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Zeitbanken: Tausche Fahrdienst gegen Babysitten

Leserartikel Katharina Kühn, 19.03.2024 18:45

BEZIRK. Gut etabliert, aber dennoch wenig bekannt sind die unterschiedlichen Zeitbanken bzw. Zeitbörsen im Bezirk. Die - auf Vereinsbasis - organisierte Nachbarschaftshilfe gibt es in Pöndorf, Schlatt, Fornach und Weyregg. Tips hat sich bei den Ehrenamtlichen umgehört.

Gemeinsam statt einsam bei der Zeitbank Pöndorf. (Foto: privat)
  1 / 6   Gemeinsam statt einsam bei der Zeitbank Pöndorf. (Foto: privat)

Seit zwölf Jahren gibt es die Zeitbank für Alt und Jung in Pöndorf, die als erste dieser Art im Bezirk gegründet wurde. „Die Idee entstand unter anderem, weil aus Kostengründen damals kein 'Essen auf Rädern' Dienst organisiert werden konnte. Dazu kam, dass viele ältere Personen nach der Verlegung einer Arztpraxis an den Ortsrand Probleme hatten, zum Arzt und wieder retour zu kommen. Ich nahm daraufhin Kontakt mit der bereits bestehenden Zeitbank in Lengau auf und wir entschieden, das gleiche System zu übernehmen“, erzählt Anne Catherine Bayer, die Obfrau der Pöndorfer Zeitbank.

Nachbarschaftshilfe neu gedacht

Zeitbanken oder Zeitbörsen sind eine Form der organisierten Nachbarschaftshilfe, zum Beispiel für Personen, die keinen Familienverband um sich haben. Sie fördern den Zusammenhalt in der Gemeinde und verbinden Alt mit Jung. Jeder kann seine Talente oder das, was er gerne macht, in den Verein einbringen. Die Zeitbanken sind selbstverwaltet, Volksgruppen übergreifend, überparteilich und überkonfessionell.

Aktives Vereinsleben

Die Zeitbank in Schlatt wurde 2014 gegründet. „Bei uns werden aktuell Hilfe im Haushalt und Garten, Begleitung zu Terminen, Einkaufsdienste, kleine Reparaturarbeiten und Besuchsdienste nachgefragt bzw. angeboten. Ich wünsche mir, dass sich mehr junge Leute von unserer Idee begeistern lassen. Der Zeitaufwand richtet sich nach den eigenen Möglichkeiten, es gibt kein 'Plansoll'. Es sind nur wenige Stunden im Monat, für die man ein Geschenk von Dankbarkeit und Freude bekommt, das mit Geld nicht aufzuwiegen ist“, schildert Walter Harrer, Obmann der Zeitbank in Schlatt. Neben den Hilfsdiensten gibt es in bei der Zeitbank Schlatt ein sehr aktives Vereinsleben mit Ausflügen und Veranstaltungen. Im ehemaligen Gebäude der Post hat das Team eine frei zugängliche Bücherstube eröffnet, in der Bücher ausgeliehen oder hingebracht werden können.

Arbeiten werden untereinander getauscht

Die Statuen der verschiedenen Zeitbanken bzw. -börsen sind ähnlich, auch wenn jede für sich ein selbst verwaltetet Verein ist. Vereinsmitglieder zahlen einen jährlichen Beitrag von etwa 36 Euro. Jede erbrachte Stunde ist in einer Zeitbank gleich viel wert. Es gibt keinen Geldfluss, die Arbeiten können untereinander „getauscht“ werden. Die „Währung“ ist der Stundenschein; dieser wird von den Mitgliedern ausgefüllt, nachdem die Leistung erbracht wurde. Wer gesundheitlich nicht in der Lage ist, Scheine zu „tauschen“, kann diese gegen eine geringe Gebühr kaufen.

Fahrdienste für 'Essen auf Rädern'

Franz Steiner, früherer Bürgermeister von Fornach, ist seit drei Jahren Obmann der Fornacher Zeitbank. „Unsere Zeitbank gibt es seit 2016. Der Schwerpunkt liegt bei in Fornach bei Auslieferungsfahrten für 'Essen auf Rädern'. Wir haben 20 Fahrer, die durchschnittlich fünf Essen täglich verteilen. Im Jahr kommen unserer Fahrer auf eine Strecke von über 3.300 Kilometern, die sie in ihren Privat-PKWs auf eigene Kosten zurücklegen.“ Auch der Verleih von Pflegebetten läuft in Fornach über die Zeitbank, die aktuell etwa 60 Mitglieder hat.

Technisch gut vernetzt

2018 wurde in Weyregg die Zeitbank gegründet, die 2022 in Zeitbörse umbenannt wurde. Der 75-jährige Josef Atzmüller steht der Zeitbörse als Obmann vor: „Wir haben derzeit 65 aktive Mitglieder, überwiegend aus Weyregg, vereinzelt aber auch aus anderen Gemeinden.“ In Weyregg gibt es eine breite Angebotspalette an Talenten. Diese geht von Hilfen im Haushalt und Garten über Unterstützung bei Büroarbeiten, Fahr- und Begleitdienste bis hin zu technischem Support oder dem Erlernen von neuen Fertigkeiten. Über eine eigene Software werden Angebot und Nachfrage vernetzt. „Mit dem Handy kann man eine Dienstleistung suchen und bekommt Leistungserbringer vorgeschlagen, mit denen man Kontakt aufnehmen kann. Man kann aber auch in der Verwaltung anrufen und sich dort vermitteln lassen“, schildert der pensionierte IT-Manager.

Marianne Zeindlhofer engagiert sich selber bei der Zeitbörse Weyregg und erzählt von ihren Beweggründen: „Die größte Freude bedeutet mir, anderen Menschen im Rahmen meiner Möglichkeiten zu helfen oder Freude zu bereiten, ihnen meine Fähigkeiten bzw. Talente und meine Zeit zur Verfügung zu stellen. Als Anerkennung darüber freue ich mich, Zeit dafür zu bekommen, die ich vielleicht auch einmal für mich selbst verwenden kann.“

Allen Zeitbanken gemeinsam ist, dass sie auf der Suche nach neuen Mitgliedern sind, die ihre Talente einbringen möchten. Interessierte können sich bei den Zeitbanken bzw. -börsen in den jeweiligen Orten melden.

Kontakte im Bezirk

  • Zeitbank Pöndorf: 0676 4312352
  • Zeitbank Fornach: 07682 5505
  • Zeitbank Schlatt: 0664 4471636
  • Zeitbörse Weyregg: 0660 1340150


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