Mittwoch 5. März 2025
KW 10


Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

Koalitionsgespräche geplatzt: Kickl hat Regierungsbildungsauftrag zurückgelegt

Tips Logo Karin Seyringer, 13.02.2025 12:50

O/OÖ. (Update) Die Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP sind geplatzt. FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Mittwochnachmittag Bundespräsident Alexander Van der Bellen informiert, dass die Verhandlungen mit der ÖVP gescheitert seien und er seinen Regierungsbildungsauftrag zurücklegt. Update: Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) zeigt sich in einer ersten Stellungnahme „überhaupt nicht erfreut“. Für FPÖ OÖ-Chef Manfred Haimbuchner habe die ÖVP „eine große Chance für Österreich“ verspielt.

Archivfoto: Herbert Kickl hat am 12. Februar den Regierungsbildungsauftrag zurückgelegt. (Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf)
Archivfoto: Herbert Kickl hat am 12. Februar den Regierungsbildungsauftrag zurückgelegt. (Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf)

Nach rund einem Monat Verhandlungen sind auch die Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP gescheitert, zuvor platzten die Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS.

Laut Pressemitteilung, die als Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen adressiert ist, war der Knackpunkt die Ressortverteilung. „Ehe noch strittigen Punkte auf Chefverhandler-Ebene geklärt werden konnten, bestand die ÖVP Anfang Februar darauf, die Ressortverteilung zu klären. Am 4. Februar 2025 haben wir Freiheitliche einen entsprechenden Entwurf vorgelegt. Obwohl wir in den darauffolgenden Gesprächen der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sind, waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“, so Kickl in seinem Schreiben an den Bundespräsidenten.

Deshalb lege er heute, am 12. Februar 2025, den Auftrag zur Regierungsbildung zurück. Am 6. Jänner war er von Van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragt worden.

„Verhandlungen mit SPÖ nicht zielführend“ 

„Ich setze diesen Schritt nicht ohne Bedauern. Verhandlungen mit der SPÖ sehen wir jedoch nicht als zielführend an. Die Vorgespräche mit Andreas Babler haben gezeigt, dass nicht nur unsere Positionen in entscheidenden Punkten weit auseinanderliegen, sondern die SPÖ grundsätzlich eine ablehnende Position zu jedweder Zusammenarbeit mit der FPÖ einnimmt“, so Kickl weiter.

ÖVP: „An Machtrausch und Kompromisslosigkeit gescheitert“

Auch eine erste Stellungnahme der ÖVP gibt es, von Generalsekretär Alexander Pröll: „Wir haben in den letzten Wochen intensiv daran gearbeitet, eine Mitte-Rechts-Regierung für Österreich zu bilden. Diese Regierungsbildung ist am Machtrausch und der Kompromisslosigkeit von Herbert Kickl gescheitert.“

Die ÖVP habe fünf Wochen lang „konstruktiv und ehrlich verhandelt, sind dabei auch über unseren eigenen Schatten gesprungen, indem wir das Finanzministerium angeboten haben.“

Update: Statement Christian Stocker

Stocker in seiner Stellungnahme: „Wir haben uns über drei Monate bemüht, eine Regierung und eine Mehrheit zu finden. Wir wollten für Österreich eine handlungsfähige Regierung finden, die Österreich auch dringend braucht.“ Daher habe man sich den Verhandlungen mit der FPÖ nicht verschlossen, sich auf diese auch deutlich zubewegt, in vielen Bereichen „über den eigenen Schatten gesprungen“.

Schon zu Beginn habe man aber auch die Grundvoraussetzungen klargemacht, darunter ein souveränes Österreich, frei von ausländischer Einflussnahme, und ein verlässlicher Partner der EU zu sein.

Bei der Kompetenzverteilung haben man sich an früheren Koalitionsbildungen orientiert, auch an den eigenen Kompetenzen. Die FPÖ habe aber zusätzlich zum Kanzler sowohl Finanz- als auch Innenministerium gefordert – da sei für die ÖVP nicht annehmbar gewesen. Stocker verwies hier darauf, dass von ausländischen Nachrichtendiensten ein Innenministerium unter FPÖ kritisch gesehen würde. Beim Innenministerium gehe es um die Sicherheit des Landes. Auch das Wahlergebnis rechtfertige nicht den Anspruch auf die gesamte Macht.

Die Volkspartei sei weiter bereit, Verantwortung zu tragen, will sich im einberufenen Parteivorstand beraten. Nun sei aber der Bundespräsident am Wort, so Stocker.

Update: FPÖ für Neuwahlen

Die FPÖ habe Verantwortung übernommen und sich mit klaren inhaltlichen Positionen in die Verhandlungen begeben, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Er spricht von „guten und fairen Angeboten an die ÖVP“, es sei aber die Zeit gekommen, eine Entscheidung zu treffen, die Freiheitlichen hätten daher auch hier die Verantwortung übernommen und abgebrochen.

Es sei zuletzt nur noch um „Machtfragen und Postenschacher“ gegangen, es habe mehrfache Kompromiss-Angebote gegeben, im Sicherheitsbereich gebe es bei der FPÖ aber eine rote Linie.

Die FPÖ spricht sich klar für Neuwahlen aus, die Bevölkerung müsse entscheiden. Die Positionen der FPÖ blieben unverändert.

Wie Hafenecker auch ankündigte, wird Herbert Kickl um 20.15 Uhr eine Stellungnahme abgeben.

Stimmen aus Oberösterreich

Stellungnahmen aus Oberösterreich:

Stelzer (ÖVP) kritisiert Kickl

Landeshauptmann Thomas Stelzer zeigt sich auf Tips-Anfrage in einer ersten Stellungnahme „überhaupt nicht erfreut, dass es soweit gekommen ist. Die wirtschaftliche Lage in Österreich ist ernst, wir bräuchten dringend eine stabile Regierung. Wer den Regierungsbildungsauftrag bekommt, hat auch die Verantwortung, Brücken zu bauen und für ein Miteinander zu sorgen. Herbert Kickl hat nie den Eindruck erweckt, dass er an diesem Miteinander interessiert ist, sondern nur daran, die eigenen Interessen durchzusetzen. Daran ist er gescheitert, er hat es nicht zu Stande gebracht, eine Regierung zu bilden.

Wir als ÖVP sind über unseren Schatten gesprungen, haben immer gesagt, wir stellen Staatsräson über alles, haben deshalb auch die Verhandlungen mit der FPÖ ernsthaft geführt, wofür wir stark kritisiert worden sind. Wir haben aber auch immer gesagt, dass es keine Regierungsbildung um jeden Preis geben wird.“

Haimbuchner (FPÖ): „ÖVP verspielt große Chance für Österreich“

Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner und Bundesparteiobmann-Stellvertreter hatte am Mittwochvormittag, noch vor den aktuellen Entwicklungen, in einer Aussendung noch von einem „fairen Angebot der FPÖ an die ÖVP“ gesprochen. Das Regierungsangebot habe die Kernkompetenz beider Verhandlungspartner berücksichtigt.

Das Scheitern der Verhandlungen nimmt er „mit ehrlichem Bedauern zur Kenntnis. Letztlich war der Unwille auf Seiten des Verhandlungspartners, sich von alten und destruktiven Denkmustern zu lösen, einfach zu groß.“ 

Und weiter: „Unser Land, unser Volk und unsere Wirtschaft haben rasche Lösungen verdient – die FPÖ hätte diese gehabt. Leider hat man sich seitens der ÖVP darauf verständigt, die eigenen Parteiinteressen vor die Interessen der Bevölkerung zu stellen – das ist bedauerlich, war aber in Teilen schon während den Verhandlungsrunden absehbar.“ Auch Haimbuchner drängt drängt auf rasche Neuwahlen, „um die Bürger auch über das Verhalten der Parteien in den letzten Monaten abstimmen zu lassen“.

Kaineder (Grüne): „Chance auf eine stabile Regierung“

„Herbert Kickl ist mit seinem europafeindlichen Regierungsprojekt gescheitert – und das ist eine gute Nachricht für Österreich. Jetzt gibt es wieder die Chance, eine stabile Regierung zu formen“, kommentiert der Grüne Landessprecher Stefan Kaineder in einer Aussendung. Die Grünen seien bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Eypeltauer (NEOS): „Bereit für neue Gespräche“

Die Chance auf eine „echte Reformregierung“ wachse wieder, so NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer in einer Aussendung. „Die Stimmungslage ist heute eine andere als zu Beginn des Jahres. Daher haben wir NEOS in den letzten Tagen schon mehrfach unsere Bereitschaft zu neuen Gesprächen für eine pro-europäische und reformorientierte Regierungsmehrheit erklärt. Zu allen Möglichkeiten sind NEOS offen für konstruktive Gespräche.“

MFG: „Trauerspiel der Machtversessenheit“

„Jetzt passiert genau das, was keiner will: Fingerzeigen, Schuldzuweisungen, Stillstand. Offenbar ist niemand in der Lage, ein konstruktives Arbeitsklima für Österreich zu schaffen. Politik sollte dem Land dienen – nicht dem Macht-erhalt einzelner Parteien. Doch was zählt, sind anscheinend nicht Lösungen für die Bürger, sondern interne Machtspielchen“, so Joachim Aigner, MFG-Österreich Bundesparteiobmann in einem schriftlichen Statement. „Wer Verantwortung übernehmen will, muss endlich Ergebnisse liefern, anstatt nur an den eigenen Vorteil zu denken“, so auch Manuel Krautgartner, MFG-OÖ Klubobmann.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden