Kassen-Ordinationen: Wie es um versprochene und offene Stellen steht
OÖ/LINZ. 42 Prozent der Österreicher sind laut aktueller Studie des Linzer Marktforschungs-Instituts Spectra mit dem heimischen Gesundheitssystem unzufrieden. Vor allem mehr Kassenarztstellen werden gefordert. Der Bund hat bis Jahresende 100 zusätzliche Kassenstellen in Aussicht gestellt, für Oberösterreich wären das 17 Stellen. Die Umsetzung steht aber weiter aus.
100 zusätzliche Kassenstellen in den Bereichen Allgemeinmedizin, Kinderheilkunde und Gynäkologie wurde im Juli von der Bundesregierung angekündigt, verteilt basierend auf dem Bevölkerungsschlüssel. Umsetzung noch realistisch? Die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung fehlt allerdings nach wie vor.
Oberösterreichs SPÖ-Chef Landesrat Michael Lindner sieht in einer Aussendung die Pläne bereits gescheitert. LH-Stellvertreterin, Gesundheits-Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) betont, dass die Stellen versprochen seien, es obliege dem Gesundheitsminister Klarheit zu schaffen, wie es weitergeht. „Angesichts des bisherigen Fortschritts scheint das Ziel bis Jahresende zunehmend unrealistischer zu werden, und das ist nicht akzeptabel. Wir benötigen dringend einen realistischen und zügigen Fahrplan“.
„Voraussichtlich November“
Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, dass das Gesetz zur Umsetzung „voraussichtlich im November im Nationalrat beschlossen wird.“ Angekündigt wurde auch ein Startbonus von bis zu 100.000 Euro. Dieser soll laut Ministerium rückwirkend bis zum 1. August für jene Ärzte gewährt werden, die eine Kassenstelle im Bereich Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendheilkunde oder Gynäkologie übernehmen, und sich verpflichten, für mindestens fünf Jahre als Kassenarzt zu arbeiten. Beim Gesundheitsministerium geht man davon aus, dass schon die Ankündigung des Startbonus eine Anreizwirkung hatte. Daher solle der Startbonus „auch für Stellen in diesen Fächern ausbezahlt werden, wenn diese bereits zwei Mal erfolglos ausgeschrieben wurden.“
Ausgeschriebene Stellen müssen auch besetzt werden
Werden die Stellen tatsächlich noch bis Ende 2023 geschaffen, sind diese damit aber noch nicht besetzt. Dafür ist die Sozialversicherung zuständig. „Sobald die Grundlagen vorliegen, kann die ÖGK die zusätzlichen Planstellen ausschreiben“, heißt es dazu von der Österreichischen Gesundheitskasse. Auch dort glaubt man aber, dass durch die vorgesehene Anschubfinanzierung die Stellen leichter zu besetzen sind.
Für Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für OÖ ist klar: „Die Sozialversicherung muss attraktive Rahmenbedingungen schaffen, um junge Kollegen zu motivieren, diese Kassenstellen auch zu besetzen.“
47 unbesetzte Kassenstellen
Mit Stichtag 1. Juli 2023 gab es in Oberösterreich 1.559,8 Vertragsarztstellen für Allgemeinmedizin, Fachärzte und Zahnheilkunde.
Unabhängig von den angekündigten neuen Stellen, waren mit Stand 1. Oktober (die Zahlen werden quartalsweise erfasst) in Oberösterreich laut Ärztekammer 47 Kassenstellen unbesetzt, davon 31 in der Allgemeinmedizin. Dabei gab es bereits eine Verbesserung: Im Quartal zuvor war es noch 51 offene Kassenstellen.
„Hotspots“ Linzer Süden und Wels-Stadt
In der Allgemeinmedizin gibt es in Oberösterreich aktuell zwei Hotspots: Wels-Stadt (drei vakante Stellen) und der Linzer-Süden (vier vakante Stellen). „In beiden Regionen führen wir Gespräche mit Interessierten, veranstalten Informationsabende und arbeiten daran, eine Primärversorgungseinheit zur Abdeckung der vakanten Stellen zu ermöglichen“, so von der ÖGK. Generell gibt es bei unbesetzten Stellen laut ÖGK auch finanzielle Anreize für umliegenden Ordinationen, damit diese – auch durch Kooperationsmodelle – Patienten mitversorgen.
Bei den mit Stand 1. Oktober 16 unbesetzten Facharzt-Kassenstellen wurden laut ÖGK mittlerweile für sieben Stellen Nachfolger gefunden, diese würden „in naher Zukunft besetzt“.
Neue Kinderärzte für Linz
So werden in Linz mit 1. Jänner drei offene Stellen in der Kinder- und Jugendheilkunde besetzt: zwei Stellen durch die erste Kinder-Primärversorgungseinheit (PVE) am Domplatz, die am 10. Jänner öffnet.
Bei den Primärversorgungszentren liegt das Ausbauziel in OÖ bis 2025 bei 25 Zentren. Bei der ÖGK spricht man derzeit von konkret mindestens fünf neuen Zentren, die bis dahin unter Vertrag genommen werden, „abhängig ist der genaue Startzeitpunkt von der Fertigstellung der jeweiligen Gebäude. Parallel zu diesen fünf PVE laufen mehrere Gespräche mit Interessenten zu weiteren Zentren in Oberösterreich.“
Lindner fordert Ausbildungsoffensive
Um offene Stellen besetzen zu können, fordert SPÖ OÖ-Vorsitzender Lindner eine Ausbildungsoffensive durch das Land OÖ, die sich an jene im Burgenland anlehnt: „Das Land Burgenland schreibt bis 2027 jährlich 55 Medizinstudienplätze aus, für die es die Kosten übernimmt, wenn sich die Studierenden im Gegenzug verpflichten, fünf Jahre im niedergelassenen Bereich oder in einer Klinik zu praktizieren. Sollte dieses Übereinkommen nicht eingehalten werden, müssen die Ausbildungskosten zurückgezahlt werden.“
Von LH-Stellvertreterin Haberlander zeigt sich offen für weitere Initiativen: „Obwohl wir in Oberösterreich bereits Maßnahmen ergriffen haben, um die medizinische Ausbildung zu fördern, sind wir stets offen für Initiativen, die helfen können, unser Ziel zu erreichen: dass die Menschen in Oberösterreich gesund und gut leben können. So haben wir erst kürzlich das Gehalt für das Klinisch-Praktische-Jahr um monatlich 250 Euro erhöht. Für uns ist aber klar: Wenn es um die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems geht, braucht harte Arbeit. Dazu laden wir jeden und jede gerne ein.“
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