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Othmar Karas: „Das EU-Parlament ist der europäische Gemeinderat“

Leserartikel Stefan Hinterdorfer, 20.09.2018 08:09

Ybbs/Wien/Brüssel. Nächstes Jahr sind die Wahlen zum EU-Parlament. Tips versuchte, der Regionalität europäischer Politik auf die Spur zu kommen und sprach deshalb mit dem Abgeordneten zum Europäischen Parlament, Othmar Karas (EVP).

Der Ybbser Othmar Karas ist Abgeordneter zum EU-Parlament. Foto: Karas
Der Ybbser Othmar Karas ist Abgeordneter zum EU-Parlament. Foto: Karas

Tips trifft den Ybbser Othmar Karas in Wien. Zwischen Burgtheater, Universität und Rathaus ist das Café Landtmann Treffpunkt eines Gespräches über die Europäische Union, deren Institutionen und darüber, was das EU-Parlament mit dem Gemeinderat zu tun hat.

Politiker

Othmar Karas' Leben war schon immer politisch. Bereits sein Vater war Bürgermeister. In der Schule − das Gymnasium Wieselburg gab es noch nicht, er war in Scheibbs − trat er dem Kartellverband bei und war als Schulsprecher aktiv. Über die Schülervertretung rutschte er in die Bundespolitik. Dort wurde er 1983 als damals jüngster Nationalratsabgeordneter angelobt und konnte auch erste Europakontakte schmieden.

Europa

In der im Mai 2018 veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage gaben nur 45 Prozent der Österreicher an, dass die EU eine gute Sache sei. Skepsis gegenüber der EU ist auch nach 25 Jahren Mitgliedschaft noch weitverbreitet. „Was bringt uns die EU?“, bleibt ein nicht selten gehörter Satz. „Es ist schade, dass man über den Entscheidungs- und Meinungsbildungsprozess zu wenig weiß“, sagt Othmar Karas. Die Hauptursache sei, die Zusammenarbeit nicht darzustellen. Zusammenarbeit, die sich aber in jeder Gemeinde abspiele. Als Beispiel für geförderte Projekte nennt er die Eisenstraße, das Studenten-Austausch-Programm ERASMUS, den Hochwasserschutz an der Donau und die Unterstützung bei der Hochwasserkatastrophe, obwohl Natur- und Katastrophenschutz eigentlich Landessache seien. Bis zum Güterwegsbau reiche die europäische Solidarität. Der dazugehörige Meinungs- und Entscheidungsfindungsprozess findet auch im EU-Parlament statt. Aber was macht das EU-Parlament? „Das Europaparlament ist der europäische Gemeinderat“, erklärt Othmar Karas. „Jeder von uns ist Bürgerin und Bürger der Gemeinde, Bürgerin und Bürger des Landes Niederösterreich, Bürgerin und Bürger Österreichs und Bürgerin und Bürger der Europäischen Union“, führt er weiter aus. Gewählt werden Listen. So wie der Gemeinderat, hat auch das Europäische Parlament Ausschüsse, in denen Gesetze vorbereitet werden. Funktionen, wie den Gemeinderat, den Statdtrat oder den Bürgermeister gäbe es auch im Europäischen Parlament.

EU-Gesetze

Um ein Gesetz zu beschließen, braucht es aber mehr als das EU-Parlament. Gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Union, in dem Österreich gerade den Vorsitz führt, werden Gesetze vorbereitet und beschlossen. Seit dem Vertrag von Lissabon ist das von den Bürgern zu wählende Europäische Parlament in Fragen des Gemeinschaftsrechtes mit dem Rat gleichberechtigter Gesetzgeber. „Dieses Recht musste sich das Parlament gegenüber den Regierungen erkämpfen“, bekräftigt Othmar Karas. Für ein Gesetz entscheiden also zwei Kammern. Einerseits das von den Bürgern der Mitgliedsstaaten gewählte Parlament und der aus Ministern der Mitgliedsländern zusammengesetzte Rat der Europäischen Union.

Parlamentarier

Die Wahl und die Aufgaben eines Parlamentariers erklärt Othmar Karas an seinem eigenen Beispiel: „Ich bin auf der Liste der ÖVP von Niederösterreich nominiert. Österreich entspricht bei der EU-Wahl einem Wahlkreis.“ Die EVP bildet im Parlament gemeinsam mit der ÖVP und anderen europäischen Parteien eine Fraktion. Diese Fraktion entsendet − analog zum Gemeinderat − ihre Parlamentarier in die verschiedenen Ausschüsse. Karas ist unter anderem in den Ausschüssen Wirtschaft und Währung, Binnenmarkt und Verbraucherschutz, im Außenpolitischen und im Verteidigungsausschuss. Der Vorsitzende eines dieser Ausschüsse wäre mit einem geschäftsführenden Gemeinderat vergleichbar. Im Ausschuss für Wirtschaft und Währung wäre das der Italiener Roberto Gualtieri (S&D). Einen Unterschied zum Gemeinderat gibt es dann aber doch: „Im europäischen Parlament weiß man vorher nie, wie eine Abstimmung ausgeht“, ist der Abgeordnete überzeugt. „Weil die Interessen und die Themen grenzüberschreitend sind. Deshalb muss man sich seine Mehrheiten suchen. Im Positiven, wie in der Ablehnung.“ Die Frage der Kompromissfähigkeit stehe damit im Vordergrund. Hier sieht Karas wieder eine Parallele zum Gemeinderat: „Wenn Sie den Menschen nicht das Gefühl geben, dass Sie die Gemeinde im Auge haben und parteipolitisieren, werden Sie zu keiner Lösung kommen.“

Regionen

Europäische Politik passiert auch abseits von Brüssel und Straßburg. Deren Protagonisten sind auch Menschen aus dem Mostviertel und gleichzeitig aus anderen Regionen Europas. Wien und das Café Landtmann bleiben genauso wie das Mostviertel nur ein Teil unter anderem in einem Projekt, das ursprünglich das Ziel hatte, den Frieden in Europa zu erhalten und nur durch Kompromisse bestehen kann. Auch wenn das − oder gerade deswegen − kompliziert ist.


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