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Gemeinden erhalten Ausgleich für entfallene Ertragsanteile

Jürgen Affenzeller, 22.12.2020 15:23

OÖ/WIEN. Der von Finanzminister Gernot Blümel vorgestellte Ersatz der Ertragsanteile sorgt in Oberösterreich für politische Diskussionen: Während Gemeinde-Landesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) von einer „Hilfe an der entscheidenden Stelle“ spricht, warnt SPÖ-Klubobmann Michael Lindner: „Das Paket reicht nicht, um den Investitionsmotor neu zu starten.“

Die Ertragsanteile 2020 haben sich im Vergleich zu 2019 nicht wie prognostiziert um 1,7 Prozent erhöht, sondern um 8,4 Prozent reduziert. (Foto: Erwin Wodicka / wodicka@aon.at)
Die Ertragsanteile 2020 haben sich im Vergleich zu 2019 nicht wie prognostiziert um 1,7 Prozent erhöht, sondern um 8,4 Prozent reduziert. (Foto: Erwin Wodicka / wodicka@aon.at)

Die Ertragsanteile, also der im Finanzausgleichsgesetz geregelte Anteil der Gemeinden an den Massensteuern wie Lohnsteuer und Mehrwertsteuer, sind die Haupteinnahmequelle der Gemeinden. Die Corona-Krise im Jahr 2020 hat einen deutlichen Rückgang dieser Finanzmittel bewirkt. „Der von Finanzminister Blümel vorgestellte Ersatz der Ertragsanteile hilft den Gemeinden an der entscheidenden Stelle, bei der Ausfinanzierung des regulären Haushalts. Das ermöglicht den Gemeinden, die Eigenmittel für zukünftige Projekte aufzustellen und damit Investitionen im ländlichen Raum voranzutreiben“, so Gemeinde-Landesrat Max Hiegelsberger (ÖVP).

Finanzausgleich wird alle fünf bis sieben Jahre neu verhandelt

Österreich betreibt eine sogenannte verbundene Steuerwirtschaft. Bis auf wenige, mengenmäßig untergeordnete Abgaben, erhebt der Bund alle Steuern ein und verteilt diese zurück auf die Gebietskörperschaften Länder und Gemeinden. Diese sogenannten Ertragsanteile bilden den weitaus überwiegenden Teil am Budget der Länder und Gemeinden, werden alle fünf bis sieben Jahre neu verhandelt und sind im Finanzausgleichsgesetz geregelt. 2019 lukrierte das Land Oberösterreich rund 2,6 Milliarden Euro aus diesem Titel, die Gemeinden rund 1,48 Milliarden direkt und weitere 217 Millionen aus Bedarfszuweisungsmittel.

Spielraum der Gemeinden eingeschränkt

„Die Ertragsanteile sind bis auf Ausnahmen in allen Gemeinden die entscheidende Finanzierungsquelle. Nur wirtschaftlich besonders starke Gemeinden haben durch die Kommunalsteuern ein Stück Unabhängigkeit von den Transferzahlungen des Bundes. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und damit zusammenhängend die Entwicklung der Steuern schlagen somit direkt auf die Gemeinden durch. Wenn die Ertragsanteile wie im Jahr 2020 empfindlich sinken, dann schränkt das den Spielraum der Gemeinden zu neuen Investitionen und notwendigen Erhaltungsmaßnahmen im Bereich der Infrastruktur erheblich ein“, erläutert Gemeinde-Landesrat Max Hiegelsberger

Entwicklung der Ertragsanteile im Jahr 2020

Den bereits erwähnten knapp 1,7 Milliarden Euro Ertragsanteilen für die oberösterreichischen Gemeinden im Jahr 2019 wurde zu Beginn des Jahres 2020 eine Steigerung um 1,8 Prozent prognostiziert. Für das Jahr 2020 wurden daher insgesamt 1,738 Milliarden Euro von den Gemeinden erwartet.

Das Corona-Virus hat diesen Betrag auf 1,563 Milliarden Euro reduziert. Die Ertragsanteile 2020 haben sich daher im Vergleich zu 2019 nicht um 1,7 Prozent erhöht, sondern um 8,4 Prozent reduziert. „Unsere Gemeinden sind 2020 finanziell stark unter Druck geraten. Die Maßnahmen seitens des Bundes, aber auch das Gemeindepaket des Landes Oberösterreich im Umfang von 344 Millionen Euro sind entscheidend, um die Gemeinden als Investitionsmotoren im ländlichen Raum zu stärken. Die gestern erfolgte Zusage seitens Finanzminister Blümel zur Ausweitung dieser Bundesmittel schafft ein Stück Planungssicherheit für die Gemeinden. Der heuer erlebte Wirtschaftseinbruch sucht seinesgleichen in der jüngeren Geschichte und belastet alle öffentlichen Budgets. Entscheidend ist eine faire Teilung dieser Last“, so Landesrat Hiegelsberger.

Gemeinden zum Investieren befähigen

Die 438 Gemeinden in Oberösterreich sind in ihrer Gesamtheit der größte öffentliche Investor und halten die regionale Wirtschaft am Laufen. Um die Projektunterstützung seitens des Bundes, aber auch Bedarfszuweisungsmittel des Landes Oberösterreich abholen zu können, ist ein entsprechender Eigenfinanzierungsanteil seitens der Gemeinde erforderlich. Dieser Mechanismus ist ein Kernstück der Gemeindefinanzierung NEU und verhindert, dass sich Gemeinden mit zu groß dimensionierten Projekten in finanzwirtschaftliche Bedrängnis bringen.

„Das nun von Finanzminister verkündete Gemeindepaket enthält einen beträchtlichen Kernanteil von 500 Millionen Euro, der direkt die Eigenmittel der Gemeinden stärkt und nicht zurückgezahlt werden muss. Dies ist in Kombination mit der erweiterten Darlehensmöglichkeit entscheidend, um die Eigenmittel für Zukunftsinvestitionen aufzustellen. Die Gemeinden sind erste Ansprechpartner und durch die Bereitstellung der Infrastruktur entscheidend für die Lebensqualität der Bevölkerung. Die laufende Instandhaltung und darüber hinausgehende Investitionen sind eine wichtige Grundlage der regionalen Wirtschaft. Damit wir 2021 auch wirtschaftlich wieder in die richtige Spur finden und die Gemeinden in Zukunftsprojekte wie Klimaschutzmaßnahmen investieren können, kommt das gestern präsentierte Paket zur richtigen Zeit“, so Gemeinde-Landesrat Max Hiegelsberger abschließend.

SPÖ-Lindner: „Blümel greift zu denselben Tricks wie Stelzer“

Wer Geld braucht, soll sich bei sich selbst verschulden! „Was für manchen privaten Schuldner sonderbar klingen mag, ist politisch bei Gemeinden mittlerweile fast Standard“, zeigt SPÖ-Gemeindesprecher Mag. Michael Lindner die Wirkung des neuen Gemeindepaket des Bundes auf. Das 1,5-Milliarden-Euro-Paket besteht nämlich zu zwei Dritteln aus Gemeindegeldern der kommenden Jahre. „Diese Vorgriffe fehlen natürlich in den kommenden Jahren, weshalb das von Landesrat Hiegelsberger verwendete Bild des ‚Investitionsmotor Gemeinde‘ hinkt. Ja, die Gemeinden sind noch der größte öffentliche Investor. Aber mit Blümels Finanzpolitik steuert der Investitionsmotor auf eine düstere Zukunft zu, weil er mit Treibstoff angetrieben werden soll, der durch Vorgriffe bereits verbraucht wurde“, warnt Lindner.

„Bund hat de facto Steuerhoheit und muss daher auch Gemeinden retten“

Kaum eine Gemeinde kann aus eigener Kraft ihre finanzielle Existenz sichern. Am Ende des Tages sind 99 Prozent vom Steuertopf des Bundes abhängig. Das macht bis zu einem gewissen Grad auch Sinn, weil dadurch eine Steuer- und Gebührenkonkurrenz zwischen den Gemeinden vermieden wird. Umgekehrt ist damit auch klar, dass der Finanzminister den Gemeinden die nötigen Gelder zur Bewältigung der Krise geben muss. „Der bloße Vorgriff auf die Gemeindegelder der künftigen Jahre reicht hier ebenso wenig wie Stelzers Erlaubnis, dass sich Gemeinden bei sich selbst verschulden dürfen“, zeigt Lindner auf.


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