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Privat- vs. Kassenmedizin: neues Modell denkbar

Tips Logo Nicole Dirnberger, 17.05.2022 14:09

OÖ. Zuletzt hatte ÖGK-Vizeobmann die Abschaffung des derzeit praktizierten Wahlarzt-System gefordert und dabei das „Modell Deutschland“ ins Spiel gebracht. Wobei es in Deutschland so geregelt ist, dass Kassenärzte auch Privatpatienten betreuen. Diese Mischung hat sich bewährt und führt dazu, dass das System in Deutschland attraktiver ist als bei uns. Daher könne man eine Adaptierung für Österreich andenken, so die Ärztekammer OÖ. 

Im Bild v.l.: Thomas Fiedler (Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte), Peter Niedermoser (Präsident der OÖ-Ärztekammer), Felix Wallner (Kammeramtsdirektor). Foto: ÄKOÖ/Hell

„Das wäre auch für die jungen österreichischen Ärzte ein modernes und attraktives Zukunftsmodell und eine Verbindung der positiven Seiten beider Systeme. Durch einen Kassenvertrag wäre jedenfalls eine finanzielle Grundabsicherung gewährleistet und die Vorteile der Privatmedizin würden den Anreiz verstärken, dieses Kassenmodell der Zukunft zu nutzen“, sagt Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich.

Mehr an Service und Komfort

Immer mehr Patienten fordern darüber hinausgehende Leistungen sowie ein Mehr an Service und Komfort. In öffentlichen Krankenhäusern werden Privatpatienten traditionell gut integriert, davon profitiert auch das Spitalswesen. Im niedergelassenen Bereich existiert eine Art Parallelsystem, weil hier die öffentliche Versorgung sehr streng von der Privatmedizin getrennt ist. Genau diese Trennung befeuerte zuletzt die Diskussion um die Aufgaben der Wahl- bzw. Kassenärzte in der medizinischen Gesamtversorgung der Bevölkerung. Die medizinische Versorgung sei aber bei beiden gleich gut, so Niedermoser: „da bin ich mir zu 100 Prozent sicher, dass sie gleich ist“. 

Zahl der Kassenärzte stagniert

Seit 2000 stagniert in Österreich die Zahl der Kassenärzte, während sich die Zahl der Wahlärzte mehr als verdoppelte. Offensichtlich nimmt die Attraktivität der Kassenverträge ab und es entscheiden sich Ärzte immer häufiger als Wahlarzt zu arbeiten. Kassenstellen werden immer schwerer zu besetzen. 

Verzahnung zwischen wahlärztlichen und kassenärztlichen Bereich

Eine wichtige Maßnahme wäre hier eine stärkere Verzahnung zwischen wahlärztlichen und kassenärztlichen Bereich. Ein erster Schritt könnte dabei sein, dass man gewisse Behandlungen, die die ÖGK nicht bezahlt selbst übernehmen kann sofern diese trotzdem gewünscht sei. Dazu müssten Vertragsärzte aber eine ausgeweitete Möglichkeit zur Behandlung von Privatpatienten erhalten. Von einer solchen Neuerung würden sowohl Patienten, als auch Mediziner profitieren. Wenn man Kassenverträge attraktiv gestaltet, werden immer mehr Ärzte den Weg als Kassenarzt gehen, ist sich die Ärztekammer OÖ sicher. 

Eine Milliarde Euro mehr

Eine market-Umfrage zeigt deutlich, dass Patienten in Summe knapp eine Milliarde Euro mehr bereit wären zu zahlen. Wenn man bedenkt, dass aktuell knapp unter drei Milliarden Euro an die Kassenärzte fließen, wäre dies eine Steigerung von knapp einem Drittel der bisherigen Summe.

30 Prozent würden ins System einsteigen

„Eine Umfrage unter Kassenärzte brachte 2019 ein klares Ergebnis. Prinzipiell können sich 84,1 Prozent der Ärzte vorstellen, unter gewissen Umständen in höherem Ausmaß auch Privatpatienten zu behandeln“, sagt Thomas Fiedler, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der OÖ-Ärztekammer. Knapp 30 Prozent der Wahlärzte wären bereit, ins System einzusteigen. 

Bessere Rahmenbedingungen

Eine Verschränkung beider Bereiche würde nicht nur den Privatversicherten selbst, sondern auch allen Versicherten bessere Rahmenbedingungen ermöglichen. Denn steigende Einnahmen bei den Ärzten würden auch zu besseren Investitionen führen, so die Ärztekammer OÖ. Die Folge dieses Investitionsschubs wäre eine bessere und effizientere Infrastruktur in den Ordinationen. Das würde wiederum allen Patienten zu Gute kommen. 

Rechtliche Hindernisse müssen beseitigt werden

„Rechtlich ist es derzeit zwar möglich, dass Privatpatienten auch von Kassenärzten betreut werden, es gehören dennoch einige rechtliche Hindernisse beseitigt. Aktuell bekommt nämlich ein Patient, der privat behandelt wird, keinen Rückersatz der Kosten erstattet. Diese Schlechterstellung sehen viele Patienten aber nicht ein. Die Idee wäre, dass ein Kassenarzt das Kassenhonorar normal abrechnet. Die Differenz zum höheren Wahlarzt-Honorar soll durch eine Aufzahlung erfolgen. Dazu muss aber das ASVG geändert werden. Diese Änderung ist dringend notwendig, um Kassenstellen wieder attraktiver zu gestalten“, so Felix Wallner, Kammeramtsdirektor in der OÖ-Ärztekammer. 

Positiver Anreiz

Wenn - so wie in Deutschland vorgesehen - auch Kassenärzte zusätzlich auch Privatpatienten betreuen könnten, wäre dies ein positiver Anreiz. Das geht aber nicht wie von der ÖGK und Teilen der Politik zuletzt gefordert mit Zwang, so die Ärztekammer OÖ. Durch eine Änderung würde sich das Angebot an Kassenärzten flächendeckend enorm verbessern, die Flucht in den Wahlarzt-Bereich wäre durch einen positiven Anreiz gestoppt. 


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