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LINZ-LAND: Vor einem Jahr wurde die AK-Bezirksstelle in Traun eröffnet. Das Team um Bruno Kamraner tritt seither für die Rechte der Arbeitnehmer ein. Dauerbrenner ist der „Überstundenklau“.

Simone Hager (Rechtsberaterin im Beispielfall im Artikel) und AK-Bezirksstellenleiter Bruno Kamraner Foto: Tips

Linz-Land hat 60.000 Beschäftigte in 8000 Betrieben, da ist die Rechtsberatung für Arbeitnehmer gefordert. Drei Berater und zwei Büromitarbeiter sind in der neuen Dienststelle beschäftigt. In vielen Fällen ging es um unbezahlte Mehrarbeits- und Überstunden.

„Bei Überstunden muss die geleistete Arbeitszeit inklusive Überstundenzuschlag abgegolten werden. Das kann durch Geld oder Zeitausgleich erfolgen. Grundsätzlich beträgt der Zuschlag 50 Prozent. In vielen Kollektivverträgen ist aber für Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit ein 100-Prozent-Zuschlag vorgesehen. Betriebliche oder vertragliche Vereinbarungen, dass Überstunden im Verhältnis 1:1 abgegolten werden, sind nicht zulässig. Wenn Zuschläge über derartige Konstruktionen vorenthalten werden, können sie mit Hilfe der Arbeiterkammer nachgefordert werden. Dafür sind genaue Arbeitszeitaufzeichungen erforderlich, so der Bezirksstellelnleiter.

Im vergangenen Jahr leisteten die österreichischen Arbeitnehmer rund 250 Millionen Über- und Mehrarbeitsstunden – verteilt auf 663.100 Beschäftigte, die regelmäßig und im Durchschnitt 7,2 Überstunden leisten mussten.

Ein Fünftel unbezahlt

Von diesen Überstunden wurden laut AK fast ein Fünftel gar nicht bezahlt, weder in Zeitausgleich noch in Geld. Damit wurde den Arbeitnehmern innerhalb eines Jahres rund eine Milliarde Euro vorenthalten.

„Den oö Arbeitnehmern entgingen so rund 150 Millionen Euro – pro Kopf sind das durchschnittlich rund 9800 Euro“, betont Kamraner, der den Überstundenklau an einem konkreten Beispiel erklärt:

Beispiel aus der Gastro: 1900 Euro zu wenig Lohn

19 Monate arbeitete ein Arbeitnehmer aus dem Bezirk Linz-Land als Restaurantleiter, ehe das Arbeitsverhältnis durch eine einvernehmliche Lösung beendet wurde.

„Er ließ seine Endabrechnung bei uns kontrollieren, eigentlich pro forma. Im Gespräch über seine Aufgaben stellte sich aber dann heraus, dass er von Beginn an nicht dieser Tätigkeit entsprechend eingestuft worden war, sondern in eine niedrigeren Gehaltsstufe. Der Restaurantleiter war also laut Kollektivertrag unterentlohnt“, so Kamraner.

Dies hatte auch Auswirkungen auf weitere Entgeltbestandteile. Davon betroffen waren insbesondere die Überstunden (rund die Hälfte des vorenthaltenen Betrages), die Sonderzahlungen sowie die Entlohnung der an Feiertagen erbrachten Arbeitsleistungen.

Nachdem es sich monatlich im Durchschnitt lediglich um rund 20 bis 30 Euro handelte, war dies dem Arbeitnehmer gar nicht aufgefallen bzw. konnte ihm dies ohne genaue rechtliche Recherchen gar nicht auffallen.

Nach Intervention der AK-Juristin Simone Hager musste der Arbeitgeber jedoch eingestehen, dass er den Restaurantleiter für seine Tätigkeit unterkollektivvertraglich entlohnt hatte. D

ie Kontrolle sämtlicher Abrechnungen ergab schlussendlich einen Differenzbetrag von 1890 Euro, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erstattet bekam.

Kleine monatliche Beträge mit langfristigem Schaden

„Derartige kleine monatliche Differenzen fallen vielen Arbeitnehmern nicht auf. Viele lassen ihre Endabrechnungen meist auch nicht überprüfen. Die Arbeitgeber ersparen sich somit Monat für Monat kleine Beträge (insbesondere Beiträge an die Mitarbeitervorsorgekasse, Sozialversicherungsabgaben etc.), die sich in Summe betrachtet jedoch insgesamt erheblich und nachhaltig (Pension, Abfertigung neu) auswirken“, erklärt der Experte.

So passiert Überstundenklau

Arbeitnehmer/-innen werden bei der Bezahlung von Überstunden und Mehrarbeitsstunden so lange vertröstet, bis die Ansprüche verfallen sind. Diese Verfallsfristen können, je nach Kollektivvertrag, sehr kurz sein. 

Viele Arbeitnehmer/-innen wagen es aus Angst um den Arbeitsplatz nicht, im aufrechten Arbeitsverhältnis nichtbezahlte Überstunden einzufordern, was häufig zu deren Verfall führt. 

Gewisse Arbeitszeiten (z. B. Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten nach Geschäftsschluss) werden von den Arbeitgebern gar nicht als Arbeitszeiten anerkannt. 

Manche Unternehmen fälschen systematisch Arbeitszeitaufzeichnungen von Mitarbeitern/-innen zu ihren Gunsten. Andere wiederum verhindern die Aufzeichnung unzulässiger Überstunden. Und besonders findige Unternehmen verwenden sogar manipulierte Arbeitszeitaufzeichnungssoftware, die z. B. ungesetzliche Arbeitszeiten automatisch falsch erfasst. 

Um sich Mehrarbeitszuschläge zu ersparen, ändern manche Unternehmer für Teilzeitkräfte wöchentlich das Ausmaß der Arbeitszeit.


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