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Jagdberichte als Vorreiter späterer gesellschaftlicher Freiheiten

Walter Horn, 30.11.2021 19:50

RIED. Nach seinem Erfolgsbuch „Eine Luftmatratze muss her. Dorfwirtschaftswunder 1950“ legt der ehemalige Lehrer, Journalist und PR-Berater Wolfgang Marschall jetzt mit „Die Zeitung war der Oberjäger. Blatt und Schuss 1848“ nach.

Wolfgang Marschall mit seinem neuen Buch. (Foto: privat)
Wolfgang Marschall mit seinem neuen Buch. (Foto: privat)

Für diese „Zeitungspirsch in gesellschaftlichen Aufbruchszeiten“, so der Untertitel des Buches, das über die Rieder Buchhandlungen Dim, Bücherwurm und Thalia sowie im Shop des Oö. Jagdverbandes (www.ooeljv.at) erhältlich ist, hat Marschall vier oberösterreichische Wochenzeitungen von 1848 bis 1900 nach Jagdlichem durchforstet.

Er fand aber deutlich mehr als nur Berichte über Erfolge und Mißerfolge bei der Jagd, die er in vielen Zitaten und Beispielen dokumentiert.

Umfangreiche Berichte

Die Lokalpresse widmete der Jagd viel Platz und berichtete und kommentierte buchstäblich alles um das Jagdgeschehen: von Jagdergebnissen und -erlebnissen über Hege und Pflege, Einhaltung der Schonzeiten und schonungsloser Kritik an der Wilderei bis zu ersten Ansätzen zum Naturschutz. Tiere wurde nicht mehr als laufende Zielscheiben angesehen, sondern erstmals als eigene Lebewesen beschrieben.

Die Schreiber der bürgerlichen Zeitungen setzten sich für ein neues weidgerechtes Jagen im aufgeklärten Zeitgeist ein und verstanden sich durchaus als Oberjäger oder Jagdpolizei. Dementsprechend informierten, instruierten und tadelten sie die Jäger, die ihre Artikel aufmerksam lasen. 

Freiheit und Gleichheit

Hinter diesem Engagement für die Jagd steckte aber noch mehr: Während die Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch in krassen Standesunterschieden erstarrt war, gab es bei der Jagd und beim anschließenden gemütlichen Zusammensitzen im Wirtshaus erste Ansätze zur Gleichberechtigung zwischen Adeligen, Bürgern und Bauern.

Für die Zeitungsmacher war das eine Chance, unbemerkt von der allgegenwärtigen Zensur Freiheit, Gleichheit und aufgeklärtes Denken zwischen den Zeilen zu lancieren. Ihr in Zwischentönen geübtes Publikum verstand die Botschaft. Marschall sieht diese Jagdberichte und das Jagdwesen dieser Zeit als Hoffnungsträger für Bürgertum und freie Presse.

Stilblüten

Aus heutiger Sicht ist der Schreibstil oft gewöhnungsbedürftig. Ein Artikel der „Jagd- und Fischerei-Zeitung“, der 1882 unter dem Titel „Warnung für Wilderer“ beschrieb, wie ein Wilderer, ein „baumstarker Kerl, äußerst verwegen“, vom Graf Arco‘schen Revierjäger und zwei Gendarmen gefasst und dabei angeschossen wurde, dürfte aber auch damals aufgefallen sein. Der Korrespondent beendete den Bericht mit einem verwegenen Gedanken: „Seine im Hintern steckenden 22 Schrotte sind aber so tief eingedrungen, daß, wollte man sie herausschneiden, man die schönsten Koteletten bekäme, da, wie schon erwähnt, dieser Wilderer ein robuster starker Mensch ist.“

Blick nach Wien

Die Hauptstadt Wien war nicht wirklich beliebt. Das Buch schließt mit einem beinahe hämischen Bericht über die erste Jagd im Groß-Wiener Gemeindegebiet 1894, an der etwa 200 Schützen teilnahmen. Der Zeitung berichtete lakonisch: „Abgegebene Schüsse: 2000. Geschossene Hasen: 20. Todte Hunde: 2. Ein schwerverwundeter Jagdleiter. Angeschossene Treiber: 2. Weidmanns Heil!“.


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