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Kathrin Kühtreiber-Leitner im Tips-Talk: "Nur wenn man selbst wirklich überzeugt ist von etwas, kann man auch andere Menschen begeistern"

Online Redaktion, 11.05.2021 18:00

OÖ. Kathrin Kühtreiber-Leitner ist seit Jahresbeginn neue Vorstandsdirektorin der Oberösterreichischen Versicherung und folgte Josef Stockinger auch in der Sparte Bank und Versicherung der WKOÖ als Obfrau-Stellvertreterin. Tips-Chefredakteur Josef Gruber hat die 47-Jährige, die auch zehn Jahre Bürgermeisterin von Hagenberg war, zum Gespräch gebeten.

Kathrin Kühtreiber-Leitner, Vorstandsdirektorin der Oberösterreichischen Versicherung. (Foto: Richard Haidinger)
photo_library Kathrin Kühtreiber-Leitner, Vorstandsdirektorin der Oberösterreichischen Versicherung. (Foto: Richard Haidinger)

Tips:Junge Wirtschaft, Wirtschaftskammer und Bürgermeisterin – der Wechsel zur OÖ Versicherung kam damals, 2011, zumindest für Außenstehende überraschend. War schon zum Zeitpunkt des Wechsels der Einzug in den Vorstand geplant?

Kühtreiber-Leitner: Nein, das war mit Sicherheit nicht so. Das wäre wirklich verwegen. Es geht ja vor allem darum, ob man das kann, was man macht und ob man geeignet ist, in den Vorstand zu kommen. Ich glaube, dass man Vorstandspositionen auch nicht von Beginn an  planen kann, sondern dass man schon einige Zeit in einer Firma tätig sein sollte, wirklich umfassend spüren kann, ob das ein Unternehmen ist, für das man auch wirklich brennt und auch steht - was man als Vorstand natürlich muss.

Tips: Wie groß ist der Unterschied zwischen Politik und Wirtschaft?

Kühtreiber-Leitner: Der Unterschied ist natürlich schon sehr groß. Zuallererst ist klar, in der Politik muss man sich das Vertrauen erkämpfen, das heißt, man muss gewählt werden, um die Funktion überhaupt ausüben zu können. Und die Politik ist nicht planbar. Man weiß heute nicht was morgen sein wird, wenn man jetzt alleine Corona bedenkt. Wirtschaft ist da schon planbarer. Natürlich spürt man auch die Auswirkungen der Politik, mit denen man agieren muss, aber man kann sich Teams anders aussuchen, man plant anders und man ist natürlich viel zahlenorientierter. Das sind mit Sicherheit die ganz großen Unterschiede in der Arbeitsweise. Aber eines ist auf jeden Fall gleich: Man muss da und dort gerne mit Menschen arbeiten, muss gut kommunizieren können.

Tips:War Josef „Ferdl“ Stockinger der Treiber für Ihren Wechsel zur Oberösterreichischen, oder wie ist die Idee entstanden?

Kühtreiber-Leitner: Ferdl Stockinger hat damals einen Mitarbeiter gesucht für den öffentlichen Bereich, für den Key Account. Ich bin Bürgermeisterin geworden und habe mit Sicherheit ganz zu Beginn eine flexiblere Arbeitsweise gebraucht, weil es von den Strukturen her in der Wirtschaftskammer einfach schwieriger gewesen ist, auch zeitlich. Und in der Gemeinde Hagenberg habe ich natürlich viel vorgehabt. Man muss sagen: Dieser Wechsel ist ziemlich Hand in Hand gegangen. Da war natürlich die Flexibilität am Anfang für mich ein Treiber, wenn es auch wirklich schweren Herzens war, von der Wirtschaftskammer wegzugehen.  Es war mir schon wichtig, dass ich sukzessive in Führungspositionen in der Oberösterreichischen Versicherung zurückkomme. Es ist vielleicht auch dem Ehrgeiz zuzusprechen - aber ganz einfach auch, um Verantwortung zu übernehmen. Ich bin ja seit gestern ganz genau zehn Jahre hier in der Firma. Ich habe zum Schluss auch den eigenen Vertrieb und das Agentursystem geleitet und das war dann schon eine sehr spannende Phase, aber auch eine riesengroße Challenge, das mit dem Bürgermeisteramt so lange zu verbinden. Es hat Gott sei Dank immer funktioniert und man hat es auch zeitlich unter einen Hut gebracht.

Tips: Sie sind in sehr jungen Jahren Bürgermeisterin geworden. War es in Ihrer Lebensplanung, eine Position in der Politik anzustreben?

Kühtreiber-Leitner: Nicht wirklich. Ich war ja damals die jüngste Bürgermeisterin Österreichs. Was jetzt total verwunderlich ist, weil es jetzt viel jüngere Bürgermeister gibt. Wenn ich etwas mache, dann mache ich es mit Leib und Seele. Ich bin ein Gestalter und das ist auch das, was mich bewegt hat. Wenn die Frage ist, ob ich mir mehr vorstellen hätte können, ob die Politik auch ein Weg gewesen wäre: Natürlich, aber schlussendlich habe ich in der Oberösterreichischen Versicherung meine Heimat gefunden. Ich bin einfach glücklich, so wie es ist.

Tips: Ist es heute für Frauen im Management noch schwer, sich zu behaupten?

Kühtreiber-Leitner: Ich habe es ehrlich gesagt noch nie gespürt, dass es schwerer wäre für eine Frau. Ich habe mein Leben lang Mentoren und Unterstützer gehabt, und wenn man dann ein bisschen zuhört, die Ratschläge annimmt und hingeleitet wird, kann man glaube ich auch Karriere machen. Man muss es auch wollen, artikulieren und sich auch was trauen und wenn man gefragt wird, muss man auch 'Ja' sagen.

Tips: Wie hat die Pandemie die Versicherungsbranche beeinflusst?

Kühtreiber-Leitner: Sie hat uns natürlich wie jeden anderen Betrieb insofern negativ berührt, als von einem Tag auf den anderen die Welt stillgestanden ist. Wir haben die Kunden nicht mehr physisch besuchen können und haben quasi über Nacht auf den digitalen Weg umstellen müssen. Zum Glück haben wir die ganzen Tools dafür gehabt und beherrscht, obwohl viel Improvisation notwendig war. Die direkten Ausflüsse im Geschäft werden wir wahrscheinlich in den nächsten Jahren spüren, wenn die staatlichen Hilfen ausbleiben. Wenn Insolvenzen oder Konkurse stattfinden, werden wir diese wirklich im Geschäft merken. Was die Schäden betrifft, war das Positive, dass insbesondere im ersten Lockdown der Individualverkehr um 60 Prozent zurückgegangen ist. Da hatten wir umso weniger KFZ-Schäden. Es sind aber die Sport- und Freizeitunfälle gestiegen. Die Leute waren mehr zu Hause, sind mal von der Leiter gefallen oder andere Freizeitunfälle sind passiert. Das hat man dann in der Personenversicherung gemerkt. Und ein Sturm richtet sich sowieso nicht nach Corona, die Sturmschäden waren nach wie vor gleich.

Tips: Was sind die größten Herausforderungen für die Zukunft aus Ihrer Sicht?

Kühtreiber-Leitner: Dieses Auseinanderdriften, diese Spaltung der Gesellschaft jetzt natürlich auch durch Corona. Die einen sind die Guten, die Geimpften, die anderen sind die Schlechten – das sind einfach Themen, die sind generell gar nicht gut! Und auch die Wertehaltung, zum Teil die Respektlosigkeit in den sozialen Medien – wenn man Ihre Frage nicht wirtschaftlich betrachtet.

Tips:Was sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf den Arbeitsmarkt?

Kühtreiber-Leitner: Also ganz wichtig ist natürlich, dass gerade die jungen Menschen sofort einen Arbeitsplatz finden. Und dass auch dementsprechend Zeit in den Unternehmen ist, sie einzuführen. Ich sehe schon, auch bei uns in der Firma: die Jungen, die neuen Mitarbeiter, hier gibt es schon sehr viel Erziehungsarbeit, die geleistet werden muss und die es uns wert sein muss, damit wir dann gute, mündige, wertige – ich meine jetzt von den sozialen Werten her – Mitarbeiter bekommen, die zu uns passen. Das ist für mich auch immer wieder so ein Steckenpferd. Es ist nicht nur mehr das Fachliche, es gehört dieses Ganzheitliche dazu, dass uns gerade als größeres Unternehmen ganz wichtig sein muss.

Tips: Ihr Lebensmotto?

Kühtreiber-Leitner: Nur, wer selbst brennt für eine Aufgabe, kann auch Feuer in anderen entfachen. Nur wenn man selbst wirklich überzeugt ist von etwas, kann man auch andere Menschen begeistern.

Tips:Ihre Erfolgsformel?

Kühtreiber-Leitner: Kommunikation ist die halbe Miete. Ich muss, wenn ich Aufgaben delegiere, wenn ich etwas aussagen will, klar kommunizieren. Die Leute müssen wissen worum es geht und Kommunikation ist oft das Manko in vielen Unternehmen. Man nimmt sich zu wenig Zeit, um manche Themen auszureden.

Tips: Was treibt Sie an? Was gibt Ihnen Kraft, wo tanken Sie Kraft?

Kühtreiber-Leitner: Ich tanke Kraft aus meinem Team heraus und aus unseren Ideen, die wir haben, und auch die Visionen, die wir gemeinsam spinnen. Da ich ein sehr umsetzungsorientierter Mensch bin, weiß ich, ich hab ein Team rund um mich, in dem wir unsere Idee und Visionen umsetzen werden.

Tips: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren, in zehn Jahren? Sind Sie weiterhin in dieser Position oder wartet noch etwas anderes auf Sie?

Kühtreiber-Leitner: Ich sehe mich weiterhin in dieser Position und da glaube ich, dass wir schon mitten im – wahrscheinlich auch online-getriebenen – Markt sind. Da hoffe ich einfach, dass wir jetzt die Schlüssel finden und uns fit machen, um in fünf Jahren dementsprechend gut aufgestellt zu sein.


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