Corona: „Die Gefahr ist da und wird uns begleiten“
RIED. Tips sprach mit der Rieder Gemeindeärztin Anneliese Seifried über die Auswirkungen von Corona auf die Arbeit der Ärzte und mögliche Entwicklungen im Herbst.
Tips: Was hat sich für Patienten und Ärzte durch Corona geändert?
Seifried: Das Wichtigste für die Patienten ist, das für Besuche in der Ordination jetzt Termine vergeben werden. Das war auch für uns eine Umstellung. Ich schaue, dass möglichst wenig Leute gleichzeitig im Wartezimmer sind und verteile die Wartenden auf andere freie Zimmer. Wir fragen auch gleich am Telefon, ob die Leute Anzeichen von Corona verspüren. Wenn ja, kümmern wir uns darum, dass sie gar nicht erst in die Praxis kommen. Das ist sehr zeitaufwändig, aber wichtig. In der Praxis sind viele Kranke mit einer geschwächten Abwehr – das muss man immer im Hinterkopf haben.
Tips: Haben sie erlebt, dass Patienten aus Angst vor Corona nicht zum Arzt gegangen sind?
Seifried: Eigentlich nicht, aber da kann ich nur für meine Ordination sprechen. Es wird viel am Telefon besprochen, und wenn ich gesagt habe, dass die Leute kommen sollen, sind sie auch gekommen. Termine, die man verschieben konnte, haben wir verschoben, aber alles, was wichtig war, wurde auch gemacht. Mittlerweile läuft es wieder normal. Insgesamt hat alles sehr gut funktioniert, die Nummer 1450 und die Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz haben sich bewährt.
Zweite Welle
Tips: Glauben Sie, dass wir eine zweite Welle bekommen oder dass wir es halbwegs unter Kontrolle halten können?
Seifried: Wir sind im Nachhinein sicher gescheiter. Aber wenn die Leute Abstand halten, den Mund-Nasen-Schutz tragen, Menschenansammlungen vermeiden, bei Auslandsreisen darauf achten, wo man hinfährt und Symptome beachten, dann können wir es sicher beherrschen.
Tips: Wird es ein großes Problem, wenn im Herbst die normale Grippe dazukommt?
Seifried: Ich hoffe nicht. Aber wir hatten im Herbst oft das Wartezimmer voll, und es wurde geniest und geschnupft. Heuer könnte es spannend werden, weil die Symptome einer normalen Grippe und einer Covid-19-Erkrankung schwer zu unterscheiden sind. Die Gefahr ist da und wird uns begleiten. Aber wenn wir die Maßnahmen einhalten, können wir es meistern.
Tips: Was ist für Sie die wirkungsvollste Maßnahme gegen das Virus?
Seifried: Alles zusammen: Masken tragen, Abstand halten, Menschenansammlungen vermeiden. Wenn man das bedenkt und allgemein besser aufpasst, kann man sich mit Maß und Ziel frei bewegen.
Impfstoff
Tips: Wie stehen die Chancen auf ein Medikament oder einen Impfstoff? Was wird es eher geben?
Seifried: Das können selbst Spezialisten schwer beurteilen. Wenn es nur eines gibt, wäre mir ein Impfstoff schon lieber. Mit einigen Medikamenten kann man aber schon jetzt viel beim Verlauf abschwächen.
Tips: Wenn es einen Impfstoff gibt: Wie würde eine Massenimpfung ablaufen? Glauben Sie, dass es ein Kapazitätsproblem geben könnte?
Seifried: Es werden die Apotheken beliefert und dann erfolgt die Impfung bei den Ärzten – jeder impft seine Patienten. Ich glaube allerdings nicht, dass sich wirklich alle Leute impfen lassen werden. Dass es bei uns einen Engpass gibt, glaube ich auch nicht. Wie es weltweit funktioniert, müssen Logistiker beurteilen.
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