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Regenbogenfahne in Müll geworfen: Michael Gruber wird nicht ausgeliefert

Tips Logo Karin Seyringer, 11.10.2024 12:59

OÖ/LINZ. (Update) Im zuständigen Landtagsausschuss am Donnerstagnachmittag ist über die Aufhebung der politischen Immunität von FPÖ-Landesparteisekretär, Landtagsabgeordneten Michael Gruber entschieden worden: Er wird nicht ausgeliefert. Dagegen stimmten ÖVP, FPÖ und MFG. Anlass war ein Video im Nationalratswahlkampf, in dem Gruber eine Regenbogenfahne in einen Mistkübel geworfen und von „Aufräumen“ gesprochen hat.

Symbolfoto (Foto: FSEID/stock.adobe.com)
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Es ging darum, ob die Staatsanwaltschaft Ermittlungen starten kann, es liegen mehrere Anzeigen von Nationalratsabgeordneten gegen Gruber wegen Verhetzung vor. Die Staatsanwaltschaft hatte um die Aufhebung von Grubers parlamentarischer Immunität angesucht.

Auch lesen: Regenbogenfahne in Müll gestopft: Staatsanwaltschaft will Grubers Immunität aufheben lassen

ÖVP, FPÖ und MFG gegen Auslieferung

SPÖ, GRÜNE und NEOS hatten sich für die Aufhebung der Immunität ausgesprochen. ÖVP, FPÖ und MFG aber sehen einen Zusammenhang mit Grubers Tätigkeit im Landtag und seinem Wahlkampf für den Nationalrat. Mit den Stimmen der drei Parteien wurde die Auslieferung blockiert.

FPÖ: „Paradebeispiel für Immunitätsrecht“

„Der Ausschuss hat zu klären, ob ein politischer Zusammenhang zur betroffenen Tätigkeit besteht oder nicht. Dieser liegt ganz klar vor. Es ist nicht die Aufgabe des Ausschusses, die moralische oder strafrechtliche Bewertung der politischen Meinungsäußerung vorzunehmen. Die Verfassung gibt uns hier also den klaren Auftrag, den Schutz von Abgeordneten in ihren politischen Tätigkeiten sicherzustellen. Wenn wir hier dem politischen Druck oder der Empörung nachgeben, untergraben wir den Grundsatz, auf dem unser demokratisches System aufbaut“, sagt FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr nach der Sitzung.

„Wahlkämpfe sind die intensivste Phase politischer Arbeit. Aussagen, die in dieser Zeit gemacht werden, sind untrennbar mit der politischen Rolle eines Mandatars verbunden – egal auf welcher Ebene eine Wahl bevorsteht. Das weiß der politische Mitbewerber ganz genau.“ Und weiter: „Die zuständigen Stellen werden den Vorwurf klären, sobald die parlamentarische Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird, so wie es unser Rechtsstaat vorsieht.“ Er verweist auch auf ähnlich gelagerte Fälle auf Bundesebene.

ÖVP: „Entspricht der politischen Gepflogenheit“

OÖVP-Klubobmann Christian Dörfel: „Es entspricht der politischen Gepflogenheit im Parlament, dass die Immunität der Abgeordneten für ihre politischen Tätigkeiten gewahrt bleibt. Das wird im Parlament so gehandhabt, das handhaben wir im oberösterreichischen Landtag so. Einzige Ausnahme ist, wenn ein Abgeordneter freiwillig auf seine Immunität verzichtet.“

MFG: „Keine Kompromisse bei Meinungsfreiheit und politischer Immunität“

Schon zuvor klargestellt hatte MFG, der Aufhebung der Immunität nicht zuzustimmen. „Die MFG macht unmissverständlich klar, dass politische Immunität und Meinungsfreiheit nicht verhandelbar sind – und dass sie auch dann gelten müssen, wenn die Meinung unbequem ist. Politische Doppelmoral lehnen wir entschieden ab“, so LAbg. Joachim Aigner, MFG-Österreich Bundesparteiobmann. „Die Frage, die wir uns hier stellen müssen, ist nicht, ob wir mit der Meinung einer anderen Person übereinstimmen. Es geht um Grundsätze: um politische Immunität, Meinungsfreiheit und den Schutz freier Rede“, so Aigner, der den Vorsitz im heutigen Immunitäts- und Unvereinbarkeitsausschuss innehatte.

Grüne: „ÖVP hilft FPÖ, unabhängige Justiz auszubremsen“

Heftige Kritik kommt von den Grünen: Eine koalitionäre Mauer verweigere die Aufhebung der Immunität Grubers und verhindere damit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. „Der FP-Landtagsabgeordnete Gruber steckt im Nationalratswahlkampf publikumsträchtig und lautstark die Regenbogenfahne in den Müll und das bleibt für ihn folgenlos. Dank seiner blauen Parteifreunde, die ihn vor der unabhängigen Justiz schützen. Vor allem aber dank einer ÖVP, die neuerlich vor der FPÖ in die Knie geht“, so der Grüne Klubombann Severin Mayr.

Und: „Für die breite Öffentlichkeit war klar ersichtlich, dass dieses Video keinen Politiker im Rahmen seiner Landtagsarbeit gezeigt hat. Keine Spur von einem Einsatz für die Menschen in Oberösterreich. Das war widerlicher Wahlkampfaktionismus und pure Agitation gegen eine Bevölkerungsgruppe. Es ist aber auch ein Abgang von der Entscheidungspraxis des Nationalrates. Dieser hätte Gruber selbstverständlich die Immunität aberkannt“, übt Mayr heftige Kritik.

NEOS: „Schwarz-blaue Lot wandert noch ein Stück tiefer“

Auch die NEOS zeigen sich empört: Landessprecher Felix Eypeltauer: „Ich rechne mittlerweile mit vielem, aber heute wandert das schwarz-blaue Lot im politischen Marianengraben noch ein Stück tiefer“, zitieren ihn die OÖN. Dass gerade die Volkspartei „Nibelungentreue“ übe, statt „Verlässlichkeit, Anstand und Gepflogenheiten einzuhalten, könne doch auch in den eigenen Reihen nicht allen recht sein.“

Update (11. Oktober): HOSI Linz warnt vor extremistischen Tendendezen

Empört ist auch die HOSI Linz. Grubers „Ausritt“ bleibe ohne juristische Folgen, sehr wohl gebe es aber Folgen „für alle queeren Menschen – Menschen, die sich im Sinn von Buntheit, Liberalität und eigenständiger Selbstverwirklichung unter dem Regenbogen finden und sich stolz zeigen. Schon seit längerem wird beobachtet, dass queere Menschen verstärkt Übergriffen ausgesetzt sind, nicht nur verbal, sondern auch immer öfter physisch. Diese Entwicklung hat ganz klar auch die Politik der FPÖ und im speziellen solche widerlichen Videos wie jenes von Michael Gruber mitzuverantworten“, so der Vereinssprecher der HOSI Linz, Michael Müller.

Die HOSI Linz vertritt die Auffassung, dass ein Video, das im Zug des Wahlkampfs angefertigt und veröffentlicht wird, keineswegs Element einer parlamentarischen Debatte darstellt, und kritisiert die Mehrheitsentscheidung des oö. Immunitätsausschusses. „Es war zu erwarten, dass die FPÖ ihren Generalsekretär und Abgeordneten nicht der Justiz ausliefert. Doch das Gruber schützende Stimmverhalten der ÖVP hat uns in der HOSI Linz erstaunt und wirkte für uns demaskierend. Die MFG, die ebenfalls gegen Grubers Auslieferung stimmte, bemühte das Argument der Meinungs- und Redefreiheit. Angesichts der Auswüchse dieses in den USA nahezu verabsolutierten Freiheitsbegriffs schaudert uns vor der Grenzenlosigkeit einer solchen Freiheit, die fast einem Freibrief für Gesetzesverletzungen gleichkommt.“


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