Keine Arbeit – kein Geld fürs Essen: In den Entwicklungsländern verschärfen sich Hunger und Armut
PUTZLEINSDORF/BEZIRK ROHRBACH. Covid-19 hat die ganze Welt in Griff. Aber ungleich schwerer als hierzulande, wo wir auf ein starkes Gesundheitssystem vertrauen dürfen, ist die Situation für die Menschen in den ärmeren Entwicklungsländern. Severin Falkinger kann aus erster Hand davon berichten.
Der gebürtige Putzleinsdorfer lebt seit Anfang November 2019 in Malawi – ein Land im Südosten Afrikas, in das er sich während seines Volontariats verliebt hatte. Er arbeitet für ein erfolgreiches Tourismusunternehmen, das Safaris anbietet, und wohnt mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem eher ärmeren Viertel der Stadt Lilongwe, der Hauptstadt Malawis. Das Land mit seinen 18 Millionen Einwohnern ist das fünftärmste der Welt, Tourismus eine sehr große Hoffnungsbranche. „Deshalb hat der Ausbruch von Covid-19 das Land sehr stark getroffen – noch lange bevor hier im Süden Afrikas der erste Fall offiziell geworden ist. In vielen Tourismusunternehmen sind innerhalb von zwei Wochen sämtliche Einnahmen weggebrochen und viele Mitarbeiter wurden entlassen“, berichtet Severin Falkinger.
Nichts zum Leben
Die malawische Regierung hat den Katastrophenzustand ausgerufen und den Lockdown angekündigt, allerdings keine Maßnahmen präsentiert, wie die Menschen während dieser Zeit unterstützt werden sollen. Eine Menschenrechtsorganisation konnte eine Verschiebung um eine Woche bewirken. „Viele hier haben nicht genügend Ersparnisse, um drei Wochen ohne Einkommen überleben zu können“, zeigt der Mühlviertler auf. Bereits seit Anfang März sind die Schulen geschlossen, Veranstaltungen untersagt und es wurden strenge Kontrollen am Flughafen eingeführt. „Die Leute werden aufgefordert daheim zu bleiben und wenn möglich zu Hause zu arbeiten – Homeoffice ist allerdings hier für kaum jemand möglich.“ Zum einen, weil es in Malawi wenige Berufe gibt, bei denen das möglich ist; zum anderen, weil es an Elektrizität und Internetanschlüssen in den Häusern mangelt. „Es gibt hier nach wie vor beinahe täglich stundenlange Stromausfälle“, sagt Severin Falkinger.
Viele Leute hätten gar keine andere Wahl, als ihr Leben einfach weiterzuleben: „Für die vielen Verkäufer auf den Straßenmärkten zum Beispiel ist das bisschen, das sie jeden Tag verkaufen, die einzige Einnahme. Eine längere Zeit zu Hause würde für sie bedeuten, dass sie nichts zum Leben haben. Denn es gibt in Malawi kaum Sozialversicherung und kaum staatliche Subventionen. Die Stimmungslage hier in Lilongwe ist eine Mischung aus Angst vor der Zukunft, nicht ernst nehmen und keine andere Wahl haben. Besonders beängstigend ist, dass auch reiche Länder große Probleme bei der Bewältigung der Krise haben.“
Gesundheitssystem ist überfordert
Die Angst, dass das Gesundheitssystem rasch überfordert sein wird, ist groß. „Viele Weiße haben Malawi einfach unkoordiniert verlassen. Zum Beispiel in einem der besten Krankenhäuser der Stadt haben 19 Ärzte aus dem Ausland gearbeitet. Bevor es hier den ersten Fall gab, waren nur noch vier da. Das Krankenhaus war also bereits vor Ausbruch von Covid-19 an seine Grenzen gelangt.“ Falkinger ist überzeugt, dass die nächsten Wochen und Monate aber auch sozial, ökonomisch und politisch eine große Herausforderung für viele Familien werden. „Bestehende Probleme wie Hunger, Armut, Korruption sind ja nicht weg, sondern verschärfen sich in dieser Situation.“
Ihm selbst geben seine Familie und der regelmäßige Kontakt mit seinen Eltern, Geschwistern und Freunden im Mühlviertel Kraft. „Mit einer großen Portion Optimismus, Gottvertrauen und viel Vorsicht bin ich zuversichtlich und hoffe, dass in einigen Monaten alles wieder zur Normalität zurückkehren kann, in Malawi und in Österreich.“
Strikte Maßnahmen mit schlimmen Folgen
Wie die Situation in Uganda ausschaut, weiß Elisabeth Leitner aus Altenfelden, Obfrau des Hilfsvereins Nurturing Uganda. Hier hat die Regierung die sehr strikten Maßnahmen um weitere 21 Tage verlängert. Quarantäne, die Einstellung des öffentlichen Lebens, Schließung aller nicht lebensnotwendigen Geschäfte und Unternehmen zum Schutz vor Covid-19 haben allerdings verheerende Folgen, wie Leitner weiß: „Die überwiegende Mehrheit der Menschen in Uganda hat kein regelmäßiges Gehalt oder Erspartes. Nicht arbeiten zu können, bedeutet kein Einkommen. Kein Geld zum Essen. Kein Geld für die Krankenhausrechnung. Jeglicher Verkehr ist eingestellt, deshalb gibt es meist auch keine Möglichkeit, das Krankenhaus zu erreichen. Frauen sterben deshalb vermehrt bei der Geburt oder Kinder an Krankheiten“, schildert sie die Situation. Die Preise für Grundnahrungsmittel hätten sich teilweise verdreifacht, Plünderungen haben zugenommen. Nurturing Uganda hilft mit Lebensmittelpaketen, für die die Menschen unglaublich dankbar sind. „Viele Eltern hungern, damit zumindest die Kinder eine Mahlzeit pro Tag bekommen“, berichtet die Altenfeldnerin.
Arme leiden besonders
Hungersnot, weil nicht gearbeitet werden kann und deshalb Geld für Essen fehlt, herrscht auch bei den Ärmsten in Unawatuna in Sri Lanka, berichtet Margit Wengler aus St. Martin. Mit ihrem Osterverkauf unterstützt die „Häuslbauerin auf Sri Lanka“ ihre Schützlinge, damit sich diese zumindest Gemüse kaufen können. „Die Menschen dürfen alle vier Tage von 6 bis 16 Uhr Einkäufe erledigen, die restliche Zeit gilt ein strenges Ausgehverbot. Zu diesen Zeiten wird auch Gemüse verkauft, das vom Militär von den Bauern aus dem Hochland geholt wird“, erzählt Wengler. Vom Staat gibt es eine kleine Unterstützung für die Armen sowie Personen, die in staatlichen Fabriken gearbeitet haben. Außerdem wurde Samen für Gemüse an Tempelanlagen und andere große Anlagen verteilt, damit das Grundnahrungsmittel gesichert ist.
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