„Einen Lehrling kriege ich nur, wenn ich für ihn als Firma interessant bin“
RIED. Klaus Jagereder, Leiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Ried, gibt im Interview einen Einblick in die aktuelle Arbeitsmarktlage im Bezirk Ried und zeigt auf, welche Maßnahmen seitens des AMS gesetzt werden, um für die Herausforderungen in Zukunft gerüstet zu sein.
Tips: Wie viele Personen sind im Bezirk Ried arbeitsuchend beim AMS gemeldet?
Klaus Jagereder: 2019 waren es durchschnittlich 1.000 Personen. Aufgrund der saisonalen Arbeitslosmeldungen sind es derzeit 1.600.
Tips: Wie viele sind in Schulungsmaßnahmen?
Klaus Jagereder: Etwas über 400 sind zusätzlich in Schulungsangeboten des AMS.
Tips: Wie sieht es mit der Arbeitslosenquote generell aus?
Klaus Jagereder: Mit 4 Prozent liegen wir im Bezirk Ried deutlich unter dem Oberösterreichdurchschnitt, der im Jahr 2019 4,8 Prozent betrug. Österreichweit waren es 7,4 Prozent. Generell ist die Arbeitslosenquote in den kleineren Regionen niedrig, die Ausnahme bleibt der Zentralraum.
Tips: Wie viele ausgeschriebene Arbeitsstellen gibt es derzeit im Bezirk Ried?
Klaus Jagereder: 2019 waren gleich viele Stellen ausgeschrieben, wie Jobsuchende vorgemerkt waren.
Tips: Und wie sieht es mit den offenen Lehrstellen aus?
Klaus Jagereder: Im Bezirk gibt es mehr Lehrstellenangebote als Jugendliche, die sich beim AMS für eine Lehrstelle vormerken lassen.
Tips: Welche Maßnahmen setzt das Arbeitsmarktservice, um die offenen Lehrstellen im Bezirk Ried zu besetzen?
Klaus Jagereder: Wir können nur informieren und alle Möglichkeiten aufzeigen, die es gibt. Einen Lehrling kriege ich nur, wenn ich für ihn als Firma inter-essant bin. Es nützt also nichts, wenn ich eine Lehrstelle melde, sondern ich muss auf mich als Firma aufmerksam machen.
Tips: Was können Firmen tun, um die offenen Stellen zu besetzen, beziehungsweise dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Klaus Jagereder: Wir haben im Bezirk Ried 26.000 unselbstständig Beschäftigte. Das AMS Ried hat 4.800 Stellen besetzt. Da frage ich mich, wo ist hier der Fachkräftemangel. Es gibt allerdings Arbeitskräfte, die zu den Rahmenbedingungen, die geboten werden, nicht arbeiten gehen können, weil sie sich das finanziell nicht leisten können. Da brauche ich nur das Beispiel einer alleinerziehenden Mutter nehmen, die Miete zahlen muss, vielleicht noch ein Auto braucht, um zur Arbeit zu kommen und dann noch für die Kinderbetreuung aufkommen muss. Das geht sich bei einem Einkommen von durchschnittlich 1.350 Euro nicht aus. Ich sage immer, der teuerste Mitarbeiter ist der, den ich nicht habe. Hier müsste man ansetzen.
Tips: Was halten Sie vom Modell Lehre mit Matura und duale Ausbildung?
Klaus Jagereder: Wir brauchen unterschiedliche Zugänge. Die Anforderungen in den Berufsschulen sind in den unterschiedlichen Berufssparten deutlich gestiegen. Ich finde es sehr gut, dass es nach der AHS (Allgemein bildende höhere Schule) die Möglichkeit der verkürzten Lehre als zweiten Ausbildungsweg gibt. Das macht durchaus Sinn. Den jungen Leuten stehen alle Wege offen. Was die duale Ausbildung angeht, um dieses Ausbildungsmodell beneidet uns ganz Europa. Die Lehre hat an Bedeutung gewonnen, hier haben wir den Turnaround geschafft.
Tips: Welche Maßnahmen setzt das AMS, um länger arbeitslos gemeldete Personen mit einem entsprechenden Förderangebot zu unterstützen?
Klaus Jagereder: Bei längerer Arbeitslosigkeit oder Problemen bei der Jobsuche darf ein Arbeitsversuch an der Finanzierung nicht scheitern. Es kommt immer auf den individuellen Fall an. Überall wo es gelingt, dass jemand etwas Neues ausprobieren kann, werden die Lohn- und Lohnnebenkosten finanziert. 50 Prozent schaffen es, dass sie weiterbeschäftigt werden.
Tips: Stichwort „Psychische Gesundheit“ – sind eher jüngere oder ältere Arbeitnehmer von Überforderung im Job betroffen?
Klaus Jagereder: Das ist völlig unabhängig vom Alter. Der Druck steigt in allen Bereichen. Wenn ich schon beim Lernen Schwierigkeiten habe, kann ich den Anforderungen am Ausbildungsplatz beziehungsweise im Job nicht gerecht werden. Der Druck steigt und damit auch die psychischen Probleme.
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