Ein Dach über dem Kopf für junge Menschen in schweren Zeiten
LINZ. 22 Jahre und damit ihr ganzes bisheriges Leben hat Tamara* gebraucht, um anzukommen. Nun scheint sie endlich ein Zuhause gefunden zu haben – dank der Jugendnotschlafstelle UFO in Linz.
Tamara wurde von klein auf hin und her gereicht, lebte im Kinderheim und in Pflegefamilien. Mit gerade mal vier Jahren ist sie das erste Mal von daheim abgehauen. „Irgendwann will man sich schützen und haut ab“, erzählt sie. Mit den Jahren landet sie in der Obdachlosigkeit, schläft bei Freunden, im Frauenhaus oder anderen Schutzräumen.
Durch ihren Freund lernt die 22-Jährige vor einigen Monaten in Linz das UFO (Unterkunft für Obdachsuchende) kennen. „Die Betreuer hier machen das toll. Niemand verlangt, dass man gleich beim Reinkommen erzählt, warum es einem scheiße geht, sondern man wird erst mal gefragt, ob man Hunger hat, ob man was trinken mag. Dann sitzt man abends zusammen, spielt was miteinander, dann kommt langsam das Vertrauen und dann fängt man irgendwann an zu erzählen“, erinnert sich Tamara. Auch wenn es ihr anfangs nicht leicht fiel: „Ich wurde davor nie wirklich ernst genommen, das war meine größte Angst. Ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich gemerkt habe, dass es dieses Mal anders ist.“
Anfangs war sie nur zu den Besuchszeiten hier, bis sie sich entschloss, auch mal im UFO zu übernachten – und damit den Stress, den das Leben auf der Straße mit sich bringt, hinter sich zu lassen. „Die täglichen Sorgen ,habe ich heute was zu essen, wo schlafe ich‘ fallen mit der Zeit langsam ab. Man weiß, hier ist man sicher. Und dann hat man auch mehr Kraft, sich darauf zu konzentrieren, im Leben voranzukommen.“ Denn auch wenn die Betreuer motivieren und unterstützen, liegt es an den Jugendlichen selbst, ihren Weg zu gehen. „Es braucht einige Zeit, bis man überreißt, dass man im UFO zwar sicher ist, aber nicht, dass das Leben dann automatisch auch rund läuft. Dafür muss man selber was tun, aber die Betreuer geben eine tolle Hilfestellung“, so Tamara.
Mittlerweile ist sie im Housing First-Programm. Das heißt, sie lebt seit knapp zwei Monaten allein in einer kleinen Wohnung, die sie in Zukunft einmal selbst finanzieren soll. Dafür möchte sie beruflich eine Ausbildung im Pflege- und Sozialbereich absolvieren. „Die letzten 22 Jahre waren für mich immer nur Stress. Jetzt ist endlich Ruhe eingekehrt und das Wurzelschlagen hat begonnen.“
Schlafmöglichkeit, Beratung und Gesellschaft
2002 öffnete das UFO in Urfahr seine Türen für Menschen zwischen 14 und 24 Jahren aus ganz Oberösterreich, die kein Dach über dem Kopf haben, inklusive eigenem Schutzraum für Mädchen und junge Frauen. Meist sind es familiäre Konflikte, die sie von zu Hause flüchten lassen, oft verbunden mit Arbeitslosigkeit, Gewalterfahrungen und Drogenmissbrauch.
Der Aufenthalt ist freiwillig und kostenlos, die Zahl der Nächtigungen allerdings auf 90 pro Lebensphase beschränkt, denn das UFO, das im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe arbeitet, ist keine dauerhafte Wohnform.
Die Einrichtung ist täglich von 18 bis 9 Uhr geöffnet. Die Besuchszeiten (18-20 Uhr und 7-9 Uhr) können junge Besucher zusätzlich zum Essen, Wäschewaschen, Duschen und für Beratungen nutzen. Die Öffnungszeiten sind immer mit zwei Sozialpädagogen besetzt. Zudem unterstützt regelmäßig etwa ein Jugendcoach der Sozialen Initiative beim Einstieg in den Arbeitsmarkt, eine Ärztin stellt die medizinische Grundversorgung sicher, eine Psychologin hilft bei Krisen.
* Name von der Redaktion geändert
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