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Manfred Wögerer: „Insekten in der Nahrung? Es gibt auf unserer Welt sehr viele unterschiedliche Essgewohnheiten“

Andreas Hamedinger, 28.02.2023 09:28

FELDKIRCHEN. Eine leckere Grille oder doch lieber ein knuspriger Mehlwurm? Viele Konsumenten befürchten, dass Insekten auch bald bei ihrem Lieblingswirt auf der Speisekarte stehen werden. Karl Wögerer, Wirt aus Feldkirchen und Wirtesprecher für Urfahr-Umgegung, gibt diesbezüglich Entwarnung.

 (Foto: Hamedinger/Lichtenauer)
(Foto: Hamedinger/Lichtenauer)

Tips: Die EU hat die Verwendung von Insekten bei der Erzeugung von Lebensmitteln erlaubt. Wie sieht das ein Gastronom/ein Konsument?

Wögerer: Eher belustigt. Insekten (Mehlwürmer) sind in der EU ja schon länger zugelassen, nun kam die Grille dazu. Es gibt auf unserer Welt sehr viele verschiedene Essgewohnheiten. Insekten, Katzen oder Hunde zu essen, gehört in unseren Breitengraden überhaupt nicht zur gewohnten Esskultur. Daher wird sich der Verzehr von Insekten nur in kleinen Randbereichen langsam entwickeln. Natürlich sind im Zuge der Globalisierungen auch viele Menschen mit anderen Lebensgewohnheiten in unsere Breitengrade gezogen, für manche ist es vielleicht ein Andenken an zu Hause.

Tips: Würden Sie selbst Insekten verspeisen?

Wögerer: Ich habe wissentlich noch keine Insekten verspeist, bis auf jene Mücken, die sich beim Motorradfahren in den Rachen verirren. Zu Hause werde ich höchstwahrscheinlich keine Insektenkost probieren; in einem Urlaub in Asien wahrscheinlich aber schon. Ich probiere gerne ungewöhnliche Lebensmittel in anderen Ländern wie vor Kurzem einen Octopus Hot Dog in Lissabon oder einen Seeigel in Hamburg.

Tips: Wie könnte man Sie dazu bringen?

Wögerer: Wie gesagt: andere Länder, andere Sitten und ich teste gerne. Insekt war noch keines dabei. Wenn mich etwas kulinarisch nicht anspricht, esse ich es nicht, da kann mich niemand umstimmen. Auf einem Markt in China vielleicht, wer weiß?

Tips: Können Sie sich vorstellen, in Ihrem Restaurant Insekten, Skorpione etc. zu verkochen?

Wögerer: Nein, wir setzen in unserem Betrieb seit 1868 auf das Handwerk des Kochens, wir fühlen uns der heimischen Küche und Esskultur verbunden und kaufen großteils regionale und saisonale Produkte und Zutaten ein. Traditionelle heimische Lebensmittel und Gerichte modern zu interpretieren, um den Gästen ein genussvolles Erlebnis zu bereiten, ist unsere Prämisse. Da wird’s eng für Insekten und Skorpione, das passt für uns eben nicht.

Tips: Vor 30 Jahren aß kaum ein Österreicher rohen Fisch oder Kutteln. Hier hat die Gastronomie einiges bewirkt. Glauben Sie, dass das auch bei Heuschrecken und Co möglich wäre?

Wögerer: Das stimmt so nicht. Roher Fisch oder Kutteln waren immer schon österreichische Küche. Eingelegte Russen (Heringe), Salzheringe für Heringskäse und Wiener Kuttelsuppe hat es doch immer gegeben; es wurde vielleicht darauf vergessen. Es wird sicherlich Gastrokonzepte geben, die mit Insekten erfolgreich sein können. Warum nicht? Was erfolgreich ist, entscheidet immer der Gast.

Tips: Im Waldorf Astoria in New York fand jedes Jahr ein Wohltätigkeitsdinner statt, bei dem Spinnen, Kakerlaken und andere Krabbeltiere verkocht wurden. Was denken Sie über solche Ideen?

Wögerer: New York ist ein Schmelztiegel von Kulturen und Nationalitäten. Wenn so etwas dort funktioniert, ist das ok. Ich war erst ein paar Mal in NYC, aber Insekten werde ich dort sicher nie essen, sondern mir wieder im Gallagher's Meat Locker was aussuchen. Wohltätig etwas spenden, kann man aber sicher bei jedem Dinner, da braucht man keine Insekten dazu. Bei uns in Feldkirchen gibt’s zum Beispiel am 5. März wieder den Suppensonntag: Man isst eine Suppe und spendet den Betrag, der ein Fleischgericht wäre, an die Pfarre.

Tips: Was würden Sie selbst nie verkosten?

Wögerer: Spinnen, Skorpione und vor allem Hunde.

Tips: Für die Verarbeitung von Insekten wird immer mit einigen Argumenten geworben: Man brauche weniger Ressourcen und weniger Platz für ihre Zucht. Sie liefern wertvolles Eiweiß. In anderen Kulturen werden Insekten auch verspeist. Was sagen Sie dazu?

Wögerer: In anderen Kulturen eben. Es gibt bei uns auch sehr wertvolle tierische und pflanzliche Eiweißlieferanten. Der hochwertigste, das Rind, verbraucht eben viele Ressourcen, darum sollte man es wertvoller und schätzender behandeln. Aber auch aus ressourcenschonendem Erbsenprotein und vor allem Pilzen können hochwertige Speisen produziert werden, da brauchen wir nicht unbedingt die internationale Lebensmittelindustrie, die mit Insektenproteinen Geld verdienen will. Und unser heimlicher Protein-Star in Europa ist ja sowieso das Hendl und sein Ei. Unvorstellbar ein Leben ohne Grillhenderl, Backhendl-Salat, Hendl-Cordon-bleu, Eierspeise, Osterei... Aber Moment einmal: Das Hendl verspeist ja auch gerne Würmer und Insekten. Essen wir dann jetzt schon immer ein Insekt(h)endl?


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