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Politischer Streit um Finanzierung der „Stadtwächter“

Walter Horn, 05.10.2020 19:41

RIED. Wer vom Kapuzinerberg in die Stadt kommt, wird seit ein paar Tagen auf dem Kreisverkehr auf dem Landshuter Platz von der Skulptur „Stadtwächter“ von Andreas Sagmeister begrüßt.

Die Skulptur setzt auf dem Landshuter Platz einen bemerkenswerten Akzent.  (Foto: Tips/Horn)
  1 / 2   Die Skulptur setzt auf dem Landshuter Platz einen bemerkenswerten Akzent. (Foto: Tips/Horn)

Die Lughofer-Kreuzung heißt seit 1995 zu Ehren der Rieder Partnerstadt offiziell „Landshuter Platz“. Sagmeisters Projekt ging als Sieger aus einem künstlerischen Wettbewerb hervor, den die Stadt Ried mit der Innviertler Künstlergilde (IKG) zum Jubiläum „25 Jahre Landshuter Platz“ durchgeführt hat.

„Stadtwächter“

Die „Stadtwächter“ von Andreas Sagmeister sind zwei fünf Meter hohe, senkrechte Formen aus mattem Edelstahl.

Sie sollen die Beziehung der beiden Partnerstädte Ried und Landshut verkörpern. Der Raum zwischen den Stelen soll die bayerische Raute andeuten.

Die Länderfarben sind in die einander zugeneigten räumlichen Innenseiten der Körper mit den Farbverläufen Rot-Weiß und Weiß-Blau eingebaut. Zusätzlich sind dort Symbole der beiden Stadtwappen zu sehen: für Landshut ein Detail von einem der drei Eisenhüte auf blauem Grund, für Ried ein Detail des Bundschuhs auf rotem Grund.

Wettbewerb

Am Wettbewerb zur Gestaltung des Landshuter Platzes haben sich neben Sagmeister noch folgende Künstler beteiligt: Alexander Flotzinger, Dietmar Gruber, Meinrad Mayrhofer, Paul J. Osterberger, Christine Perseis, Christian Schafflhuber, Thomas Waldenberger sowie Walter Holzinger und Harald Mairböck mit einem Gemeinschaftsprojekt.

Die Jury, die Sagmeisters Entwurf auf Platz eins setzte, bestand aus Vertretern des Gemeinderates (darunter der Bürgermeister), der Stadtverwaltung, des Vereins Landshut-Ried, der IKG und der Kulturamtsleiterin Sieglinde Frohmann.

Die feierliche Präsentation des Kunstprojekts hätte im Rahmen der Feier „25 Jahre Landshuter Platz“ für 3. Oktober stattfinden sollen, musste aber Covid-19-bedingt abgesagt werden. Ein neuer Termin im Frühjahr wird noch bekanntgegeben.

Politischer Gegenwind

Kritik an dem Projekt kommt von der Rieder SPÖ – nicht an dem Kunstwerk selbst, sondern an den Kosten (die SPÖ spricht von 70.000 Euro), deren Finanzierung sie „verantwortungslos“ nennt.

Die SPÖ wirft Bürgermeister Albert Ortig vor, dass er das Kunstprojekt „mit Stimmen der ÖVP/FPÖ mehrheitlich beschließen ließ“ und von der gemeindeeigenen Energie Ried bezahlen lasse. Ihre Kritik: „Solche Entscheidungen könnten sich früher oder später auf Strom- und Wasserkosten für alle RiederInnen auswirken.“

Zudem sei auch die Optik wegen der Coronakrise nicht ideal, meint SPÖ-Stadtrat Peter Stummer, der aber die Notwendigkeit von Kulturförderung generell nicht in Frage stellt.

„Beispielgebend“

Bürgermeister Ortig widerspricht sehr deutlich: „Ich stehe dazu, dass die Öffentliche Hand beispielgebend Aufträge an zeitgenössische Künstler vergibt und ich bin stolz, dass die Stadt mit überwältigender Mehrheit die Künstler nicht im Stich lässt. Für Ausgaben für Kunst und Kultur wird man niemals eine breite Mehrheit finden; das ist eine Grundsatzeinstellung.“

Zur Finanzierung durch die gemeindeeigene Energie Ried meint der Bürgermeister: „Der Betrieb hat keinen Selbstzweck. Es ist klar, dass der Eigentümer mit Gewinnen der eigenen Betriebe Projekte über den ordentlichen Haushalt hinaus finanzieren kann.“

Lange vor Corona

Das Projekt zum 25-Jahr-Jubiläum des Landshuter Platzes sei schon im November 2019 im Stadtrat besprochen und einstimmig auf den Weg gebracht worden – damals noch ohne Kostenrahmen.

Am 6. Februar 2020 seien die neun eingereichten Projekte der Jury präsentiert worden. Anschließend habe der Stadtrat mehrheitlich die Umsetzung des Sagmeister-Kunstwerkes mit einem Kostenrahmen von knapp 36.000 Euro zuzüglich den Kosten für verkehrstechnische Maßnahmen (Montage, Betonfundament) beschlossen.

Bei dieser Abstimmung gab es zwei Gegenstimmen. Die Abstimmungen im Stadtrat sind geheim, aber nach der aktuellen Diskussion liegt die Vermutung nahe, dass das die beiden SPÖ-Stadträte waren.

Am 12. März habe der Stadtrat – wieder mit zwei Gegenstimmen – Mehrkosten von knapp 3.000 Euro genehmigt, weil sich nach Angaben des Künstlers die Materialkosten erhöht hatten.

Beschluss im Gemeinderat

In der Sitzung vom 9. Juli 2020 hat der Gemeinderat das Projekt dann (im Tagesordnungspunkt 9.1 „Finanzierung von bereits beschlossenen bzw. dringlichen baulichen Maßnahmen – Entnahme Energie Ried GmbH“) mit Gesamtkosten von 50.612,37 Euro (brutto) beschlossen.

Die Finanzierung der „Stadtwächter“ und anderer Projekte erfolgt über eine 250.000-Euro-Gewinnausschüttung der Energie Ried, „da durch die veränderte Einnahmensituation aufgrund der Covid-19-Situation diese Projekte nicht mit den vorhandenen Eigenmitteln finanziert werden können“.

Diese Ausschüttung beinhaltet auch den Sonnenschutz beim Raimund-Kindergarten, eine barrierefreie Rampe für die Volksschule III und eine Einfriedung bei der VS1 / NMS 2 (Roseggerschule).

Zusatzantrag der SPÖ

Während die drei anderen Projekte einstimmig verabschiedet wurden, reichte die SPÖ für den 50.000-Euro-Anteil für die „Stadtwächter“ einen Zusatzantrag ein, dieses Geld „für ein sinnvolleres Projekt“ zu verwenden.

Dieser Antrag kam zur Abstimmung, wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt. Lediglich ein FPÖ-Gemeinderat stimmte mit den sieben SPÖ-Mandataren, es gab eine Enthaltung und 28 Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS gegen den SPÖ-Zusatzantrag und somit dafür, auch die „Stadtwächter“ über die Gewinnausschüttung der Energie Ried zu finanzieren.


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