Reichenau: "Polit-Hickhack" um geplanten Supermarkt spaltet den Ort
REICHENAU. „Na Halleluja“ - das denken sich wohl derzeit die rund 1.400 Einwohner von Reichenau. Denn da fliegen - zumindest parteipolitisch - die Fetzen, wenn es um die Diskussion eines möglichen, neuen Supermarktes in der Mühlviertler Gemeinde geht. Tips fragte daher nach.
„Was ist da eigentlich los, in Reichenau?“ - wollte Tips auf Anfrage vieler Gemeindebürger zur Causa „Supermarkt in Reichenau“ nun genauer wissen. Fakt ist folgender: Seit Jahren gibt es keinen richtigen Nahversorger mehr im Ort, der alte „Greißler“ ist schon lange geschlossen. Bis auf einen kleinen Fleischhacker und ein Lagerhaus ist es hier - shoppingtechnisch - wirklich relativ ruhig. Die Bewohner der Mühlviertler Gemeinde hätten gern ein neues Geschäft, um nicht in die Nachbargemeinden - wie etwa Gallneukirchen, Altenberg, Hellmonsödt, Zwettl oder Bad Leonfelden - mit dem Auto auspendeln zu müssen, um die Dinge des täglichen Gebrauchs zu besorgen.
Und genau hier nimmt das parteipolitische Dilemma - zu Lasten der Bürger - seinen Lauf, vieles ist seitens der Parteien irgendwie doch nicht so einfach, als gedacht. Bei Tips-Nachfrage unter der Bevölkerung war eines schnell klar: viele wünschen sich endlich einen Supermarkt, wohl ganz egal wo. Und hier geht es heftig zur Sache, befürworten die einen Ortspolitiker gleich bei der Ortseinfahrt am neuen Sportplatz einen möglichen neuen Supermarkt-Standort, wollen andere lieber einen im Ortszentrum und so leerstehende Gebäude nutzen, um den Ortskern zu beleben. Eine neverendig story: denn eigentlich sollte die Realisierung bei der Ortseinfahrt schon fix sein - oder eben auch nicht...
Statement MiR: Bürgermeister Peter Paul Rechberger
Reichenaus Bürgermeister Rechberger freut sich über das Tips-Interesse an seinem Thema Nahversorger und gibt dazu folgende Stellung ab: „Mir als Bürgermeister ist es natürlich ein großes Anliegen das unser Ort für die Bewohner attraktiver und lebenswerter wird. Daher befürworte ich auch die geplante Ansiedelung eines Nahversorgers in Reichenau. Es wurden in den letzten Jahren schon einige Vorarbeiten (Linksabbieger, Fahrbahnteiler, Querungshilfe,..) in dem geplanten Bereich (Anmerkung der Redaktion: beim neuen Sportplatz/ Ortseinfahrt) geschaffen. Ich verstehe aber auch, dass es Bedenken von einigen Bewohnern gegen die Planung gibt. Ich lade deshalb alle herzlich ein, sich aktiv über den Stand des Projektes zu informieren und sich an der Realisierung des Projektes „Nahversorger“ zu beteiligen“, so das Gemeinde-Oberhaupt.
Statement SPÖ: Andreas Reiter
Zur aktuellen Situation berichtet etwa Andreas Reiter, SPÖ-Ortsparteivorsitzender, folgendes dazu: „Der aktuelle Stand ist so, dass bei der letzten öffentlichen Gemeinderatssitzung am 29. September die Umwidmung der vorgesehenen Fläche (beim neuen Sportplatz) in eine Geschäftsfläche, gemeinsam mit den Stimmen der SPÖ, dem Verein MiR – Miteinander in Reichenau und der FPÖ beschlossen wurde. Die ÖVP enthielt sich bis auf eine Ausnahme der Stimme, was laut Gemeindeordnung einer Ablehnung des Antrags entspricht. Die bisher eingegangenen Stellungnahmen zeichnen ein durchwegs positives Bild, auch im Sinne der Versorgungssicherheit aller Gemeindebürger. Nun liegt der Ball erneut beim Land OÖ, aber die Mehrheit der Reichenauer, wie auch wir als SPÖ, sind guter Dinge, in naher Zukunft wieder einen Nahversorger im Ort zu haben. Mein persönliches Statement zu dieser Thematik: Ein Nahversorger ist nicht nur irgendein Geschäft, sondern ein großes Mehr an Lebensqualität für alle im Ort. Für junge Familien, die neben Haushalt, Kindererziehung und Erwerbstätigkeit ohnehin ein knappes Zeitbudget haben, für viele im Homeoffice und natürlich für unsere älteren Mitmenschen mit teils eingeschränkter Mobilität: für alle diese Gruppen sind möglichst kurze Wege ein wichtiger Beitrag für ein gutes Leben am Land. Persönlich finde ich es schade, dass mit diesem für unseren Ort sehr wichtigen Thema, politisches Kleingeld gewechselt wird. Während die eine Fraktion seit der letzten Wahl einfach aus Prinzip dagegen ist und blockiert, feiert sich die andere als alleiniger „Macher“ ab, obwohl es jahrelange Vorarbeiten vieler politischer Kräfte im Ort gab. Ich hoffe einfach, dass man nicht jene aus den Augen verliert, um die es eigentlich geht: die Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Wunsch nach einem Nahversorger im Ort“, bringt es der rote Politiker auf den Punkt
Statement FPÖ: Patrick Derntl
FPÖ-Gemeinderat Patrick Derntl freut sich über das Tips-Interesse in seinem Ort Reichenau und berichtet dazu: „Seit bereits über sieben Jahren versuchen wir als FPÖ im Gemeinderat das Nahversorger-Problem in unserem Ort aktiv zu lösen. So nah wie jetzt waren wir noch nie, da der Wunsch der Bürger endlich auch von anderen Fraktionen erhört wird und nicht mehr so leicht ignoriert werden kann. Auch die letzten vier bis fünf Blockierer im Gemeinderat können sich dem Wunsch auf Entwicklung nicht mehr entziehen. Wir sind sehr optimistisch den richtigen Standort gefunden zu haben, der passende Linksabbieger wurde bereits in der letzten Periode, von uns aktiv unterstützt und erfolgreich umgesetzt. Wir laden jeden Bürger herzlichst ein, sich die nächsten GR-Sitzungen persönlich als Gast anzuhören, da diese sehr wichtig für unseren Ort werden. Entweder Entwicklung oder zurück in die Steinzeit“, klärt er dazu auf und ergänzt: „Für nähere Details und Informationen stehe ich gerne Rede und Antwort.“
Statement ÖVP: Wolfgang Schwenter
„Wir wollen natürlich einen Nahversorger, jedoch unter Berücksichtigung und professioneller Prüfung der Möglichkeiten einer Ortskernbelebung inklusive Leerstandsanalyse im Sinne einer nachhaltigen Daseinsvorsorge für die Bürger in Reichenau. Die Entwicklung von Ortskernen und ein ressourcenschonender Umgang mit verfügbaren Flächen sind Schlüsselfragen für eine generationenübergreifende Lebensqualität in unserer Gemeinde. Überdies ist das ja kein spezifisches Thema nur von Reichenau. Die Ortskernbelebung ist ja ein Dauerbrenner in sehr vielen ländlichen Gemeinden und wird vom Land OÖ zu Recht mit Aktionsprogrammen gefördert und forciert. Bedauerlich, dass der Bürgermeister einen gültigen Gemeinderatsbeschluss vom 10. März 2022 genau zu diesem Thema bis jetzt nicht umgesetzt hat und diesen schlichtweg ignoriert, obwohl er und seine Bürgerliste diesen Beschluss mitgetragen haben“, meldet sich Vize-Bürgermeister Wolfgang Schwentner über eine scheinbar doch sehr emotional geführte Thematik beitragen zu Wort.
Unklar ist, wie die Causa weiter geht - fix ist nur: Der Großteil der befragten Reichenauer wünscht sich eine Einkaufsmöglichkeit in der Gemeinde, und zwar besser früher als später.
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