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Sozialpädagogin Tanja Bauer: „Ich wollte eine Arbeit, die Sinn macht."

Nora Heindl, 16.03.2023 16:05

LINZ. Die Vielfalt an sozialen Berufen ist groß, ihre Bedeutung für die Klienten eine noch viel größere. Mit mehr als 450 Mitarbeitern ist die Soziale Initiative zurzeit der größte Arbeitgeber für Sozialpädagogen in OÖ. Eine von ihnen ist Tanja Bauer. Die Linzerin ist in der mobilen Sozialpädagogischen Familienbetreuung (SFB) tätig.

Gerade für die Kinder und Jugendlichen sind die Mitarbeiter der SFB ein Fixpunkt, auf den sie sich verlassen. (Foto: Soziale Initiative)
Gerade für die Kinder und Jugendlichen sind die Mitarbeiter der SFB ein Fixpunkt, auf den sie sich verlassen. (Foto: Soziale Initiative)

Fehlende Hausübungen trotz mehrmaliger Intervention durch die Lehrer, häufige Fehlzeiten bis hin zu Auffälligkeiten: Kommt es zu einer sogenannten Gefährdungsmeldung durch Schule, Kindergarten, Nachbarn, Familie etc., tritt oftmals die SFB auf den Plan. Im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe OÖ wird dann ein Hilfeplan aufgesetzt. „Wir sind ein Stück weit Casemanager. Wir sammeln Herausforderungen und schauen dann, was es bei Eltern und Kindern braucht“, erzählt die 47-Jährige.

Familien kommen meist selbst aus belastetem Elternhaus

Oft sind es schulische Themen, etwa wenn die Beziehung zwischen Eltern und Schule schon angespannt ist. „Wir begleiten dann zu Schulgesprächen und versuchen, eine Lösung im Sinne des Kindes zu finden. Aber auch psychische Krankheiten bei Eltern und Kindern treten gehäuft auf. Wir helfen bei der Terminvereinbarung und dabei, eine Therapie in Gang zu setzen. Die Eltern wissen oft nicht, wo sie anrufen müssen bzw. trauen sich das zum Teil einfach nicht zu. Und natürlich das finanzielle Thema, das sich fast über alle Familien zieht.“

Die Familien kommen meist selbst aus einem belasteten Elternhaus, mit schwieriger Kindheit und traumatischen Erlebnissen, eine Ausbildung oder eine Arbeit sind keine Selbstverständlichkeit. Da gehe es zum Teil darum, einfach eine Tagesstruktur zu erarbeiten, etwa wann das Kind aufstehen muss, um rechtzeitig in die Schule zu kommen. „Wenn wir diese Familien nicht unterstützen, geben wir das an die nächste Generation weiter“, so Bauer.

Betreuung ist oft mit Scham besetzt

Zehn Familien betreut die Linzerin in ihren 35 Wochenstunden aktuell. Für sie die persönlich größte Herausforderung ist Widerstand: „Wenn Eltern nicht mitarbeiten wollen, dann wird’s schwierig. Gerade habe ich zwei Familien, da erreicht man dann nicht viel. Ich muss deshalb zwischendurch immer wieder versuchen, die andere Sichtweise einzunehmen, was die Familie vielleicht schon für Erfahrungen gemacht hat.“

Wichtig sei hier auch die Vertrauensbildung. „Die Betreuung ist oft mit Scham besetzt. Wir bewegen uns in der Privatsphäre, sprechen über Finanzen, Erziehung, Hygiene, Haushalt. Wenn wir von Nachbarn im Stiegenhaus angesprochen werden, wollen manche Klienten nicht, dass wir sagen, wer wir sind“, erzählt Bauer.

Lichtblicke im Arbeitsalltag

Zum Glück gibt es auch Lichtblicke. „Ich finde es wahnsinnig schön, wenn Eltern von sich aus sagen, dass sie was verändern wollen. Oder wenn Kinder eine spezielle Förderung bekommen und man die Entwicklungsschritte miterlebt. Etwa bei einer Sprachförderung, wenn das Kind nach einem Jahr wieder super spricht, wo man vorher nicht wusste, was es gerade sagt. Oder wenn man miterlebt, dass sich das Familiensystem stabilisiert, oder die finanziellen Sorgen wegfallen.“

Gerade letztere spielen eine wesentliche Rolle. „Es hat wenig Sinn, mit Eltern über Kindererziehung zu sprechen, wenn die Gefahr besteht, dass die Familie die Wohnung verliert.“

Alles eine Frage des Geldes

Je nach Herausforderungen, die in einer Familie zu meistern sind, wird ein Stundenbudget festgelegt. In der Regel sind es zwei bis drei Termine pro Woche, in denen unabhängig voneinander mit Eltern und Kindern gearbeitet wird. „In manchen Familien würde ich mir mehr Stunden wünschen. Gerade in der mobilen Betreuung arbeitet man wie in einer Art Korsett. Man arbeitet nicht frei, weil man so viel mit zu bedenken hat, wie viele Stunden habe ich, wie viele Kilometer darf ich fahren. Es ist alles eine Geldfrage“, so die 47-Jährige.

Der Sozialbereich sei abhängig von den finanziellen Mitteln, die von der Regierung zur Verfügung gestellt werden. Es sei auch eine Geldfrage, welche Maßnahme installiert wird und ob überhaupt. Vieles werde versucht, im Vorfeld anders abzudecken, etwa mit Schulsozialarbeitern. „Ich denke, wenn mehr Geld zur Verfügung stände, wäre es möglich, früher in den Familien anzusetzen und nicht erst, wenn der Hut schon brennt.“

Quereinsteigerin

Insgesamt 105 Familien werden von der SFB in Linz aktuell betreut. Tanja Bauer ist seit sechs Jahren dabei. Die 47-Jährige ist Quereinsteigerin, kommt ursprünglich aus der Wirtschaft. „Ich wollte immer eine Arbeit, die Sinn macht. Für mich war es die richtige Entscheidung.“


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