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DONKO: "Man spricht von einer Wunder-Revolution in der Krebstherapie"

Valerie Himmelbauer, 23.11.2017 11:02

Heimtückisch, furchterregend, tödlich: Krebs ist wohl für Patienten und Angehörige eine der schlimmsten Diagnosen. Eine „Wunder-Revolution im Krebsbereich“ soll nun mit der vielversprechenden personalisierten Immuntherapie gelungen sein. Die Linzer Experten Helmut Kehrer und Bernd Lamprecht standen für Fragen und Antworten zu den neuen Therapien zur Verfügung.

Oberarzt Helmut Kehrer
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Schockstarre und große Angst bei Betroffenen, aber auch Angehörigen, sind wohl die ersten Reaktionen, welche die Diagnose Krebs mit sich bringt. Umso wichtiger sind eine ausführliche Information und ein breiter Erfahrungsaustausch unter Betroffenen – wie in Linz beim Krebsinfotag des Dachverbandes der onkologisch tätigen Fachgesellschaften Österreichs (DONKO) geboten: Zu den fünf häufigsten Krebsarten Darm, Lunge, Brust, Prostata und hämatologisch-onkologische Erkrankungen gab es ausführliche Informationen und auf die Relevanz der Früherkennung wurde deutlich hingewiesen. Jährlich treten rund 6000 neu diagnostizierte Krebsfälle in OÖ auf. Die Zahl der jährlichen Krebssterbefälle liegt bei 3000 Personen. 60.000 Personen leben in OÖ mit der Diagnose Krebs – eine beachtlich hohe Zahl.

Lungenkrebs im Steigen

Die zweithäufigste Krebsart in OÖ ist das Lungenkarzinom, das lange Zeit als sehr schwer behandelbar galt. Davor findet sich bei Männern der Prostatakrebs und bei Frauen – derzeit noch – der Brustkrebs auf Platz eins. „In den USA ist Lungenkrebs mittlerweile häufiger als Brustkrebs, eine ähnliche Entwicklung wird aufgrund der Zunahme der Raucher auch in Europa erwartet“, weist der Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde Bernd Lamprecht auf das Risiko hin. In Ö erkranken an Lungenkrebs jährlich 4000 Personen, 3600 sterben daran. Insgesamt verursacht Lungenkrebs in Ö jährlich mehr Todesfälle als Brust-, Darm- und Prostatakrebs zusammen. Dafür seien mehrere Gründe verantwortlich: Es fehlt die Früherkennungsmöglichkeit für das Lungenkarzinom. Da die Erkrankung lange ohne Beschwerden abläuft, wird bei jedem zweiten Betroffenen die Diagnose erst in einem fortgeschrittenen, metastasierten Stadium gestellt – in einem Stadium, in dem Therapien nicht mehr sehr wirksam sind.

Meilenstein der Entwicklung

Bisherige Optionen waren eine Operation, Chemo- und Strahlentherapie. Seit wenigen Jahren wird aber auch mit der neuen vielversprechenden Immuntherapie gearbeitet: „Unser Immunsystem ist an sich in der Lage, Zellen, die mutieren, zu beseitigen. Gelingt dies aber nicht, entstehen Tumorzellen“, so Lamprecht. Die neuen Immuntherapeutika werden von Krebsexperten als Meilenstein der Entwicklung bezeichnet: „Die neuen Medikamente zielen im Gegensatz zu früher nicht auf die direkte Zerstörung der Tumorzelle ab, sondern versetzen das körpereigene Immunsystem – das häufig durch die Krebszellen geschwächt ist – wieder in die Lage, ihre Aufgaben voll erfüllen zu können: Tumorzellen erkennen und ausschalten können“, so der Experte. Die neuartigen Medikamente helfen nach heutigem Wissensstand jedem dritten Lungenkrebspatienten. Ähnlich ist der Einsatz von der Immuntherapie auch bei der Behandlung des schwarzen Hautkrebs. Die Häufigkeit des Melanoms hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht: Viele Betroffene des schwarzen Hautkrebs erkranken im Lebensalter zwischen 20 und 30 Jahren: „85 bis 90 Prozent dieser Patienten können mit herkömmlichen Therapien geheilt werden, mit einem relativ geringen, chirurgischen Aufwand.

Fortschritte mit Immuntherapie

Aber es gibt auch 15 Prozent der Patienten, die metastasieren im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. Das durchschnittliche Überleben der Krankheit liegt bei sechs bis neun Monaten. Wir sprechen hier von einer wirklich dramatischen Erkrankung“, verdeutlicht Oberarzt und Spezialist Helmut Kehrer, Abteilung für Dermatologie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Mit der neuen Immuntherapie wurden in den vergangenen fünf Jahren Fortschritte in der Behandlung erzielt: Individuelle Gegebenheiten des Patienten werden berücksichtigt und eine individuell abgestimmte Behandlung führt zu einer deutlichen Verbesserung des Erkrankungsverlaufes und zu einem deutlich verlängerten Überleben. „Die Entwicklung, dass es so viele neue Medikamente gibt, ist das, was sich jeder Arzt wünscht. Wir erwarten auch in Zukunft weitere positive Fortschritte. Es gibt sogar Stimmen, die erstmalig in der Geschichte der Melanomtherapie von einer möglichen Heilung sprechen“, so Oberarzt Helmut Kehrer.

Heftige Nebenwirkungen

Nicht verheimlichen sollte man aber, dass auch 50 Prozent der Tumore auf die Immuntherapie nicht ansprechen würden und Nebenwirkungen, sofern sie eintreten, heftig ausgeprägt sein könnten und sogar lebensbedrohlich. Zudem mangle es noch an aussagefähigen Biomarkern, mit denen exakt jene Patienten identifiziert werden können, die auf die Behandlung ansprechen und davon profitieren können. Weitere Forschungen und Ergebnisse sind also nötig.

Herausforderung: Kosten

Auch der Kostenfaktor dürfe nicht unterschätzt werden, für eine durchschnittliche Therapiedauer (acht Zyklen) sind enorm hohe Kosten von 25.000 bis 30.000 Euro nötig. Ungeachtet der enormen medizinischen Fortschritte der letzten Jahre behält auch die Strahlentherapie in der Behandlung solider Tumore einen zentralen Stellenwert: „Sie ist neben der Chirurgie jene Methode, mit der eine Tumorheilung tatsächlich realisierbar ist. Das gelingt mit anderen Therapieformen deutlich seltener“, betont Hans Geinitz, der Vorstand der Abteilung Radio-Onkologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz, der aber auch eine Kombination aus Strahlen- und Immuntherapie gutheißt, um zu einer effektiveren Tumorheilung zu gelangen. Bisher werden mehr als 200 Patienten dahingehend behandelt und beobachtet. „Aber auch die erheblichen Kosten stellen das Gesundheitssystem vor neue Finanzierungs-Herausforderungen, für die es bis heute keine konkrete Erarbeitung gibt“, betont Geinitz.

 

Info: donko.or.at

 Dachverbandes der onkologisch tätigen Fachgesell-schaften Österreichs (DONKO)


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