„Du kannst als Selbstparodie enden oder es richtig machen!“
RIED / LAMBRECHTEN / TUMELTSHAM / KIRCHHEIM. Nach einer Pause, die nicht nur durch Corona bedingt war, haben die innviertler Rocker „Junger“ große Pläne für die Zukunft. Neue Songs, neuer Drummer, neuer Sound – und endlich eine Plattenfirma, endlich ein Veröffentlichungstermin für das erste Album.
Vorbei ist der Ausflug in chansonartige Gefilde, der viele Vergleiche mit Element of Crime hervorrief und ein fertiges, aber bis auf drei Songs unveröffentlichtes Album hinterließ. Die neuen Junger spielen Hard Rock. Welche Vergleiche (außer denen zur Vorgängerband Revolve) das hervorruft, wird sich zeigen; auf den Vorschlag „irgendwas zwischen Tocotronic und Rammstein“ reagierte die Band höchst amüsiert.
Vergangenheit bewältigt
Verleugnen wollen sie diese Phase nicht, sagt Sänger Hans Peter Junger: „Diese Geschichte hat uns etwas gebracht, sie hat unseren Horizont erweitert. Man spürt harten Rock anders, wenn man auch etwas anderes gemacht hat.“
Gitarrist Albert Radlinger beschreibt die Veränderung: „Der neue Sound ist komplexer, nicht so trocken wie bei Revolve. Wir spielen jetzt oft mit zwei verschiedenen Gitarrenlinien, das macht es für mich interessant.“
Bassist Andreas Mitterbuchner meint trocken: „Die Songs erinnern etwas an Revolve, weil sie Eier haben.“
Ihren ersten, sehr gelungenen Auftritt spielten Junger beim Free Tree Open Air. Am 2. Oktober treten sie im „Rohbau“ in Mehrnbach auf.
Zwangspause und Neustart
Wie alle anderen Musiker wurden auch Junger von Corona kalt erwischt. Die Band nutzte das folgende Jahr zur Neuorientierung. Sänger Hans Peter Junger vergrub sich im „Walfischbauch“ (ein band-interner Begriff für kreative Rückzugsorte) und arbeitete in seinem Studio an neuen Songs; alle zusammen erstellten eine Strategie für ihre Zukunft und nahmen ein neues Album auf.
Albert Radlinger: „Du kannst als Selbstparodie enden oder es richtig machen.“ Junger wollen es nach mehr als 25 Jahren in verschiedenen Bands richtig machen. Das ging nicht ganz friktionsfrei über die Bühne – zu Jahresbeginn stand die Band ohne Drummer da.
Ersatz war aber bald gefunden. Der Neue am Schlagzeug ist Florian Duft, knapp zehn Jahre jünger als der Rest von Junger und vorher unter anderem bei Tough Motion und Mono Dual 721 aktiv. Mit ihm kam wieder eine gewisse Lockerheit und Leichtigkeit in die Band. Hans Peter Junger: „Wir neigen zum Grübeln, waren zu verkopft. Flo sagt einfach: „Man kann es auch zerdenken“ und holt uns damit auf den Boden zurück.“
Im Jänner nahmen Junger im „Werk“ in Wien auf eigene Kosten das Video zu „Kein Land in Sicht“ auf. Regie führte Jakob Pitzer, der auch als Bildregisseur für Opernübertragungen auf ORF III verantwortlich ist. Einen Gastauftritt hat der aus Ried stammende Gitarrist PJ D'Atri (Philipp Roithinger) – allerdings nicht als Gitarrist.
Motor Music
Im Frühjahr hatte die Band ein fertiges Album und ein Video. Was fehlte, waren eine Agentur und eine Plattenfirma.
Daher verschickten Junger ein Promopaket mit dem Album und Video an mehrere Agenturen und Labels in Österreich und Deutschland, wobei sie laut Albert Radlinger noch flapsig meinten: „Motor wäre ideal.“ Motor Music ist eines der bekanntesten und renommiertesten Labels in Deutschland. Auf dem 1994 von Tim Renner gegründeten Llabel veröffentlichten unter anderem Rammstein, Element of Crime, Westernhagen, Selig, Phillip Boa und viele andere.
Schon wenige Tage später erhielten sie eine Antwort – von Motor Music.
Label-Chef Christian Göbel schrieb ihnen: „Wir glauben, dass Junger bei Motor gut aufgehoben sind.“
Er sehe die Band „weniger als Indie-Band, eher als alternative Rock“, berichten die Musiker von den zwei Tagen in Berlin, bei denen man sich über den Vertrag einigte. Ihr harter Rock mit deutschen Texten sei laut Göbel ein Alleinstellungsmerkmal, Junger seien „die anderen Österreicher“.
Pluspunkte sammelten Junger, weil sie eine gewachsene Band sind und „kein Zahnarzt, der noch was machen will“. Kommentar Andi Mitterbuchner: „Unser Debütalbum ist gleichzeitig ein Alterswerk.“
Arbeit über Arbeit
Mit „Another Dimension“ wurde auch eine Promo-Agentur gefunden – auch dieser Partner ist kein Niemand in der Branche und arbeitete unter anderem für AC/DC, Die Toten Hosen, Einstürzende Neubauten, Joe Bonamassa, Konstantin Wecker und viele andere.
Albert Radlinger: „Es gibt Arbeit über Arbeit. Das Label gibt Vorgaben, die man erfüllen muss. Der Plan ist kein kurzfristiger Hype, sondern ein mittel- und langfristiger Aufbau.“
Das (schon fertige) Album soll am 11. Jänner erscheinen, vorher werden drei Singles veröffentlicht. „Kein Land in Sicht“ war am 11. August die erste.
Eine erste eigene Tour ist frühestens für Herbst 2022 geplant, davor soll es nur einzelne Auftritte und TV-Auftritte und eventuell eine Tour im Vorprogramm einer größeren Band geben.
SV Ried
In Ried werden Junger demnächst öfter zu hören sein: Ihr Song „Wer, wenn nicht wir“ mit den Textzeilen „Mach dich bereit, denn wir erfüllen eine Vision / wir sind die Helden unserer eigenen Vision“ ist die neue Einlaufmusik bei den Heimspielen der SV Ried.
Als langjährige Fans und Stadionbesucher hatten die Musiker vor etwa einem Jahr die Idee, der SVR ein musikalisches Präsent zu übergeben. Bei Mannschaftskapitän Marcel Ziegl und Torhüter Sami Sahin-Radlinger (der Neffe von Gitarrist Albert Radlinger) rannten sie damit offene Türen ein. Wegen der Geisterspiele in der vergangenen Saison wurde die Premiere auf die neue Spielzeit verschoben.
Videos
Kein Land in Sicht (erste Single, offizielles Video, Regie: Jakob Pitzer)
Kein Land in Sicht (Video von Johannes Aigner mit Eindrücken vom Free Tree Festival 2021)
Live beim Free Tree Open Air, 6. August 2021, Taiskirchen/Kainzing:
Ich würd' ja (live)
Kein Land in Sicht (live)
Es liegt nicht nur an mir / Fan von dir (live)
Zähl mit mir bis unendlich (live)
Spiel für mich (live)
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