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Gesundheitssystem in der Krise: Ärztestatistik schlägt Alarm

Tips Logo Thomas Leitner, 05.08.2025 12:39

ÖSTERREICH. Die neue Ärztestatistik zeigt: Es gibt keinen Ärztemangel – aber ein wachsendes Problem im öffentlichen System. Jetzt braucht es Reformen, sonst wird die Lage dramatisch.

Die ärztliche Versorgung steht heute vor zwei großen Herausforderungen (Foto: stock.adobe.com/Iryna)

Die aktuelle Ärztestatistik der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) offenbart brisante Entwicklungen, die die medizinische Versorgung im Land langfristig gefährden könnten. Zwar ist die Gesamtzahl der Ärztinnen und Ärzte gestiegen, doch das öffentliche System leidet unter strukturellen Schwächen und drohenden Personalengpässen.

„Die ärztliche Versorgung steht heute vor zumindest zwei großen Herausforderungen“, erklärte ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart bei der Präsentation der Statistik. Zum einen sei das der demografische Wandel: Ein großer Teil der Babyboomer-Generation geht in den nächsten Jahren in Pension, während die Gesellschaft insgesamt wächst und älter wird. Zum anderen verbleibt ein Drittel der in Österreich ausgebildeten Mediziner nicht im heimischen Gesundheitssystem – viele wandern ins Ausland ab oder kehren in ihre Herkunftsländer zurück.

Mit Stichtag 31.12.2024 verzeichnete die Ärztestatistik 52.005 aktive Medizinerinnen und Mediziner – ein Plus von 2,7 Prozent. Der Frauenanteil liegt mittlerweile bei 49,9 %, in der Allgemeinmedizin sogar bei über 60 %. Doch der Altersdurchschnitt steigt: Über ein Drittel der Ärzte ist älter als 55 Jahre. In den nächsten zehn Jahren müssen rund 1.800 Positionen jährlich nachbesetzt werden, um die Versorgung aufrechtzuerhalten, so Kammeramtsdirektor Lukas Stärker.

„Österreich hätte derzeit zahlenmäßig genügend Ärztinnen und Ärzte, um die Gesundheitsversorgung abzusichern. Es gibt also keinen Ärztemangel an sich, sondern einen deutlichen Mangel im öffentlichen System“, stellte Steinhart klar. Besonders betroffen: der Kassenbereich und die Spitäler. Zu wenig attraktive Arbeitsbedingungen, zu viel Bürokratie und kaum Flexibilität verschärfen die Situation.

Steinhart und die Ärztekammer fordern daher weitreichende Maßnahmen:

  • Internationale Konkurrenzfähigkeit bei Arbeitsbedingungen
  • Flexible Modelle wie Teilzeitverträge, Job-Sharing und kombinierte Tätigkeiten in Kassen- und Wahlarztpraxis
  • Dringenden Bürokratieabbau und praxistaugliche digitale Systeme wie ELGA
  • Mehr Ausbildungsstellen direkt nach Studienabschluss
  • EU-weite Mindestquoten für Studienplätze zur Steuerung des Arbeitsmarkts
  • Reform der ÖGK mit Fokus auf Patientenversorgung

Besonders kritisch sieht Steinhart die Rolle der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Er fordert konkrete Strukturreformen statt „kleinlicher Diskussionen“, denn: „Wahlärzte kompensieren in vielen Regionen die Versorgungsdefizite, die von der ÖGK zu verantworten sind.“

Sein Appell an ÖGK-Obmann Huss ist unmissverständlich: „Wir brauchen echte Reformen und den politischen Willen zur Zusammenarbeit. Nur dann kann die flächendeckende Versorgung der Menschen auch in Zukunft gesichert werden.“


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