Mallorca reicht’s: Inselbewohner kapern Touristenbus – Startschuss einer Protestwelle gegen den Massentourismus
MALLORCA. Palmesanos schlagen Alarm: Aktivisten kapern einen Sightseeing-Bus, fordern „Stoppt die Touristifizierung“ und starten breite Proteste gegen den Massentourismus.

Als der rote Doppeldecker am Samstag über Palmas Paseo del Born rollt, springt plötzlich eine Gruppe junger Mallorquiner aufs Oberdeck. Sekunden später spannt sich ein Banner über die Sitzreihen: „Stoppt die Touristifizierung“. Für staunende Urlauber nur eine irritierende Szene – für viele Inselbewohner der Startschuss einer neuen Protestwelle gegen den Massentourismus.
Initiator ist die Plattform „Menys turisme, més vida“ (“Weniger Tourismus, mehr Leben“). Ihr Vorwurf: Mallorca mutiere zum Freizeitpark, während Einheimische an explodierenden Mieten verzweifeln. Schon ein Drittel aller Immobilienkäufe tätigen wohlhabende Ausländer, Ferienapartments verdrängen Bewohner; in manchen Vierteln sind Mallorquiner längst Minderheit.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als 40 Prozent der Gäste kommen aus dem deutschsprachigen Raum – damit richtet sich das Protestsignal direkt an die wichtigste Zielgruppe. In der Hauptsaison strömen monatlich über zwei Millionen Besucher auf die Insel, die nur 950 000 Einwohner zählt. Das führt zu Staus, Trinkwassermangel und einem Müllberg, der jedes Jahr wächst. „Wir müssen das Wachstum bremsen, sonst kollabiert Mallorca“, warnt Sprecherin Júlia Ferrer.
Am Sonntagabend wollen mehr als 60 Bürgerinitiativen – vom Umweltverband GOB bis zu Anwohnervereinen – erneut durch Palma ziehen. Zeitgleich sind Kundgebungen in Barcelona, Valencia und Venedig geplant, allesamt Hotspots des Overtourism. Das Netzwerk will gemeinsam Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben.
Doch die konservative Balearen-Regierung, unterstützt von der rechtspopulistischen Vox, setzt laut Kritikern weiter auf Wachstum: illegale Bauten werden legalisiert, neue Bettenkontingente bewilligt.
Mallorcas Aktivisten fordern deshalb eine Obergrenze für Ferienwohnungen, strenge Limits für Kreuzfahrtschiffe und Investitionen in bezahlbaren Wohnraum. „Das ist kein Anti-Touristen-Feldzug“, betont Ferrer. „Wir wollen Urlaub, der mit unserem Alltag harmoniert.“
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