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Waldenberger: "Wir brauchen alle Betriebe, wir können es nur gemeinsam schaffen"

Alexandra Mittermayr, 21.12.2021 19:05

OÖ/LINZ. Franz Waldenberger ist neuer Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ. Der VP-Bürgermeister aus Pennewang (Bezirk Wels-Land) erzählt im Gespräch mit Tips von der Bedeutung der Landwirtschaft und den Herausforderungen der Bauern.

 (Foto: LWK OÖ)
(Foto: LWK OÖ)

Tips: Sie haben 1998 den elterlichen Hof übernommen und auf Bio umgestellt. Warum haben Sie sich für diese Umstellung entschieden?

Franz Waldenberger: Ich habe nach der landwirtschaftlichen Matura Biologie studiert und da haben wir uns auch mit Umweltthemen beschäftigt. Das war sicher ein Beweggrund für mich. Der andere Beweggrund war ein wirtschaftlicher, weil unser Betrieb ein kleinerer ist und war und wir in Richtung Direktvermarktung gegangen sind, um die Wertschöpfung der Produkte zu erhöhen und mehr Verdienstmöglichkeiten zu haben. Vor zwei Jahren haben wir dann einen Bio-Drive-in – einen Selbstbedienungsladen – eröffnet. Das war dem geschuldet, dass meine Frau und ich überlegt haben, wie wir den Kontakt und das Angebot für die Kunden noch verbessern können. Wir sind sehr zufrieden und glücklich damit.

Tips: Mit Ihnen ist zum zweiten Mal ein Präsident mit einem Bio-Betrieb an der Spitze der Landwirtschaftskammer. Ist das ein Signal oder ein Zufall?

Waldenberger: Das ist ein Zufall, weil es in dieser Funktion nicht darum geht, welche betriebliche Ausrichtung ich daheim habe. Natürlich hätte jede Branche und jede Region gerne einen eigenen Vertreter. Ich denke aber, dass es bei der Auswahl um andere Kriterien gegangen ist, nämlich was man an politischer und landwirtschaftlicher Erfahrung mitbringt. Ich habe in meinem Werdegang einige Stationen hinter mir, wo ich mir die Landwirtschaft von verschiedenen Seiten anschauen hab können, und natürlich auch die politische Erfahrung als Bürgermeister. Es ist in der Funktion des Präsidenten selbstverständlich, dass man für alle Betriebe da zu sein hat. Wir brauchen alle Betriebe, wir können es nur gemeinsam schaffen.

Tips: Wird der Bio-Bereich noch stärker werden?

Waldenberger: Ich gehe davon aus, dass der Bio-Bereich in den nächsten zehn Jahren noch weiter wachsen wird. Wir haben in Ö das EU-Ziel von 25 Prozent Bioflächenanteil schon um einen Prozentpunkt übertroffen. Letztendlich entscheidet der Konsument, wie viel Bio und wie viel Tierwohl gekauft wird. Die Nachfrage nach hochwertigen Produkten steigt, und auch das Verständnis, dass man regionale Lebensmittel in Hinblick auf Klimaschutz bevorzugen soll.

Tips: Sie fordern ein neues Bewusstsein für die Landwirtschaft, ähnlich wie bei den Themen Umwelt und Klima. Wie soll das ausschauen?

Waldenberger: Während der Coronapandemie ist von der Gesellschaft und der Politik wahrgenommen worden, dass Lebensmittelversorgungssicherheit ein Garant für die Stabilität eines Gesellschaftssystems ist. Wir müssen die heimische Landwirtschaft schützen, wenn wir eine gesicherte Versorgung mit Lebensmitteln vor Ort haben wollen. Ich glaube, dass die Handelspolitik der EU angepasst gehört. Aufgabe der Landwirtschaft ist es, die Menschen zu ernähren. Wir wollen unseren Beitrag in Sachen Biodiversität und mehr leisten, aber Höfe und Familien müssen mit ihrer Arbeit ein Einkommen erzielen, weil sie sonst in andere Berufe abwandern und die landwirtschaftliche Produktion gefährdet ist.

Tips: Seit 2010 sank die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe von 33.000 auf 29.000. Der Stundenlohn eines Milchbauern beträgt umgerechnet rund fünf Euro. Können Sie es verstehen, wenn immer mehr Landwirte keine Lust mehr haben und ihre Höfe schließen?

Waldenberger: Ich kann das gut nachvollziehen. Die Betriebsmittelkosten haben sich verteuert, während die Produktpreise beim Milchproduzenten im positiven Fall stabil sind. Im Schweinefleischbereich haben wir da eine noch schwierigere Situation. Natürlich überlegt sich jeder Bauer, wie lange er das finanziell aushalten kann. Weil er möchte nicht nur Einkommen erzielen, er muss auch sein Gebäude erhalten. Um sich das leisten zu können, braucht es Gewinnphasen.

Tips: Wie schafft man es, mit dem Handel eine faire Vereinbarung zu treffen?

Waldenberger: Ich werde in Gesprächen mit den Entscheidungsträgern versuchen herauszufinden, wie das aus deren Sicht weitergehen soll. Dass der Handel agiert wie er agiert, hat seine Ursachen. Er ist in der Konkurrenz mit sich selber um Marktanteile. Es wird nur gemeinsam gelingen – vom Bauern über die gesamte Wertschöpfungskette, von der Verarbeitung über den Handel bis zum Konsumenten müssen alle an einem Strang ziehen, um eine Veränderung im Ernährungssystem zustande zu bringen. Und natürlich tun uns billige Importe aus dem Ausland weh. Klimazölle für weit gereiste Lebensmittel sind notwendig. Eine klimaschädliche Produktion im Ausland gehört ebenso bewertet und eingepreist. Wir brauchen Chancengleichheit.

Tips: Neue Verordnungen werden eingeführt. So sollen unter anderem in Zukunft die Jauchegruben vollständig abgedeckt werden müssen und Jauche nur mehr per Schleppschlauch verteilt werden dürfen. Müssen die Landwirte die Kosten übernehmen?

Waldenberger: Ammoniak entsteht bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern, sprich Gülle. Seitens EU lautet der Auftrag, dass dieser Ausstoß reduziert werden muss. Wir haben die Ziele noch nicht erreicht und deswegen gibt es verstärkte Anstrengungen. Wir möchten das über ein Anreizsystem schaffen und unterstützen hier in Form von Investitionsförderungen und geplanten Ausgleichszahlungen.

Einerseits steigen die Betriebsmittelkosten, aber auch die Investitionskosten und die Anforderungen. Als Beispiel: Der neue Entschließungsantrag im Gesundheitsausschuss für die neuen Tierwohlstandards bedeutet, dass die Baukosten für neue Ställe steigen werden. Und da ist die Frage: Ist der Markt bereit, ist die Gesellschaft bereit? Es muss sich zeigen, ob die Konsumenten wirklich bereit sind, auch den Mehrpreis zu bezahlen. Die Landwirtschaft ist bereit sich an gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen, aber es muss halt auch eine Abgeltung der Mehrkosten geben.

Tips: Wann wird die verpflichtende Herkunftskennzeichnung eingeführt? Welche Hürden müssen hier noch übersprungen werden?

Waldenberger: Es braucht noch drei Verordnungen dazu – eine davon ist durch, zwei andere liegen im Gesundheitsministerium und sollten bald in die Begutachtung gehen, dann ehestmöglich nach Brüssel zur Verordnungsprüfung. Unser Wunsch ist möglichst schnell, weil wir glauben, dass sich der Konsument für österreichische Qualität und Herkunft entscheiden wird.

Tips: Wie schafft man mehr Nähe zwischen den Bauern und den Konsumenten?

Waldenberger: Grundsätzlich ist die Wertschätzung der Landwirtschaft hoch. Ein zentraler Punkt ist die Herkunftskennzeichnung. Wenn ich mich bewusst entscheiden kann, dann habe ich die Verbindung schon geschafft. Darum ist für uns die Herkunftskennzeichnung so wichtig. Und auf der anderen Seite, das gegenseitige Verständnis zu schaffen, wie bei Schule oder Urlaub am Bauernhof, und allen Formen der Direktvermarktung. Immer beliebter werden auch FoodCoops und Sammelbestellungen, das zeigt, dass sich immer mehr Leute dafür interessieren, woher die Lebensmittel kommen.        


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