Tag der Arbeitslosen: Viele suchen die Schuld bei sich selbst
LINZ/OÖ. Obwohl die Arbeitslosenzahlen in Oberösterreich wie berichtet sinken, ist Langzeitarbeitslosigkeit stark gestiegen. Wie es Menschen auf Arbeitssuche geht und welche Folgen Arbeitslosigkeit hat, weiß die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung in Linz. Anlässlich des Tags der Arbeitslosen am 30. April gibt sie einen Einblick in die unterschiedlichen Lebenssituationen ehemaliger Arbeitsloser.
Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 ist Arbeitslosigkeit in Oberösterreich gestiegen. Obwohl die Zahlen wieder rückläufig sind und neue Unterstützungen von Land und AMS ins Leben gerufen wurden, sei Arbeitslosigkeit für Betroffene eine enorme psychische Belastung. Das hält die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung anlässlich des Tags der Arbeitslosen am Freitag, 30. April fest. „Die psychischen Folgen bei jenen, die einmal langzeitarbeitslos waren, wirkten jahrelang nach und sind neben den Einkommensverlusten wie ein Knick in der psychischen Gesundheit. Das bestätigen unsere Erfahrungen und auch Studienergebnisse. Auf die Sorgen und Ängste dieser Menschen wollen wir im Vorfeld zum Tag der Arbeitslosen am 30. April unser Augenmerk richten. Wie es Menschen in der Zeit ihrer Arbeitssuche geht, was sie alles durchmachen müssen, darüber wollen wir berichten“, sagt Christian Winkler, Geschäftsführer der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung.
Unterschiedliche Lebenssituationen: Von der Verkäuferin bis zum Lehrling
Die Arbeitslosenstiftung betreut Jugendliche bei der Berufsorientierung und bei der Arbeitssuche. Darüber hinaus beschäftigt sie Erwachsene mittels Arbeitskräfteüberlassung und fordert Unterstützungseinrichtungen. Da sich arbeitslose Menschen derzeit selten trauen würden, an die Öffentlichkeit zu treten, hat die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung in einer Aussendung unterschiedliche Lebenssituationen ehemaliger arbeitsloser Menschen beschrieben.
Darunter ist etwa Annemarie E., die 49 Jahre alt ist und in ihrem Lebenslauf bereits mehr als 30 verschiedene Stationen aufweist. „Körperlich anstrengende Arbeit stecke ich leichter weg als die psychischen Probleme, wenn ich keine Arbeit habe. Wenn ich an die Zeit denke, in der ich arbeitslos war, merke ich, dass sie viele Spuren hinterlassen hat, zum Beispiel Resignation aufgrund der vielen Absagen. Ich war entmutigt, Selbstzweifel begannen und ich suchte die Fehler bei mir“, erzählt die Betroffene. Sie habe zuletzt mehr als 30 Bewerbungen verschickt, aber nur fünf Rückmeldungen erhalten, die alle Absagen waren. Heute arbeite sie in einem Lebensmittelgeschäft und freue sich jeden Tag auf Kunden und ihre Kolleginnen.
Eine andere Situation hatte die 19-jährige Yamama A., die mittlerweile Lehrling im Einzelhandel ist. Sie kam 2015 von Syrien nach Österreich und erhielt zwei Jahre später eine Arbeitsberechtigung. Yamama besuchte den Polytechnischen Lehrgang, absolvierte Deutschprüfungen bis B1 und eine Produktionsschule. Als sie im Jugendprojekt Ju-Can Bewerbungen an 30 verschiedene Firmen schickte, bekam sie hauptsächlich Absagen oder gar keine Rückmeldung. Eine Firma fragte nach, ob sie das Kopftuch immer trage. Heute hofft sie, ihre Lehre abschließen zu können. Irgendwann möchte sie wie ihre Großmutter in der Pharmazie arbeiten.
Schuld wird bei sich selbst gesucht
Viele arbeitslose Menschen würden die Schuld für ihre Situation bei sich selbst suchen, sagt die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung. Dabei sei Arbeitslosigkeit ein gesellschaftliches Problem. Die Aussage, dass alle Menschen einen Job finden würden, wenn sie arbeiten wollen, stimme nicht. Auf einen Arbeitsplatz kämen derzeit 12 arbeitslose Menschen. „Die Arbeitslosigkeit auf ein unvermeidbares Ausmaß (friktionell oder saisonal) zu reduzieren, soll das Ziel sein, und möglichst alle Arbeitssuchenden sollen Zugang zu einem passenden Arbeitsplatz haben, damit sie eigenständig ihre Existenz sichern können“, schließt Winkler.
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