Bambi sorgt in St. Thomas für Streitigkeiten
ST. THOMAS AM BLASENSTEIN. Seit einem Jahr zieht Barbara Loisl gemeinsam mit ihren zwei Kindern in St. Thomas am Blasenstein ein verwaistes Rehkitz auf. Doch aufgrund eines Streits zwischen Hausbesitzer und Mieter könnte die Beziehung zwischen Mensch und Tier bald Geschichte sein. Meinungsverschiedenheiten und Schuldzuweisungen gehen dem Streit voraus.
„Die Mutter das Rehkitz ist im Mai letzten Jahres beim Mähen getötet worden. Seither pflegen wir das Tier. Meine Kinder und ich haben eine sehr tiefe Bindung zu dem Rehlein, weil es auch kein Leichtes war, das Tier überhaupt durchzubringen. Immerhin kam es bereits einen Tag nach seiner Geburt zu uns“, so die Ziehmama. Auch wenn das Reh mittlerweile in den Wäldern von St. Thomas unterwegs ist, so kommt es doch täglich zur Fütterung und für Streicheleinheiten zur Familie Loisl ins Haus zurück.
Ärger mit Hausbesitzer
Doch das Haus, in dem die Familie wohnt, wurde verkauft. Sie haben aber weiterhin ein Wohn- und Benützungsrecht bis August 2023. „Der neue Besitzer will nun erreichen, dass wir freiwillig früher gehen und ausziehen. Daher hat er jetzt einen zwei Meter hohen Holzzaun quer durch unseren Garten gebaut, dass wir selbst das Grüne nicht mehr betreten können. Ich habe ihn eindringlichst ersucht und gebeten, dass er wenigstens einen Spalt offen lässt, damit das Rehlein weiterhin zum Haus kann, das ist ihm aber egal. Das zerreißt mir mein Herz“, so Loisl verzweifelt. Weiter sagt sie: „Nun versucht das Reh unter dem Zaun durchzukommen, sodass der Rücken jetzt schon komplett verletzt ist. Zusätzlich bin ich auch in der Nacht immer wachsam, ob ich das Reh irgendwo höre, nicht das es unter dem Zaun stecken bleibt. Und wenn es dann ins Haus gekommen ist, kann es nur mehr schwer raus. Es ist ein Fluchttier und wenn es Panik bekommt, dann weiß er nicht wohin.“ Die Mieterin kritisiert auch die installierte Videoüberwachung. Die Situation auf den Rechtsweg zu klären, wäre möglich aber das dauert: „Gerichtsbeschlüsse ziehen sich ja immer in die Länge. Unser Rehlein kann aber nicht so lange warten“, betont Loisl.
Reh als Opfer eines vorangegangenen Streits
„In Wahrheit geht es um die Gartennützung. Das Reh wird jetzt lediglich vorgespannt bei einer Thematik, bei der es im Hintergrund um ganz etwas Anderes geht“, betont der Hausbesitzer in seinen ersten Worten im Tips-Telefonat. „Ich mag Tiere, ich bin seit 30 Jahren Biobauer. Tierschutz ist mir ein großes Anliegen und es finde es voll lässig, dass das Reh kommt. Und das Tier kommt auch beim Sichtschutz durch“, wie er festhalten möchte. Laut ihm wird seit vier Monaten um eine Lösung verhandelt. „Meine Lösung wäre grundsätzlich gewesen, dass die Bewohner ein Jahr früher das Haus verlassen und dafür in diesem Jahr den Garten komplett für sich alleine nutzen können. Eine weitere Idee war, dass ich für das Reh einen 1,50 Meter breiten Spalt im Zaun lasse. Frau Loisl wollte aber unbedingt 2,50 Meter“, wie der Biobauer sagt. Und auch die kritisierte Videoüberwachung von Barbara Loisl finden eine Begründung: „Ich lebe in Salzburg und pendle daher zwischen meinem Heimatort und dem Mühlviertel. Ich habe dort viele wertvolle Landmaschinen stehen und die sind unbeobachtet, wenn ich nicht vor Ort bin. Daher wurde Kameras installiert. Doch sie sind datenschutzrechtlich natürlich so ausgelegt, dass sie weg vom Gebäude scheinen. Auch wichtig zu erwähnen ist, dass der zweite Mieter bereits lange Zeit vor mir Kameras installiert hat. Er sagt zwar, es sind Dummys, doch es sind auch echte Kameras darunter. Da oben braucht sich also niemand über den Datenschutz zu beschweren!“
„Aneignung des Wildtieres“
Laut dem Hausbesitzer war der Sichtschutz wirklich das „worst-case-Szenario“. „Der Zaun wäre überhaupt nicht gekommen. Doch wegen des Gartenstreites wurden Rechtsanwälte eingesetzt und die beiden Mieter wollten die Verträge von ihren eigenen Rechtsanwälten nicht unterschreiben. Wie man sieht, ist die Zusammenarbeit mehr als schwierig. Ich bin wirklich ein lösungsorientierter Mensch, der mit Respekt anderen gegenübertritt. Und ich hätte die nächsten Jahre wirklich gerne im guten Einkommen miteinander verbracht. Immerhin waren wir zu Anfang auch alle befreundet. Aber mich nun als Tierhasser hinzustellen und Unwahrheiten zu verbreiten, das geht gar nicht. Denn mir liegt der Tierschutz am Herzen, genauso wie ein respektvoller Umgang mit den Wildtieren“, so der Salzburger im Gespräch. Laut ihm ist der Rehbock auch kastriert und mit einem Halsband bestückt: „Vom Gesetz her ist das a Aneignen von Wildtieren verboten, genauso wie eine Kastration. Und auch das Halsband ist gefährlich. Immerhin könnte das Tier wo hängen bleiben. Ich finde es wirklich eine tolle Aktion, dass man sich um das Rehkitz annimmt und es aufzieht, wenn die Mutter gestorben ist. Aber sich das Tier so anzueignen geht nicht!“
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