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Pochendorfer: "Ein zu enges Hemd bei Männern ist für mich ein rotes Tuch"

Alexander Kobler, 29.07.2025 08:00

SCHÄRDING. In dritter Generation führt Astrid Pochendorfer die letzte Hemdenmanufaktur Österreichs. Bei „Hemdenmacher - Manufaktur Valentin“ werden seit über 20 Jahren Maßhemden und Blusen noch in echter Handarbeit gefertigt, jedes Stück ist dabei ein Unikat und wird auf speziellen Kundenwunsch hergestellt.

  1 / 4   Astrid Pochendorfer hat das Unternehmen 2020 von ihrer Mutter übernommen. (Foto: mattundglaenzend.de)

Bereits Pochendorfers Großmutter war gelernte Schneiderin, ihre Mutter Gudrun, die zuvor als Prokuristin bei Eterna beschäftigt war, wagte dann den Schritt in die Selbstständigkeit und gründete zusammen mit zehn Mitarbeiterinnen das Unternehmen am Rande der Barockstadt. Diesen Entschluss fasste sie als Eterna 2002 den Produktionsstandort in Schärding nach Tschechien verlagerte.

Konstanz in Belegschaft und Lieferanten

Noch heute sind sechs dieser Schneiderinnen, die sie direkt von Eterna mitbrachte, im Unternehmen tätig, die dafür sorgen, dass jedes einzelne Hemd per Hand in gewohnter Qualität gefertigt wird. Es gibt nahezu keine Fluktuation in der Belegschaft, was das Vertrauen und die Zuverlässigkeit stärkt. „Auch bei unseren Lieferanten haben wir über die ganze Zeit selten etwas geändert, damit wollen wir die gleiche Qualität sicherstellen. Unsere Hemden halten in der Regel zehn bis 15 Jahre“, erzählt die 43-Jährige, dreifache Mutter im Gespräch mit Tips.

Sowohl die Firma als auch die Produktionsstätte, die sich an der Grenze zwischen Schärding und Brunnenthal befindet, ist im eigenen Besitz. Die Kunden haben ein großes Einzugsgebiet. Den durchschnittlichen Preis für ein Maßhemd beziffert die Firmenchefin auf 220 Euro aufwärts. Seit geraumer Zeit gibt es auch einen Online-Konfigurator, dieser macht aber bislang nur etwa zehn Prozent des Absatzes aus.

600 Stoffe zur Auswahl

Aus rund 600 Stoffen können die Kunden vor Ort in Schärding aussuchen. „Bei uns ist alles sehr persönlich und individuell. Die Stoffe beziehen wir hauptsächlich aus der Schweiz, Vorarlberg und Kärnten. Die Knöpfe kommen aus Italien, der Rohstoff muss passen, es heißt ja auch so schön, ein gutes Rindfleisch gibt eine gute Sauce“, scherzt Pochendorfer. Sie selbst hat zunächst Kommunikationsdesign studiert und ging anschließend ins Handwerk zurück. Gerade Feedback und Sichtbarkeit der eigenen Arbeit seien für sie mit Geld nicht aufzuwiegen. 2020 hat sie die Geschäftsführung von ihrer Mutter übernommen, nachdem sie zuvor bereits wieder sechs Jahre im Unternehmen tätig war. Zur Corona-Zeit wurden bei „Valentin“ auch Stoffmasken genäht, rund 1.000 wurden pro Tag produziert.

Noch keine konjunkturellen Effekte

Mutter Gudrun, die dieses Jahr ihren 70. Geburtstag feierte, hilft immer noch im Unternehmen aus und steht mit Rat und Tat zur Seite. Da die Zielgruppe der Schärdinger Hemdenmacher eher eine Nische darstellt, spürt das Unternehmen die anhaltende Teuerungswelle und den damit verbundenen Nachfragerückgang daher noch nicht so stark. „Unsere Zielgruppe sind zu 95 Prozent Herren, die häufig im mittleren oder oberen Management tätig sind und auf ihr Businessoutfit entsprechend viel Wert legen“, erklärt Astrid Pochendorfer. Auch auf ganz individuelle Wünsche wie etwa Initialen können integriert werden.

Eine Sache ist für die Firmenchefin ein ganz besonderer Aufreger und ein besonderes No-Go: „Ein zu enges Hemd bei Männern ist für mich ein rotes Tuch“, gesteht die 43-Jährige. Die Geräte und Maschinen, mit denen in der Manufaktur gearbeitet werden, sind teils echte Raritäten und bereits 80 Jahre alt, funktionieren aber immer noch einwandfrei.

Beeindruckende Zahlen

2.500 Hemden werden pro Jahr in etwa in der Schärdinger Manufaktur gefertigt. Dazu sind 700 Kilometer Nähseide, 27.000 Knöpfe und 5.000 Meter Stoff nötig. Das entspricht in etwa auch der Verkaufsmenge, da „Valentin“ kein Lager im eigentlichen Sinne hat. Gefertigt wird auch teils auf Auftrag für andere Unternehmen, die allermeisten sind aber, oft treue, Privatkunden der letzten Hemdenmanufaktur Österreichs.


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