Damit die stillste Zeit nicht die einsamste wird
OÖ. Weihnachten ist das Fest der Familie. Ist man allein, wird einem das zu dieser Zeit besonders bewusst. Zwar gibt’s gegen Einsamkeit keine Tabletten, die man sich verschreiben lassen kann, man muss sich damit aber auch nicht abfinden. Denn das beste Medikament bleibt Gemeinschaft.
Vorne weg: Einsamkeit darf nicht mit Alleinsein verwechselt werden. Viele Menschen genießen die Momente des Alleinseins. Einsamkeit aber ist, wenn man unter dem Alleinsein leidet, wenn es ein Gefühl der Isolation und des Verlassenseins mit sich bringt. Mehr als eine halbe Million Österreicher fühlen sich regelmäßig einsam, was nachweislich sogar schwere gesundheitliche Folgen mit sich bringen kann, von erhöhtem Blutdruck bis zur Depression.
Einsamkeit ist auch mit dem gesellschaftlichen Wandel verbunden: Von 1985 bis 2020 hat sich die Anzahl der Ein-Personen-Haushalte in Österreich fast verdoppelt. Rund ein Drittel der über 65- Jährigen leben allein. Bei den über 80-Jährigen beträgt dieser Anteil sogar über 60 Prozent.
„Einsamkeit betrifft zwar alle gesellschaftlichen Gruppen, doch Studien, Umfragen und unsere Erfahrungen als Seniorenorganisation zeigen, dass sie Senioren besonders trifft“, weiß Seniorenbund OÖ-Landesobmann LH a.D. Josef Pühringer: „Niemand schreit ‚Ich bin einsam‘. Es ist unsere Aufgabe, Einsamkeit zu enttabuisieren und einsamen Menschen zu helfen.“ Und das funktioniert nun mal am besten mit Gemeinschaft.
Angebote für Senioren
So lädt der Seniorenbund OÖ ein, am 24. Dezember einige Stunden in fröhlicher Runde zu verbringen. Treffpunkt ist um 9.30 Uhr beim OÖ Seniorenbund, Obere Donaulände 7. Auf die Teilnehmer warten unter anderem eine Stadtrundfahrt mit dem Bummelzug, eine Domkrippen-Führung und eine Weihnachtsfeier. Infos und Anmeldung: 0732 775311-1.
Die Telefonaktion „Griaß di, wie geht’s?“ ist ein Gesprächsangebot für Senioren. Jeden Freitag im Advent, 8-12 Uhr, kann man sich ungezwungen mit Mitgliedern der Landesleitung des OÖ Seniorenbundes unterhalten. LH a.D. Pühringer selbst ist etwa am 20. Dezember zu erreichen. Kostenlos anrufen unter 0732 775311-723 oder 0732 775311-725.
Von 13. bis 15. Dezember lädt der OÖ Seniorenbund zum OÖ Adventsingen im Musiktheater. Gezeigt wird das neue Schauspiel „Anna und der Himmelsbote“. Restkarten: 0732 775311-1.
Zum selber Singen in der Vorweihnachtszeit lädt das OÖ Volksliedwerk ein: am 15., 22. und 26. Dezember, jeweils um 15 Uhr im Festsaal des Schlossmuseums. Infos: 0676 5084960, buero@ooe-volksliedwerk.at
Tun, was einem guttut
Es gibt aber auch jüngere Menschen, die Weihnachten allein verbringen – ob ungewollt oder selbst ausgesucht. Auch wenn das für viele einsam erscheinen mag, das muss es nicht sein.
Weihnachten allein zu verbringen, bietet im Sinne von Selbstfürsorge die Möglichkeit, sich auf die eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren und die Zeit ganz bewusst so zu gestalten, dass man sich wohlfühlt. „Ich darf das Weihnachtsmenü, das ich schon als Kind geliebt habe, auch nur für mich kochen“, so Katja Sieper, Leiterin der Krisenhilfe OÖ. Selbiges gilt für die weihnachtliche Deko: Man darf sein Zuhause auch nur für sich festlich schmücken.
Solange ich mir selbst etwas Gutes tue, gibt es kein Richtig oder Falsch. Warum also nicht die Weihnachtsfeiertage für sich nutzen, ohne Arbeit, ohne Stress, für ein Buch, das man schon lange lesen wollte, oder Lieblingsfilme, die man schon ewig nicht mehr gesehen hat.
Und wem doch nach Gesellschaft ist, dem sei gesagt: Besinnliche Weihnachten zu erleben, ist nicht daran gebunden, den Heiligabend mit der Familie zu verbringen. Wie wäre es mit einem Weihnachtsbrunch mit der Freundin oder einem Feiertagsspaziergang mit einem guten Bekannten? Auch bei der Weihnachtsfeier des Sportvereins einige Tage vorher kann man bewusst mit anderen eine festliche Zeit genießen. Der Besuch eines Weihnachtsgottesdienstes oder der Kindermesse am Nachmittag kann ebenfalls ein Gefühl von feierlicher Verbundenheit wecken, auch wenn man danach den Abend mit sich selbst verbringt.
Selbst aktiv werden
Auch bei der TelefonSeelsorge OÖ weiß man um den Wert der Selbstfürsorge und versucht diesen in den Gesprächen gemeinsam zu ermitteln, indem man sich selbst nach den eigenen Quellen der Freude und Kraft fragt. Silvia Breitwieser, Leiterin der TelefonSeelsorge OÖ: „Dankbarkeit hilft auch oft sehr. Sich auf etwas Gutes im Leben zu besinnen, auf ein positives Erlebnis, wofür man dankbar ist. Den Blick bewusst wegzulenken von der Einsamkeit, hin zu etwas Positivem und dieser schönen Emotion dadurch mehr Aufmerksamkeit zu schenken.“
Man kann Positives aber auch erleben. „Vielleicht kann ich vor Weihnachten noch jemanden zum Kaffee einladen oder vielleicht ist eine wohltuende Begegnung ja am nächsten Tag möglich. Vielleicht gibt es auch einen Menschen im Altersheim, wo man gemeinsam überlegt, wie man einen Besuch organisieren könnte, oder generell eine Verbindung zu einem Menschen, die man wieder aktivieren möchte. Es geht darum, sich bewusst zu werden, dass man selbst ins Tun kommen kann, dass man sich am gesellschaftlichen Leben beteiligen kann, obwohl man vielleicht körperliche Einschränkungen hat.“
Die TelefonSeelsorge bekommt vor Weihnachten übrigens wieder prominente Unterstützung. Bischof Manfred Scheuer (17. Dezember, 18-20 Uhr) und Landeshauptmann Thomas Stelzer (17. Dezember, 18.30-19.30 Uhr) nehmen sich unter der kostenlosen Nummer 142 Zeit zum Zuhören.
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