Jugendarbeitslosigkeit als nachhaltiges Problem: AMS setzt Schwerpunkte für 2024
OÖ/LINZ. Im vergangene Jahr verzeichnete das Arbeitsmarktservice einen Rekordwert bei den Beschäftigten in Oberösterreich, gleichzeitig zeigte sich aber auch eine steigende Zahl bei den Arbeitslosen, aufgrund der Konjunkturschwäche. 2024 werde daher ein herausforderndes Jahr, so AMS-Landesgeschäftsführerin Iris Schmidt. Ein Fokus werde unter anderem auf dem Entgegenwirken der steigenden Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen liegen.
Nachdem sich der Arbeitsmarkt nach der Pandemie einpendelte, gab es 2023 gleichzeitig viele Beschäftigte und viele Arbeitslose. Mit hoher Inflation und Gehaltsabschlüssen wird das Jahr 2024 ein schwer abschätzbares sein, prognostiziert Iris Schmidt, Landesgeschäftsführerin des AMS. Das Förderbudget des AMS OÖ umfasse heuer 160,9 Millionen Euro, was in etwa der selbe Betrag wie 2023 ist, womit jedoch nicht mehr die gleichen Leistungen finanziert werden können.
Im Schnitt lag die Arbeitslosenquote 2023 bei 4,2 Prozent, 0,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Das AMS Oberösterreich setzt sich daher als zentrales Ziel, möglichst viele jobsuchender Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür werden neben den allgemeinen Services auch Spezialangebote angeboten, welche sich an verschiedene Zielgruppen richten. Mit der „Early Intervention“ des AMS etwa sollen Kunden bereits am ersten Tag der Arbeitslosigkeit Stellenvorschläge oder Angebote zu einer Berufsorientierung erhalten.
Jugendarbeitslosigkeit um 26,9 Prozent gestiegen
Die Anzahl der arbeitslosen Jugendlichen in Oberösterreich ist im Jänner 2024 auf 5.724 gestiegen. Das ist ein Wachstum um 26,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Anzahl der Lehrstellensuchenden stieg um 20,1 Prozent auf 640 Jugendliche, der höchste Anstieg aller Bundesländer. Vermutete man im Sommer noch, dass der Grund für die hohe Quote an Schulabschlüssen und neuen Lehrlingsbeginnern liegen könnte, muss man nun feststellen, dass es sich hierbei um ein nachhaltiges Problem handelt, so Schmidt.
Aus zahlreichen Studien sei bekannt, dass Jugendliche Erstbetroffene von Konjunktureinbrüchen sind, so Dagmar Andree von der Arbeiterkammer Oberösterreich und stellvertretendes Mitglied des AMS‐Landesdirektoriums. Deshalb sei damit zu rechnen, dass die Jugendarbeitslosigkeit weiter steigen wird.
Auf die Gruppe junger Arbeitssuchender müsse daher besonders der Fokus gelegt werden, sind sich AMS, Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer einig. Die Arbeiterkammer fördert deshalb mit knapp 150.000 Euro das Projekt All-in-one. Dies ist ein Programm für junge Menschen, die es beim Einstieg in den Arbeitsmarkt besonders schwer haben. Durch eine ganzjährige Betreuung soll dieser Schritt geschafft werden.Für weitere solcher Projekte, etwa für gesundheitlich beeinträchtigte junge Menschen, fehle aber schlichtweg das entsprechende Budget, so Andree.
Langzeitarbeitslosigkeit gesunken
Ebenfalls legt das AMS 2024 einen Schwerpunkt auf die Verhinderung von Langzeitarbeitslosigkeit. Als langzeitarbeitslos gilt jemand, der seit mindestens einem Jahr keine Beschäftigung angetreten hat. Hierbei zeigten bisherige Maßnahmen des AMS Oberösterreich Wirkung, so Schmidt, denn die Zahl der Betroffenen hat sich von 11.805 (2021) auf 6.209 (2023) fast halbiert. Nun gelte es, die Langzeitarbeitslosigkeit gar nicht erst entstehen zu lassen und weiterhin gezielte Maßnahmen zu setzen.
Man gehe aber davon aus, dass die Langzeitarbeitslosigkeit wieder steigen wird, so die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer OÖ. Deshalb wurden von AK und WK OÖ Vorschläge zur Eindämmung dieser Entwicklung eingebracht - etwa sollen demnächst auch die Betroffenen selbst in einer gemeinsamen Studie befragt werden, was ihnen am besten helfen könnte, damit der Wiedereinstieg klappt.
„Kompetenzmatching“ und „Arbeitsplatz‐analysierte Vermittlung“
Das Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen wird ebenfalls eine zentrale Herausforderung für das AMS und Arbeitgeber bleiben. Denn durch einen verzögerten Berufseintritt, etwa aufgrund einer weiteren schulischen oder akademischen Ausbildung, und aufgrund von Frühpensionierungen fehlen in Oberösterreich 13.000 Arbeitskräfte.
Durch ein „Kompetenzmatching“ sollen Kompetenzen sowohl beim Arbeitssuchenden als auch beim Unternehmen gesucht und gefunden werden. „Das AMS OÖ verfolgt eine neue Herangehensweise“, erläutert Schmidt. „Jede Person trägt ein Bündel von Fähigkeiten und Fertigkeiten mit sich, daher gilt es bei Stellenbesetzungen den Blick auf die für die offenen Stellen benötigten Kompetenzen zu richten. Wenn man genau analysiert, welche Kompetenzen erforderlich sind – und welche nicht –, erweitert sich das Angebot an Arbeitskräften – möglicherweise auch innerhalb der eigenen Belegschaft.“
Ein weiteres Projekt des AMS mit dem Titel „Arbeitsplatz‐analysierte Vermittlung im Zeichen der Transformation“ soll Personen und Unternehmen gleichermaßen bei der Vermittlung unterstützen und ungenutzte Potenziale am Arbeitsmarkt finden. „Für Unternehmen bieten wir individuell angepasste Beratungsgespräche an. Gemeinsam mit Expert_innen und dem Unternehmen selbst werden Potenziale und Verbesserungen im gesamten betrieblichen Umfeld identifiziert und konkrete Lösungsansätze erarbeitet und umgesetzt“, erläutert Markus Litzlbauer, stellvertretender AMS‐Landesgeschäftsführer.
WKOÖ fordert mehr Anreize für's Arbeiten
Die WKOÖ geht davon aus, dass der Kampf um die besten Arbeitskräfte bald wieder an Fahrt aufnehmen wird und in den nächsten Jahren das dominante Thema bleibt. Politik und AMS sollten sich deshalb schon jetzt entsprechend vorbereiten und die Weichen richtig stellen. „Es braucht wieder mehr Anreize zu arbeiten, eine Vollzeitbeschäftigung muss sich wieder auszahlen“, so Thomas Mayr‐Stockinger, Wirtschaftskammer Oberösterreich und Mitglied des AMS‐Landesdirektoriums. Außerdem sollen Asylberechtigte durch gezielt Maßnahmen vermehrt in Beschäftigung gebracht werden, etwa mit der Einführung einer „Bemühungspflicht“.
Neos fordern Bildungs- und Qualifizierungsoffensive
Angesichts der steigenden Jugendarbeitslosigkeit fordert Neos OÖ die Landesregierung zum Handeln auf. „Nachhaltige Standortpolitik darf kein Lippenbekenntnis sein, sondern erfordert konkrete Maßnahmen und echte Commitments. Eine steigende Jugendarbeitslosigkeit ist ein desaströses Zeugnis für die Regierungspolitik auf Bundes- und Landesebene. Es ist an der Zeit, dass die Verantwortlichen ihre Versprechen einlösen und eine Umkehr in der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik einleiten,“ kritisiert Klubobmann Felix Eypeltauer. Die Pflichtschule müsse junge Menschen besser auf die Berufsausbildung oder weiterführende Schulen vorbereiten, dafür brauche es sofortige Bildungs- und Qualifizierungsprogramme, um die Chancen Jugendlicher auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
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