Nach dem Gefängnis ins Berufsleben: „Ich will etwas aus meinem Leben machen“
LINZ. Timo* ist 19 Jahre alt, seine aktuelle Wohnadresse ist das Freigängerhaus in Linz. Für Raub wurde er zu 15 Monaten verurteilt. Geht alles gut, darf er im November nach Hause. „Ich will etwas aus meinem Leben machen“, blickt er positiv in die Zukunft. Dazu gehört auch ein Job. Unterstützung bekommt er dabei vom Jugendcoaching „we need you“ der Sozialen Initiative.
Bewerbungsgespräche können nervenzehrend sein. Sitzt die Kleidung, ist man genug vorbereitet, wirkt man interessiert? Im Fall von Timo kommt die Frage hinzu, wie und wann man sagt, dass man im Gefängnis war. Um junge Straftäter darauf vorzubereiten, hat die Soziale Initiative mit HR-Experten von LIWEST Kabelmedien, Rohrdorfer Transportbeton und voestalpine ein Bewerbungstraining im AK-Bildungshaus Jägermayrhof für Timo und zwei weitere junge Männer organisiert, die derzeit noch in der Justizanstalt Linz eine Haftstrafe absitzen.
Übung macht den Meister
Im Vordergrund standen praxisnahe Bewerbungsgespräche. „Ich habe heute viel dazugelernt“, erzählt Timo, der zufrieden, aber erschöpft aus den Gesprächen geht. „Die Feedbacks waren auf jeden Fall positiv, ich habe sogar Schnuppertermine bekommen. Kritik aus dem ersten Gespräch, dass ich mehr Fragen stellen soll, um mehr Interesse zu zeigen, habe ich mir zu Herzen genommen und gleich beim nächsten Gespräch angewendet. Das kam sehr positiv an.“ Nervös war er nur am Vortag, „bei den Gesprächen war ich dann voll bei der Sache. Ich bin mit allen gut ins Gespräch gekommen und konnte sie sogar zum Lachen bringen.“
Der 19-Jährige strebt einen Job als Installateur, Elektrotechniker, im Baubereich an, ein gänzlicher Bürojob soll es nicht werden, „ich will aktiv sein“.
Sicherer Umgang mit Fragen
Auch seine Jugendcoachin Dima Vaneva ist zufrieden: „Er hat es geschafft, gleich nach dem ersten Gespräch die Rückmeldung im nächsten umzusetzen. Er hat sich mit jeder Runde verbessert.“
Ein- bis zweimal die Woche treffen sich die beiden, um Bewerbungsunterlagen zu erstellen und sich auf die Gespräche vorzubereiten. Trainiert werden etwa Körperhaltung, Gestik, Blickkontakt und die häufigsten Fragen. „Und natürlich speziell auch, wie ich damit umgehe, dass ich im Gefängnis bin, warum, wie lange, wie es dazu gekommen ist und was ich mache, dass es nicht wieder dazu kommt“, so Vaneva. Die jungen Straftäter sollen Sicherheit im Umgang mit diesen Fragen bekommen und lernen, sich trotz Haftstrafe positiv zu präsentieren, denn das wiederum erhöht die Chance auf einen Job. „Wenn sie dran bleiben, ist die Erfolgsquote sehr hoch.“
Tipps vom HR-Experten
Sehr positiv überrascht zeigt sich auch Markus Gruber, Regionalgeschäftsleiter der Firma Rohrdorfer Transportbeton in Linz. „Sie sind sehr selbstbewusst aufgetreten und wirkten zielstrebig. Ich hatte bei allen den Eindruck, dass sie etwas aus ihrem Leben machen wollen. Auch sind sie offen mit ihrer Geschichte umgegangen und waren sehr einsichtig“, so Gruber, der wiederum bemüht war, die jungen Männer mit seinen Feedbacks auf ihrem Weg ins Berufsleben zu unterstützen.
Die Teilnahme war für ihn eine Selbstverständlichkeit: „Zum einen suchen wir händeringend nach Lehrlingen und zum anderen bin ich der Meinung, dass Jugendliche eine zweite Chance verdient haben.“
*Name von der Redaktion geändert
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