Reparaturführer“, den „Gärten der Vielfalt“ (Gemeinschaftsgärten) oder mit Klimakultur.at (Sharing-Ideen) diese Angebote.
Projekt „Tapetenwechsel“
Im Projekt „Tapetenwechsel“ werden positiven Zukunftsbilder ganz konkret gesammelt, zum Beispiel jenes für den Dorfplatzt: Heute ist der Ortskern oft nur mehr ein Parkplatz mit dazugehöriger Durchzugsstraße. In naher Zukunft soll er in Oberösterreichischen Gemeinden wieder ein „Platz für Menschen statt für Autos“ werden. Das Dorfleben passiert jedoch nicht auf unattraktiven, asphaltierten Flächen, sondern auf Wiesen und Schotterrasenflächen oder im Schatten von den großen Bäumen. Die Grünflächen eines Dorfes ideal miteinander zu vernetzten und mit Bäumen, Sträuchern und Blumenwiesen zu gestalten, hilft nicht nur der Biodiversität, sondern bringt auch den Menschen einen attraktiveren Lebensraum.
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