Der Weg von der vermeintlichen Freiheit zum Selbstmord ist angesichts der möglichen Kippung des Rauchverbots ein vieldiskutiertes und oft emotional aufgeladenes Thema. Tips hat sich umgehört und mit vier Menschen aus dem Bezirk Melk gesprochen, die einen rationalen Beitrag zu dieser Debatte leisten können.
Tips erreicht den Hürmer Hausarzt Rudolf Kern in seiner Praxis. „Der vorletzte Patient“, sagt er „arbeitet in der Gastronomie. Er hätte sich gefreut, wenn das Rauchverbot wie geplant in Kraft getreten wäre.“
Gastwirt appelliert an die Mündigkeit der Gäste
Hubert Kraus ist Wirt in Steinparz und Nichtraucher. Er freut sich über das Kippen des Rauchverbotes. Sein Wirtshaus besteht seit 1880. Seitdem wird dort gegessen und geraucht. Er appelliert an die Mündigkeit der Menschen, sich selbst zu entscheiden, wo sie hingehen. Bei ihm stehen den Gästen alle Möglichkeiten offen. Geraucht werden darf bei ihm nur in der Gaststube. Dort wurde auch eine Lüftungsanlage eingebaut, die eine Verbesserung des Raumklimas mit sich brachte. Für Nichtraucher gibt es eigene Möglichkeiten, die ohne die Gaststube durchqueren zu müssen erreicht werden können. Auch die Toiletten können völlig frei von gesundheitsschädlichen Einflüssen aufgesucht werden. Seine Mitarbeiter rauchen zu 95 Prozent selbst. Dass das Rauchen gesundheitsschädlich ist, ist dem Wirt bewusst. Die Menschen seien mündig. „Das Wirtshaus ist ein Kommunikationszentrum. Die Gäste müssen selbst entscheiden, ob sie sich lieber im Nichtraucherbereich aufhalten oder ihre Zigarette zu einem Kaffee oder einem Seidl Bier genießen“, bekräftigt der Gastwirt Hubert Kraus. Ein Rauchverbot würde auch den Verkauf von Zigaretten in seinem Wirtshaus einschränken. „Dann dürften die hier verkauften Produkte nicht konsumiert werden“, so der langgediente Wirtshausbesitzer.
Arzt: „Selbstmord“
„Rauchen ist Selbstmord auf Raten“, hält Rudolf Kern fest. Neben der erhöhten Lungenkrebs und COPD-Gefahr sind Frauen in der Frühphase einer Schwangerschaft einem hohen Risiko ausgesetzt. „Speziell Jugendliche müssen davon abgehalten werden, mit dem Rauchen anzufangen“, fordert Rudolf Kern. Typischerweise beginnen Jugend-liche zwischen 13 und 19 Jahren zu rauchen. „Mit 25 fängt fast keiner mehr an“, fährt der Arzt fort. Mit der Hinaufsetzung des Alters auf 18 wird das Rauchen, das bis dahin interessant, aber verboten war, erst recht für die Jugendlichen zugänglich und damit noch interessanter. Es hätte damit genau den gegenteiligen Effekt. Junge Menschen werden in der Raucherdebatte immer wieder herangezogen, aber so gut wie nie um ihre Meinung gebeten.
Jugendliche am Wort
Tips hat deshalb Katja Baumgartner und Jakob Enengl getroffen. Die beiden sind Schulsprecher und Schulsprecher-Stellvertreterin im Stiftsgymnasium Melk. Laut der OECD-Studie „Health at a Glance“ aus dem Jahr 2017 greifen 14,5 Prozent der 15-Jährigen zumindest einmal pro Woche zur Zigarette. Im Stiftgymnasium Melk merkt man davon nichts. Die beiden Schüler meinen: „In unserer Klasse gibt es eigentlich gar keinen Raucher“. Beim Fortgehen am Wochenende werde von Älteren schon ab und zu geraucht. Die beiden halten sich mit ihren Freunden aber hauptsächlich in den Nichtraucherbereichen auf. „Rauchen stinkt“, sagt Jakob Enengl und „Rauchen ist ungesund“, ergänzt Katja Baumgartner. Ein Rauchverbot würden sie zwar begrüßen, nur fänden sie es schwer durchsetz- und sanktionierbar. Strengere Maßnahmen zum Nichtraucherschutz wären ihnen willkommen. „Viele bereuen es, dass sie angefangen haben“, so die stellvertretende Schulsprecherin. Die zwei Schüler der siebten Klasse werden so zum Vorbild für viele Ältere, die mit ihrem vermeintlichen Genuss die Lokale verstinken. Beim Thema Volksabstimmung sind Jakob Enengl und Katja Baumgartner einer Meinung mit dem Arzt Rudolf Kern: „Die Bevölkerung soll über das Rauchverbot entscheiden“, ist der Grundtenor im Einklang.
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