„Die Situation wird sich zuspitzen“
HAIDERSHOFEN. Katrin Heimberger (36) ist seit September für „Teach for Austria“ im Einsatz. Die studierte Soziologin aus Haidershofen kümmert sich in der Hüttner-Schule in Linz darum, dass Kinder mit schlechteren Startbedingungen den Anschluss in Sachen Bildung schaffen.
Die Mutter eines achtjährigen Buben hat in unterschiedlichen Jobs vor, während und nach ihrem Studium bereits Verantwortung übernommen, zuletzt als Sprach-trainerin beim Magistrat Linz für 3- bis 6-jährige Kinder. Durchhaltevermögen zeichnen die Soziologin ebenso aus wie Kreativität, die sie in der Wohnraumgestaltung und in ihrem Garten umsetzt. Darüber hinaus hat sie mehrere Kulturprojekte betreut.
Was ist Ihnen im Leben wichtig?
Katrin Heimberger: Neben meinem Sohn, der für mich stets an erster Stelle steht, finde ich es wichtig, mich ständig weiterzuentwickeln. Stets den eigenen Horizont zu erweitern, kritisch und kritikfähig zu bleiben und mich immer wieder anzuspornen, die Komfortzone zu verlassen. Mich selbst immer wieder aufs Neue herauszufordern und neue Wege zu beschreiten, macht für mich das Leben aus.
Was war Ihre Motivation für den Einsatz für mehr Chancenfairness?
Katrin Heimberger: Der sogenannte Gap sozialer Ungleichheit wird zunehmend größer und die Situation wird sich in den kommenden Jahren immer mehr zuspitzen. Vor allem Bildung stellt hier einen wesentlichen Faktor dar. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, anzusetzen und die engagiertesten Menschen einzusetzen. Teach for Austria bot mir die Chance, mich als Lehrerin für meine Herzensangelegenheit Bildungsgerechtigkeit stark zu machen. Motivation war für mich außerdem auch die Möglichkeit einer beruflichen wie persönlichen Weiterentwicklung.
Welche Erfahrungen aus Ihren bisherigen Aktivitäten werden Ihnen hierbei nützen?
Katrin Heimberger: Vor allem die letzten 4,5 Jahre als Quereinsteigerin in der Elementarpädagogik waren sehr prägend für mich. Die Tätigkeit als Sprachtrainerin in einem sehr herausfordernden Kindergarten hat mich über mich hinauswachsen lassen. Ich konnte in zahlreichen Fortbildungen, autodidaktisch sowie auch vom Austausch mit sehr engagierten Kolleginnen profitieren und meine Fähigkeiten erweitern. Ich weiß nicht, ob ich den Mut aufgebracht hätte, mich bei Teach for Austria zu bewerben ohne diese prägende Vorerfahrung.
Wo sehen Sie den größten Hebel bei den Kindern? Was wollen Sie ihnen mitgeben?
Katrin Heimberger: Ich möchte den Kindern vor allem Welten eröffnen, die ihnen vielleicht oft nicht so zugänglich sind. Gerade Kindern aus bildungsfernen Schichten fehlt oft der Zugang zu verschiedenen Gebieten wie Kunst oder Kultur. Ihnen die Möglichkeit zu geben, Neues entdecken zu können, stellt für mich einen wesentlichen Punkt in meiner Arbeit als Lehrerin dar. Auch mal unkonventionelle Wege zu beschreiten und die Kinder dazu anzuregen, „out of the box“ zu denken. Wir lernen sehr früh, uns in sehr starren Mustern zu bewegen. Viele Schüler kämpfen mit einem geringen Selbstbewusstsein oder erfahren wenig Aufmerksamkeit von zuhause.
Was sind Ihre ersten Eindrücke in Ihrem neuen Umfeld?
Katrin Heimberger: Erst mal laut, chaotisch, sehr stressig und fordernd. Wir stehen vor extrem großen Herausforderungen, die uns manchmal überwältigen, manchmal alles abverlangen, uns manchmal verzweifeln lassen, aber auf der anderen Seite beflügeln und wachsen lassen. Ich sehe vor allem das Potenzial, das diese jungen Menschen in sich tragen. Das Schöne und Aufbauende sind die vielen kleinen sichtbaren Erfolge am Ende des Tages, die vieles möglich werden lassen. Das positive Feedback der Schüler und die sinnstiftende Tätigkeit in dieser Position empfinde ich als sehr bereichernd in diesem zweifellos anspruchsvollen Beruf.
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26.10.2020 12:24
Tolles Interview!
Vor allem geringes Selbstbewusstsein ist ein immer häufigeres Problem. Wirklich toll wie sich Frau Heimberger bzw. "Teach for Austria" für ein chancengleiches Aufwachsen einsetzen - dies ist auch eines unserer primären Ziele (https://institut-lelale.at/ueber-uns)!
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