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Johannes Beer: „Es kommt auf jeden Einzelnen an“

Martina Ebner, 03.03.2020 18:15

BEZIRK VÖCKLABRUCK. Der 40-jährige Jurist Johannes Beer folgt mit 1. Mai 2020 Martin Gschwandtner als Bezirkshauptmann nach. Der zweifache Familienvater ist seit 2012 als Leiter der Abteilung Sicherheit bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck tätig.

Johannes Beer                      Foto: Fettinger
Johannes Beer Foto: Fettinger

Tips: Herr Beer, wie hat denn Ihre Familie reagiert, als klar wurde, dass Sie der neue Bezirkshauptmann von Vöcklabruck werden?

Johannes Beer: Sie haben sich für mich sehr gefreut und – was für mich sehr wichtig war – zugesichert, dass wir immer zusammenhalten werden.

Tips: Sie sind somit der höchste Beamte im Bezirk. Ändert das was für Sie persönlich?

Beer: Vorerst nicht so viel. Ich bin es auch jetzt bereits gewohnt, mich laufend um eine Balance zwischen beruflichem Engagement, den Bedürfnissen der eigenen Familie und der Achtung der eigenen Grenzen zu kümmern. Das wird sicherlich nun herausfordernder und noch wichtiger. Ich bleibe Mensch unter Menschen. Da heißt es, sich vor aufkommendem Hochmut zu hüten.

Tips: Was für eine Art Bezirkshauptmann wollen Sie sein? Welchen Führungsstil haben Ihre Mitarbeiter zu erwarten?

Beer: Führung ist kein Privileg, sondern eine Dienstleistung und harte Arbeit. Dienst an den Mitarbeitern und der Gesellschaft bedeutet aber nicht Unterwürfigkeit, sondern das Fördern der Entfaltung von Potentialen, Leben wecken, Klarheit schaffen. Am Ende des Tages sind wir eine Behörde, die Gesetze zu vollziehen hat. Diese Verantwortung braucht Offenheit, Demut, Mut und letztlich Menschenliebe. Ganz im Sinn von „Hart in der Sache, weich zu den Menschen“ möchte ich gemeinsam mit den übrigen Führungskräften für die Mitarbeiter erlebbar machen, dass es für den Erfolg unserer Arbeit auf jeden Einzelnen ankommt.

Freundlich und bestimmt die Grenzen wahren

Es kommt in der täglichen Behördenarbeit zunehmend auf einen kompetenten Umgang mit Konflikten und Fehlern an. Die Mitarbeiter sind in manchen Aufgabenfeldern sehr konzentriert mit persönlichen Anfeindungen und Abwertungen konfrontiert. Deshalb möchte ich die Mitarbeiter stärken, hier freundlich und bestimmt ihre Grenzen zu wahren, damit konstruktiv umzugehen und sich auch in schwierigen Situationen menschlich gesehen zu fühlen. Der Führungsstil hängt hier letztlich von der jeweiligen Situation und den dabei beteiligten Beziehungen ab. Es geht nicht um die Person des Bezirkshauptmannes, sondern um jeden, der zum Funktionieren des Gemeinwesens und damit zur Menschenwürde im Bezirk beiträgt. Da leisten gerade im Bezirk Vöcklabruck viele Menschen in Organisationen, Unternehmen, Vereinen und anderen Initiativen ihren Beitrag.

Tips: Wo sehen Sie die Stärken des Bezirkes Vöcklabruck?

Beer: Die größte Stärke aber auch Herausforderung ist seine Vielseitigkeit. In unserer Region befinden sich Groß-Industrie, viele erfolgreiche Klein- und Mittelbetriebe im gesamten Bezirk verteilt, stark ausgebaute Verkehrs-Infrastruktur und überregionale Verkehrsanbindung mit Westbahnstrecke und Westautobahn, traumhafte Landschaften mit dem Irrsee, Mondsee und Attersee – dem größten Binnensee Österreichs, ein sehr vitales soziales und kulturelles Leben außerordentlich vieler Vereine und Einsatzorganisationen, Tourismus, Landwirtschaft, Handwerk und Brauchtum.

Tips: Was sind Herausforderungen im Bezirk?

Beer: Die Alterung der Gesellschaft, die sich ändernden Familienmodelle und damit einhergehenden Pflegebedarfe sind angesichts der schwindenden Zahl Arbeitnehmer in den geburtenschwächeren Jahrgängen auch bei uns eine der vordringlichsten Herausforderungen, der sich der Sozialhilfeverband gemeinsam mit der Sozialabteilung des Landes zu stellen hat.

Technik dient Menschen, nicht umgekehrt

Die Häufung von Extremwetterereignissen und die Folgen des Klimawandels fordert uns zunehmend in der Waldentwicklung, im Wasserrecht und in der Katastrophenprävention und -intervention. In Zeiten sich abkühlender Wirtschaft gilt es, auch die Unternehmen des Bezirkes mit möglichst raschen und hochqualitativen gewerberechtlichen Verfahren und -beratungen zu versorgen. Letztlich gilt es, in Zeiten der Digitalisierung zu handeln, um nicht gehandelt zu werden. Da war unser Bezirk auch bisher schon Vorreiter. Gleichzeitig braucht es aber eine bewusstere Kommunikation und ein klares Bekenntnis, dass die Technik immer dem Menschen dient und nicht umgekehrt.

Tips: Wer übernimmt das Sicherheitswesen in der BH?

Beer: Diese Position wird in den nächsten Tagen von der Personalabteilung des Landes vorerst innerhalb des Landesdienstes ausgeschrieben. Da können sich Interessierte bewerben. Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

Tips: Wünsche für die Zukunft? Ziele?

Beer: Der deutsche Neurobiologe Gerald Hüther meinte in seinem Buch „Würde“: „Wir alle wollen in Würde sterben, aber lasst uns doch erst mal in Würde leben“. Das trifft für mich den Nerv der Zeit. Und ich wünsche mir Gesundheit und Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Bezirkshauptmannschaft als Beitrag zu einem menschenwürdigen Leben im Bezirk.

Wordrap:

• Lieblingsspeise: Kaiserschmarrn

• Lieblingsurlaubsland: Italien

• Lieblingsplatzerl im Bezirk: Da gibt‘s viele – die meisten in der Natur und über 700 Meter Seehöhe

• Der letzte Song, zu dem ich mitgesungen habe, war: „Bergfuier“ von Bluatschink

• Als Kind wollte ich, wenn ich groß bin, werden: Geigenbauer, Tischler, Luftlinienpilot

• Ich kann nicht widerstehen, wenn: mich ein stilles Bergpanorama umgibt


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