Photovoltaik dürfe nicht zu Lasten der Agrarflächen gehen

Karin Seyringer Tips Redaktion Karin Seyringer, 30.04.2021 19:06 Uhr

OÖ. Die heimische Landwirtschaft bekenne sich zur Energiewende und zum Ausbau der Photovoltaik, aber diese dürfe nicht zu Lasten der agrarischen Flächen gehen, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger. Gemeinsam mit Kurt Weinberger, dem Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung und Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer des Linzer Market-Instituts hielt er ein Plädoyer für den Schutz des Bodens und gegen weitere Versiegelung.

Hiegelsberger, Weinberger und Beutelmeyer präsentierten am Freitag eine von der Österreichischen Hagelversicherung in Auftrag gegebene Umfrage. Der strategische Ansatz der OÖ. Landesregierung beim Ausbau von Photovoltaik werde durch die Studie klar unterstrichen, so Hiegelsberger. Die Bevölkerung wünsche sich, dass agrarische Flächen auch für agrarische Produktion im klassischen Sinne – also Lebensmittel- und Futtermittelproduktion – bestehen bleiben. Für die Ernährungssouveränität müsse es im eigenen Interesse liegen, die Agrarflächen für die Lebensmittelproduktion zu behalten. Auch durch die Klimaerwärmung müsse künftig ohnehin mit einer geringeren Ertragsfähigkeit gerechnet werden.

Denn der von der AGES erstellte Bericht „Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Oberösterreich“ sagt für Österreich gesamt bis 2065 eine Reduktion der Ertragsfähigkeit um 19 Prozent voraus. Oberösterreich hingegen ist eine Region, deren Ertragsfähigkeit demnach in Zukunft steigen werde. „Oberösterreich trägt in Zukunft eine noch größere Verantwortung für die Lebensmitteleigenversorgung in Österreich. Dem Schutz der Agrarflächen kommt daher eine überragende Bedeutung zu“, so der Agrar-Landesrat.

„Tote Flächen“ werden priorisiert 

Das Land OÖ priorisiert bei der Errichtung von PV-Anlagen „tote Flächen“ wie Dachflächen, Flächen, die bereits bebaut oder anders genutzt sind, wie Parkplätze oder Gebäudeflächen, Flächen wie Böschungen bei Bahnanlagen und erst zuallerletzt Agrarflächen mit minderer Bonität, auf denen also wenig Erträge möglich seien.

70 Prozent lehnen PV-Anlagen auf Agrarflächen ab

Die Umfrage des Linzer Market Instituts im Auftrag der Hagelversicherung zeige, dass es auch durch die Corona-Pandemie eine enorme Aufwertung des Themas Lebensmittel gegeben habe. „Wo kommt das Essen her, welche Qualität hat es, wie glaubwürdig sind die Marken – hier gab es einen Wandel im Bewusstsein“, so Market-Geschäftsführer Werner Beutelmeyer.

Laut der Umfrage befürworten 94 Prozent der 800 Befragten PV-Anlagen auf „toten Flächen“ wie Dachflächen bzw. Überdachungen von Parkplätzen bei Supermärkten, Gewerbeparks etc. Aber auch entlang von Autobahnen und Bahntrassen sind PV-Anlagen eine Option (79 Prozent).

„70 Prozent der Befragten lehnen eindeutig PV-Anlagen auf Agrarflächen ab. Ein klares Ergebnis gegen PV-Anlagen auf Agrarflächen“, fasst Beutelmeyer zusammen. Als Vorteile werden gesehen, dass das Landschaftsbild nicht „verschandelt“ würde, die Hochwassergefahr durch den Erhalt der Sickerböden reduziert werde, es keine weitere Verbauung gebe.

Bodenverbrauch: Österreich negativer Europameister

„Wenn es mit der Verbauung so weitergehe, gebe es in 200 Jahren keine Agrarflächen mehr“, malt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung ein schwarzes Bild. Die Fläche von 20 Fußballfelder würden Tat für Tag verbaut. „Österreich ist beim täglichen Bodenverbrauch in der Höhe von 13 Hektar (OÖ 2,1 Hektar) Europameister, aber im negativen Sinne. Die europaweit höchste Supermarktfläche (1,67 Quadratmeter pro Kopf) und das dichteste Straßennetz Europas (15 m pro Kopf) müssen zu einem Ende führen.“

Durch Photovoltaik stehe der Boden aber zusätzlich unter Druck. „Wir wollen bewusst machen, warum wir den Boden brauchen, er ist ein Wunderwerk. Wir müssen die Erderwärmung reduzieren, müssen umsteigen auf erneuerbare Energie. Aber es darf nicht passieren, dass umweltfreundliche Energieerzeugung die Umwelt zerstört.“

„Wir haben aktuell etwas über 2 GWp installierte Photovoltaik-Leistung. Um 15 GWp im Jahr 2030 zu erreichen, muss die jetzt bestehende Fläche an PV-Anlagen bis dahin versiebenfacht werden. 10.000 Hektar würden Dachflächen benötigt. In Österreich haben wir laut einer EU-Studie rund 15.000 Hektar Dachflächen für Photovoltaik zur Verfügung, ausreichend Dachflächen sind also da“, so Weinberger. Denn „die Böden brauchen nicht uns, wir brauchen sie zum Überleben“, hält er ein Plädoyer. Und bei allem „Bekenntnis zur Ökonomie – bei der Verbauung der Böden profitieren einige wenige, sie geht aber zu Lasten der Gesamtgesellschaft. Naturzerstörung ist jetzt kostenlos, zahlen werden es künftige Generation. So wichtig Photovoltaik ist, ist mit Hausverstand auszubauen.“

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Kommentare

  1. Cornelia
    Cornelia 30.04.2021 20:54 Uhr

    PV ja nicht auf unserer Lebensgrundlage - Klar ist, wir brauchen endlich konkrete Maßnahmen um die Klimakrise nur annähernd zu bewältigen. An der erneuerbaren Energie inkl. PV führt kein Weg vorbei. Aber: PV auf Freiflächen sind nicht nur optisch eine Katastrophe, der Acker steht für die Lebensmittelproduktion. Wenn wir das nicht mehr können (weil alles zugebaut und verbaut ist), dann brauchen wir den Kampf gegen die Klimakrise erst gar nicht beginnen. Daher: ab mit den Solarpanelen auf die Dächer. Lasst die Äcker und Wiesen in Ruhe. Man möge es oft nicht glauben, aber OÖ ist auch ein Tourismusland!!



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