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Ich habe sehr klare Bilder im Kopf

Leserartikel Online Redaktion, 27.02.2016 12:12

ALTWAIDHOFEN. Josef Litschauer ist einer der 31 Zeitzeugen, die in dem neu erschienenen Buch „Leben oder Überleben - Menschen im Waldviertel 1945“ zu Wort gekommen sind. Tips bat den 69-Jährigen zum Kurzinterview.                                                                                                               von ERICH SCHACHERL

Zeitzeuge Josef Litschauer aus Altwaidhofen.
Foto: Schacherl
Zeitzeuge Josef Litschauer aus Altwaidhofen. Foto: Schacherl

Tips: Herr Litschauer, warum haben Sie sich vor ungefähr einem Jahr als bekannt wurde, dass Zeitzeugen aus dem Waldviertel für ein Buchprojekt gesucht werden, gemeldet?

Josef Litschauer: Ich habe mir gedacht ich melde mich, weil ich in meiner Kindheit einige interessante und markante Erlebnisse mit den Russen hatte. (Anmerkung: Josef Litschauer wurde im September 1947 in Waidhofen/Thaya geboren und ist hier aufgewachsen). Außerdem ist es mir wichtig, meinen Nachkommen und der Nachwelt zu hinterlassen, wie die damalige Zeit aus meiner Sicht war.

Tips: Können Sie mir einige Beispiele schildern?

Litschauer: Das muss so in der ersten oder zweiten Volksschule gewesen sein, da habe ich am Weg nach Hause russische Soldaten getroffen, ungefähr da wo jetzt die Post ist. Die haben mir zwei Schillinge in die Hand gedrückt. Eine andere starke Erinnerung ist mir von einem Lager der Russen geblieben, das sie in der Senke zwischen Müllplatz und Golfhotel aufgeschlagen hatten. Wir sind vom Erdäpfelklauben nach Hause gefahren und da waren massenhaft Russen. Das war sehr beeindruckend. Ich weiß auch noch gut, wie auf der Durchfahrtsstraße durch Altwaidhofen bei der Engstelle (Anmerkung: Die gab es schon damals) ein russischer Militärlastkraftwagen stecken geblieben ist. Und noch etwas: In der Nähe meines jetzigen Wohnhauses in Altwaidhofen befand sich damals ein Misthaufen, den einige Russen auf der Suche nach Würmern zerlegten. Dann gingen sie rüber zur Thaya und fischten, ein unvergessliches Bild.

Tips: Wie kann ich mir Ihre Erinnerungen vorstellen?

Litschauer: Ich habe ganz klare Bilder in meinem Kopf und auch noch die Gefühle dazu.

Tips: Sie haben keine negativen Erinnerungen an die Nachkriegs- und Besatzungszeit, wie viele andere der Zeitzeugen aus dem Buch?

Litschauer: Nein, ich habe keine unangenehmen Erinnerungen.

Tips: Waren die Jahre der Nachkriegszeit prägend für ihr späteres Leben?

Litschauer: Angst habe ich erst später durch die Grenze in die damalige Tschechoslowakei und den Kommunismus in Osteuropa gekriegt. Was man damals so alles gehört hat, war schlimm. Es gab Geschichten von Leuten die bei der Grenze erschossen wurden, andere verschleppt. Das hat mir mehr weh getan, als wenn ich an die Zeit der Besatzung zurückdenke. Ich bin auch nie in die Tschechoslowakei gefahren, erst nachdem 1989 der Eiserne Vorhang abgebaut wurde.

Tips: Zurück zur Buchentstehung. Nachdem Sie sich gemeldet hatten, wie ging es weiter?

Litschauer: Nach einiger Zeit hat sich die Autorin bei mir gemeldet und wir haben ein Treffen bei mir Zuhause vereinbart. Frau Kaiser (die Autorin) ist dann mit einem Mitarbeiter gekommen, der hat Fotos gemacht und auch ein Video des Gesprächs, das derzeit auf YouTube zu sehen ist. Das war ein interessantes Treffen.

Tips: Wie gefällt Ihnen das Buch?

Litschauer: Sehr gut. Ich bin nur leider noch nicht dazu gekommen, alle Geschichten zu lesen.


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