
OÖ. Die Corona-Pandemie geht an Beziehungen und Familien nicht spurlos vorüber. Warum das so ist und was dagegen unternommen werden kann, wissen die Berater von Beziehungsleben.at, einem Angebot der Katholischen Kirche Oberösterreich.
Sorgen im Beruf und in anderen Lebensbereichen wirken sich häufig auch auf das Privatleben aus, informiert die Diözese Linz. „In Zeiten der Krise und Unsicherheit werden soziale Einsamkeit, Familien- und Paarkonflikte, aber auch das Aggressionspotential stärker spürbar. Bewährte Bewältigungsstrategien sind nicht verfügbar, auch Ablenkungsmöglichkeiten fallen plötzlich weg. Die Medienvielfalt und Online-Technologien sind nicht nur unterstützend, sondern werden manchmal auch zur Last und zum Zankapfel, wenn nicht ausreichend Geräte vorhanden sind oder auch, wenn Kinder und Jugendliche Handy und PC exzessiv nutzen. Das setzt viele Eltern, die ohnehin durch Homeoffice und Homeschooling gefordert sind, zusätzlich unter Spannung“, führt Josef Lugmayr aus. Er ist Beziehungs-, Ehe,- und Familienseelsorger und leitet Beziehungsleben.at, eine Abteilung, die mit der Beratungsarbeit in der Diözese Linz koordiniert.
Arbeit mit Tätern
Die Gespräche führen ausgebildete Ehe-, Familien-, Lebens-, und Gewaltberater. Sie kommen auch bei häuslicher Gewalt zum Einsatz und arbeiten dabei nicht nur mit den Opfer, sondern auch mit den Tätern. „Leider sehen wir, dass trotz intensiver Präventionsarbeit und zunehmender Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema, Gewalt gegen Frauen und Kinder steigt. Um diese Gewaltspirale zu stoppen, müssen wir uns auch mit den Tätern und Täterinnen auseinandersetzen. Sehr oft schaffen es die Opfer nicht, sich aus einer Gewaltbeziehung zu lösen beziehungsweise kehren immer wieder in eine solche zurück. Dazu kommt, dass gewalttätige Männer häufig Wiederholungstäter sind und mehrere Opfer ihres Verhaltens zurücklassen. Die Arbeit mit ihnen kann weitere Gewalt und damit neue Opfer verhindern“, sagt Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ). Das Sozialressort des Landes fördert Beziehungsleben.at in diesem Jahr zum ersten Mal.
Im Zuge der Beratung von Tätern wird der eigene Gewaltkreislauf kennengelernt und verstanden. „Die Täter und Täterinnen lernen beispielsweise mit einer Wegweisung umzugehen und Konflikte in Beziehungen zu meistern anstatt zu meiden. Erst wenn das eigene Verhalten bewusst ist, kann der Täter bzw. die Täterin den Gewaltkreislauf stoppen. Wir stehen auch in regelmäßigem Austausch mit den Frauenberatungsstellen in Oberösterreich„, führt Josef Hölzl, Referent für Beratung der Diözese Linz, aus.
Ängste und Einsamkeit sind aktuelle Herausforderungen
Unter den weiteren Themen, die derzeit belastend sind, sind laut Lugmayr der Erwartungsdruck, einsatzfähig zu bleiben, Ängste und hoher emotionaler Stress. Viele Menschen hätten ihre Kontakte derzeit auch sehr eingeschränkt und würden unter Einsamkeit leiden. “Aus unseren Beratungsgesprächen mit den Menschen wissen wir, dass Zuspruch und Ermutigung im offenen Gespräch ein wirksamer Beitrag für das seelische Wohlbefinden sind und dass daraus wieder Hoffnung und Zuversicht entstehen. Ein vertrauensvoller und wertschätzender Austausch im geschützten Rahmen mit einem kompetenten Berater, einer kompetenten Beraterin bewirkt vielleicht keine schnellen Lösungen und Veränderungen, schafft jedoch Erleichterung und schärft den Blick für neue Perspektiven: Das ist die Erfahrung vieler Klienten und Klientinnen, die jetzt zu uns kommen„, erzählt Lugmayr.
Beratungen bei Beziehungsleben.at sind derzeit in allen Beratungsstellen, auch persönlich unter der Einhaltung von Covid-19-Sicherheitsbestimmungen möglich. Als Alternative werden Telefon- und E-Mailberatung mit Beratern aus der Region angeboten. Insgesamt gibt es oberösterreichweit 25 Beratungsstellen. Die Beratung wird grundsätzlich kostenfrei angeboten, wobei um einen freiwilligen Kostenbeitrag gebeten wird. Jährlich führen die Beratungsstellen der Diözese mehr als 20.000 Beratungsstunden mit etwa 8.500 Personen durch. Ungefähr 60 Prozent davon sind Frauen.