Gütesiegel bei Hühner- und Putenfleisch im Test: Kritik an Ama-Gütesiegel
OÖ. Die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer (AK) OÖ und die Tierschutzorganisation Vier Pfoten haben gesetzliche Mindeststandards in Österreich und der EU mit nationalen Gütesiegeln verglichen. Das Ergebnis: Das Ama- Gütesiegel geht über gesetzliche Vorgaben kaum hinaus, höhere Standards bieten Bio- und Tierwohlsiegel.
Österreicher essen durchschnittlich 9,3 Kilogramm Hühnerfleisch pro Jahr. Bei Putenfleisch sind es 2,6 Kilogramm pro Person. Der AK Konsumentenschutz OÖ und die Tierschutzorganisation Vier Pfoten haben gesetzliche Mindeststandards in Österreich und der EU mit nationalen Gütesiegeln verglichen. Insgesamt wurden sechs Gütesiegel getestet. Das zentrale Ergebnis: Das Ama-Gütesiegel geht über gesetzliche Vorgaben kaum hinaus, nur Bio- und Tierwohlsiegel bieten höhere Standards. Ein gesetzlicher Standard in Österreich ist zum Beispiel, dass höchstens 30 Kilogramm Masthühner auf einem Quadratmeter Fläche gehalten werden. Damit liegt die Dichte noch vor dem europäischen Mindeststandard von 42 Kilogramm pro Quadratmeter. Laut der EU-Bio-Verordnung sowie bei den Labels Bio Austria und Ama-Bio haben sowohl Puten als auch Masthühner deutlich mehr Platz.
Stellungnahmen zum Ama-Gütesiegel: Nur gesetzliche Vorgaben, aber strenge Kontrollen
Abgesehen von mehr Platz gehe es Hühnern und Puten in Österreich in der konventionellen Mast aber nicht besser als im übrigen Europa, hält der Konsumentenschutz der AK OÖ fest. So erlauben sowohl das Ama-Gütesiegel als auch das österreichische Recht schnellwachsende Hochleistungsrassen in der Geflügelmast. Derzeit betrage das Schlachtgewicht bei männlichen Puten bis zu 21 Kilogramm. Zum Vergleich: In der freien Natur kommen männliche Truthühner nur auf ein Gewicht zwischen fünf und elf Kilogramm. Im Bio-Bereich sind schnellwachsende Rassen nicht erlaubt. Durch das viel zu schnelle Wachstum in der Mast hätten Hühner und Puten in ihren letzten Lebenswochen Schwierigkeiten sich zu bewegen, kritisieren die Konsumentenschützer.
Positiv zum Ama-Gütesiegel äußert sich hingegen Agrar- Landesrat Max Hiegelsberger (ÖVP). Laut einer Statista- Umfrage würden das Ama-Gütesiegel und das Ama-Bio-Siegel von mehr als 60 Prozent der Befragten Vertrauen genießen. Mehr als 45.000 landwirtschaftliche Betriebe produzieren für das Ama-Gütezeichen. Um das Siegel zu bekommen, müssten die Produkte nicht nur in Österreich hergestellt, sondern auch verarbeitet werden, was streng überprüft werde. Verwirrung könne jedoch entstehen, wenn eine ausländische Adresse auf der Verpackung steht, ergänzt Hiegelsberger. „Zum Beispiel kann eine deutsche Adresse angeführt sein, wenn der Zentraleinkauf in Deutschland gesteuert wird. Das sagt jedoch nichts über die Herkunft der Lebensmittel aus. Wenn das Produkt in all seinen Phasen in Österreich produziert wurde, ist das Ama-Gütesiegel gerechtfertigt. Dem Ama-Gütesiegel können Sie vertrauen“, ist der Landesrat überzeugt.
60 Prozent des Putenfleischs kommen nicht aus Österreich
Die Frage der Herkunft stellt sich unabhängig des Gütesiegels vor allem bei Putenfleisch. Österreich ist laut AK OÖ bei Putenfleisch zu 60 Prozent vom Ausland abhängig. Das sei durch das Fehlen einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung aber nicht immer zu erkennen, wodurch Haltungsstandards von importierten Hühnern und Puten im Dunkeln bleiben würden.
Die AK OÖ fordert daher höhere Tierwohlstandards, eine konsequente Kennzeichnung von Haltungsstandards und der Herkunft von Hühner- und Putenfleisch. Diese Idee ist nicht neu. So haben bereits der Bauernbund OÖ und die Landwirtschaftskammer OÖ eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel gefordert. Das Gesundheitsministerium legte Ende Jänner einen Verordnungsentwurf für die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung vor. Auch laut Hiegelsberger sei es wichtig, woher die Produkte im Einkaufswagen stammen. Insbesondere bei jüngeren Erwachsenen steige das Bewusstsein für die Qualität und Herkunft von Lebensmitteln. In einer Umfrage des Instituts für Demoskopie gaben 60 Prozent der unter 20 bis 29-jährigen Befragten an, mehr Geld für gute Qualität auszugeben.
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