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Frankenburger Würfelspiel: Das „Blutgericht auf dem Haushamerfeld“ ist 400 Jahre her

Wolfgang Macherhammer, 06.05.2025 08:19

FRANKENBURG/H. Mit zwei Gedenkfeiern würdigt die Würfelspielgemeinde Frankenburg den 400. Jahrestag des „Blutgerichts auf dem Haushamerfeld“, das im Lauf der Geschichte als „Das Frankenburger Würfelspiel“ überregional bekannt wurde.

  1 / 2   In Hausham wird eine neue Gedenktafel enthüllt und werden Szenen nachgespielt. (Foto: Würfelspielgemeinde Frankenburg)

Man schrieb den 15. Mai 1625, als sich am Rande des Hausrucks gewaltige Menschenmengen in Bewegung setzten, um auf dem markanten Haushamerfeld in der Pfarre Pfaffing, das seit Jahrhunderten als Gerichtsplatz bekannt war, an einer merkwürdigen Gerichtsverhandlung teilzunehmen.

Was war geschehen? Ein paar Tage zuvor hatten die Einwohner des jungen Marktes Frankenburg es gewagt, die Installierung eines römisch-katholischen Pfarrers gewaltsam zu verhindern. Im Zuge des Aufruhrs wurde der Pfarrer verjagt und der verhasste Herrschaftspfleger, der die Steuern einzutreiben hatte, in seinem Schloss belagert. Der Aufstand kam nicht von ungefähr: Die protestantischen Bauern im Landl ob der Enns litten 1625 große Not. Das ohnehin durch Missernten geplagte Land war von Kaiser Ferdinand II an Bayern verpfändet worden, worauf raubende und plündernde Soldatenhorden die Bevölkerung drangsalierten. Überdies hatte sich der Kaiser fest vorgenommen, die widerspenstigen „Landler“ mit aller Gewalt „katholisch zu machen“ und hatte per Dekret alle protestantischen Prediger des Landes verwiesen. Sie sollten nach und nach durch römische Pfarrer ersetzt werden, die man aus Italien und Spanien herbeiholte. Das ließ den Volkszorn anschwellen: Bauern und Bürger klammerten sich in ihrer Not an den lutherischen Glauben und hatten überdies wenig Lust, mit ihren knappen Geldmitteln auch noch Pfarrer zu bezahlen, deren Sprache sie nicht einmal verstanden.

In Natternbach etwa wurde der neue katholische Priester erst gar nicht in die Kirche gelassen. Der bayerische Statthalter Adam Graf Herberstorff ließ Gnade vor Recht ergehen und begnügte sich mit einer strengen Verwarnung für die unbotmäßigen Natternbacher. Mit einer derartigen Gnade rechneten wenige Wochen später auch die aufständischen Frankenburger, nachdem sie die kurzzeitige Belagerung abgebrochen hatten, weil ihnen Straffreiheit zugesichert worden war.

Sie wussten nicht, dass Herberstorff für seine Milde vom Kaiser getadelt worden war. Er müsse beim nächsten Aufstand ein strenges Exempel statuieren, wurde ihm aufgetragen. Und so lockte der Graf die rund 5000 männlichen Bewohner der Grafschaft Frankenburg mit einem Gnadeversprechen auf das Haushamerfeld, wo diese durch ein großes, schwer bewaffnetes Soldatenheer empfangen wurden. Die Rädelsführer der unblutig zu Ende gegangenen Frankenburger Rebellion waren längst über alle Berge, und so hielt sich Herberstorff an die 36 Ausschussmänner der Märkte und Pfarren. Seine Gnade war schrecklich: Die Männer mussten paarweise ums Leben würfeln, den Gewinnern wurde ihr Leben „geschenkt“; die Verlierer wurden an der Haushamer Linde und an den Kirchtürmen von Frankenburg, Vöcklamarkt und Neukirchen/Vöckla gehenkt. Als abschreckendes Beispiel „wie jede Rebellion endet“. Überdies wurden die Leichname der Gehenkten anschließend entlang der Hauptstraße zwischen Vöcklamarkt und Frankenmarkt auf Spießen zur Schau gestellt.

Das von der Obrigkeit als „Gottesurteil“ bezeichnete zynische Spiel um Leben und Tod machte im Land ob der Enns wie ein Lauffeuer die Runde und versetzte die Bauern in eine Art Schockzustand. Aus dem wurden sie erst 1626 von Stefan Fadinger „befreit“, der zum großen oberösterreichischen Bauernkrieg aufrief, für den das „Blutgericht auf dem Haushamerfeld“ letztlich die Initialzündung gewesen war.

Viele Protestanten hatten allerdings in dieser Zeit schon das Land verlassen. Sie waren Richtung Bayern aufgebrochen, um bei toleranten Grafen eine neue Heimat zu finden. Nicht wenige kamen zwischenzeitlich auch in Niederösterreich unter, wo die Gegenreformation nicht so rasch und hart vollzogen wurde.

Denkmalenthüllung und Szenen am Originalschauplatz

In Frankenburg gedenkt man der traurigen Vergangenheit dieser Tage gleich zweimal: Am Donnerstag, 15. Mai, um 15 Uhr, genau 400 Jahre nach dem einst das „Blutgericht“ begonnen hatte, wird vor dem Würfelspiel-Museum in einer stillen Gedenkstunde ein neues Denkmal enthüllt, das von der Künstlerin Maria Moser gestaltet worden war. Es trägt den Namen „Seid wachsam!“ und ist explizit „allen Opfern von Intoleranz und Machtwillkür“ gewidmet. Zwei Tage später, am Samstag, 17. Mai, wandern Delegationen aus allen Pfarren, die einst zur Grafschaft Frankenburg gehört hatten, zum Denkmal auf dem Haushamerfeld, um dort gemeinsam mit Landeshauptmann Thomas Stelzer der Opfer des „Blutgerichts“ zu gedenken. Im Rahmen dieser Gedenkfeier, die um 11 Uhr beginnt, werden auch Szenen aus dem „Frankenburger Würfelspiel“ aufgeführt – am Originalschauplatz des grausigen Ereignisses aus dem 30jährigen Krieg.

Zwei Monate später, ab dem 25. Juli, wird in den seit 100 Jahren durchgeführten Aufführungen des „Frankenburger Würfelspiels“ an zwölf Abenden des Schicksals der Vorfahren gedacht – dargestellt von fast 500 Laienschauspielern auf einer der größten Naturbühnen Europas.


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