Von Angestellter zur Chefin: Nach Schließung öffnet Buchhandlung neu

Eigentlich ist Renate Wagner schon in Pension und könnte die warmen Sommertage von der Hängematte aus genießen. Die 63-jährige Literaturliebhaberin aus Ried in der Riedmark, die mehr als 40 Jahre Erfahrung im Buchhandel hat, konnte sich jedoch schon bei ihrem Pensionsantritt vor drei Jahren einen Alltag ohne Buchverkauf und Kundenkontakt nicht vorstellen und beschloss weiterzuarbeiten.

Filialleiterin bis Mitte Mai

Dies tat sie mit viel Engagement und Liebe zu ihrem Beruf in der Buchhandlung „Meritas by Melanie Hofinger“ im Donaupark Mauthausen, wo sie zuletzt sogar als Filialleiterin angestellt war. Bis Mitte Mai des heurigen Jahres. Denn aufgrund der Insolvenz der Meritas-Gruppe musste auch die Filiale in Mauthausen zusperren.

„Es flossen damals bei mir, meinen Kolleginnen und Kollegen und vielen Kunden Tränen. Jeder, der hier arbeitete, lebte für seinen Beruf und auch zu den vielen Stammkunden entstanden über die Jahre hinweg enge Bindungen“, sagt die Riederin.

Wundersame Wendung

Und dann geschah so etwas wie ein Wunder. Am letzten Tag, als die Buchhandlung geöffnet hatte, betrat ein literaturaffiner Unternehmer, der Stammkunde der Mauthausener Buchhandlung war, das Geschäft und machte Renate Wagner einen Vorschlag. Dieser sollte ihre unfreiwilligen Pläne, nun doch „Vollzeit-Pensionistin“ zu werden, komplett über den Haufen werfen. Jener Investor, der in der Öffentlichkeit nicht genannt werden möchte, bot an, die finanziellen Mittel zur Weiterführung des Geschäftes zur Verfügung zu stellen, wenn Renate Wagner als Geschäftsführerin fungieren würde.

„Es fühlte sich richtig an“

„Ich war anfangs völlig überfordert mit dieser plötzlichen Wendung. Gleichzeitig wusste ich von der ersten Sekunde an: Es fühlt sich richtig an und solche Fügungen ereignen sich nicht zufällig im Leben.“ Nach intensiven Beratungsgesprächen mit ihrem ehemaligen Chef und Mentor Walter Neugebauer, der sie aufgrund ihres Branchen-Fachwissens und ihrer Kompetenz klar ermutigte, diesen Weg zu beschreiten, sagte die Riederin schließlich „Ja“.

Von diesem Zeitpunkt an setzte sie alles in Bewegung, um Anfang Juli wieder aufsperren zu können. „Mir war wichtig, dass zwischen Schließung und Wiedereröffnung nicht zu viel Zeit verstreicht und daher habe ich mir dieses ambitionierte Ziel gesetzt.“ Eines muss man Renate Wagner lassen: Was sie sich in den Kopf setzt, das schafft sie auch. Denn genau am 1. Juli konnte sie die Glastür ihres Geschäftes, das nun schlicht „Buchhandlung im Donaupark“ heißt, wieder aufsperren. Auch an diesem Tag floss wieder das eine oder andere Tränchen. „Aber nun waren es Freudentränen“, erinnert sie sich.

Kernkompetenz: Beratung

Mit ihrem aus drei Mitarbeiterinnen bestehenden Team will sich die Buchhändlerin auf das konzentrieren, was die Kernkompetenz des stationären Buchhandels ist: die Beratung der Kundinnen und Kunden.

„Die Seele jeder guten Buchhandlung sind Menschen, die Bücher lieben. Genau solche Menschen arbeiten hier. Darauf bin ich stolz und daher fürchte ich auch nicht die Konkurrenz des Onlinehandels“, sagt Wagner, die das Sortiment etwas verkleinert, aber auch übersichtlicher gemacht hat.

So gibt es etwa bei Dekoartikeln deutlich weniger, dafür aber hochwertige Produkte. Neu ist eine kleine Auswahl an Spielen für Kinder. Auch Taufkerzen wird es wieder geben.

Lesungen in Buchhandlung

Ein Herzensthema sind für Wagner Kinderbücher. Jeden 1. Mittwoch im Monat bietet sie nachmittags (wie schon zu Meritas-Zeiten) eine kostenlose Kinderbuch-Lesung an.

Generell will die Buchhändlerin ihr Geschäft als Location für Lesungen und Literaturabende anbieten: „Jeder, der von Büchern ebenso begeistert ist wie ich, soll sich hierher eingeladen, zuhause und willkommen fühlen.“

Bereits am 14. August haben Krimifans die Gelegenheit, eine Autorin aus der Region in der „Buchhandlung im Donaupark“ persönlich kennenzulernen. Schriftstellerin Eva Reichl aus Ried in der Riedmark präsentiert um 17 Uhr ihr neues Buch „Mühlviertler Leichenschmaus“.