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Klassische Denkmuster verlassen, „die Stiefel anziehen und rausgehen“

Martina Ebner, 11.01.2017 09:17

MONDSEE. Ihn als „“Adrenalin-Junkie“ zu bezeichnen, mag er gar nicht. Dabei arbeitet Johann Fesl (53) als Berufsdetektiv und Personenschützer. Er war als Pressefotograf tätig, ist für ein Geisterfahrer-Foto sogar einmal über die Autobahn gelaufen. Und ab und zu – wenn es seine Zeit erlaubt – setzt er sich auch in seine russische Jak-55 mit 400 Pferdestärken und führt Kunstflug vor. „Ich wäge jedes Risiko vorher genau ab“, erklärt er lapidar.

  1 / 3   Johann Fesl (2.v.l) mit Shimon Peres (l.), Israels ehemaligem Präsident, der 2016 verstorben ist Fotos: privat

Der Bedarf an Ermittlungstätigkeit sei in Österreich relativ hoch. Berufsdetektive gäbe es in Oberösterreich etwa 120 bis 150, allerdings würden dazu auch die Kaufhausdetektive zählen – derzeit noch, aber das soll in der Gewebeordnung bald geändert werden, hofft Fesl. Reine Detektive, die anlass- und fallbezogen recherchieren, bleiben dann im Bundesland etwa drei Dutzend übrig. Und Fesl ist einer davon, der diese Tätigkeit seit zwei Jahrzehnten ausübt.

Er ist Gründer und Inhaber der Firma „Control Pro“ mit Sitz in Mondsee und einer Niederlassung in Wien bzw. Tel Aviv und beschäftigt zwei Mitarbeiter. „Control Pro“ ist Teil eines investigativen Netzwerkes, das aus Schweizer, Israelischen und Osteuropäischen Ermittlern besteht.

Fesl hat sein Geschäft in Israel und Russland gelernt und war lange für eine israelische Sicherheitsfirma im Nahen Osten tätig. Seit 1989 ist er selbstständig im Sicherheitsbereich. Unter anderem war er als Bodyguard für Shimon Peres, Bernie Eccle-stone, Elton John oder Michail Gorbatschow im Einsatz. Vor 15 Jahren hat er die Konzessionsprüfung als Berufsdetektiv abgelegt.

„Control Pro“ ist spezialisiert auf Wirtschaftsermittlungen, die etwa 80 Prozent des Tätigkeitsfeldes ausmachen. Dazu gehören unter anderem Betrug, Diebstahl, Unterschlagung und Korruption. „Die Klassiker halt“, bringt es Fesl auf den Punkt. Aber auch private Ermittlungen wie Mietrechtserhebungen oder Scheidungsangelegenheiten gehören zu seinen Fällen.

Johann Fesl: Ich tue mir schwer damit, mit einem Menschen einen Vertrag über seine Loyalität zu schließen.“

Die Klischees von Hawaiihemd samt Ferrari oder Trenchcoat und Zigarre kann der Mondseer jedoch nicht bedienen.

Zum Arbeitsalltag gehört immer mehr die Internetrecherche mit guten Datenbanken, wo Fesl sich ein grundsätzliches Bild der Beteiligten macht. Natürlich kommt dazu auch noch die klassische Observation mit technischen Raffinessen, aber – dabei macht sich Fesl nichts vor – auch Betrüger kennen alle Tricks und die Technik ist manipulierbar.

„Wir arbeiten zum Großteil mit Anwälten oder Wirtschaftsprüfern zusammen.“ Bei Diskrepanzen seien dann meist vorgefertigte Denkmuster das Problem. Alles, was nicht auf Papier zu finden ist, sei für viele nicht nachvollziehbar. „Da heißt es dann für uns: die Stiefel anziehen und rausgehen“, erklärt Fesl. So etwa fiel, auch mit etwas Glück, erst durch eine Kameraüberwachung die Manipulation der Kassadrucker auf, die monatlich mehrere tausend Euro in einem Betrieb verschwinden ließen. Typische Fälle seien etwa auch Außendienstmitarbeiter, von denen man wisse, dass Termine und Fahrten eingetragen werden, die es nie gab. Hinzu kommen viele kleine und große Investmentbetrügereien, mit denen „Control Pro“ betraut wird. Über Auftragsmangel kann sich Fesl jedenfalls nicht beklagen. Auch immer mehr kleinere Firmen seien unter den Kunden „Wenn die Kriegskassa voll ist, schaut man gerne über Kleinigkeiten hinweg, aber das ist momentan nicht der Fall.“

Großer Vorteil beim Engagieren eines Berufsdetektivs: Dem Auftraggeber bleibt es nach Erhalt der Ermittlungsakten selbst überlassen, ob er Anzeige erstattet oder nicht. Wenn die Polizei einbezogen wird, bleibt ihm diese Option nicht. Ein eventuelles Verfahren lässt sich nicht mehr stoppen, und es wird öffentlich. Dabei wollen viele Geschädigte lieber von Anzeigen absehen und Rückzahlungen privat vereinbaren. Und noch etwas verrät Fesl: „In neun von zehn Verdachtsfällen ist was dran und in 80 Prozent der Fälle wird das Unternehmen von den eigenen Mitarbeitern geschädigt.“

Nette Anekdoten hätte Fesl, wenn es um Scheidungsfälle geht, diese seien aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Trotzdem erzählt er schmunzelnd von einer eindeutigen Szene, die er auf Kamera festhalten konnte, aber nicht ohne vorher stundenlang im Tiefschnee gewartet zu haben. Auch hier kann sich das Engagement eines Schnüfflers lohnen: Wird die Eheverfehlung zweifelsfrei ermittelt, kann der Gehörnte die Kosten für die Ermittlungen auf den untreuen Partner abwälzen. Dass Fesl, der nie verheiratet war und eine erwachsene Tochter hat, eine nüchterne Einstellung zum Thema Ehe hat, überrascht daher kaum. „Die Ehe ist ein zivilrechtlicher Vertrag und ich tue mich schwer damit, mit einem Menschen einen Vertrag über seine Loyalität zu schließen.“

Der Beruf Fesls ist ungewöhnlich, oft aufregend und abenteuerlich. Und auch sein Hobby. die Kunstfliegerei, birgt Risiken. Als Adrenalin-Junkie will er dennoch nicht bezeichnet werden. „Ich bin das Gegenteil, ich wäge vorher das Risiko genau ab. Denn ich füttere mein Ego ja nicht mit dem Beruf, ich kann halt nur nichts anderes“, lacht er.


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