Covid-Bilanz von Sportarzt Ronald Ecker: „Empfehlungen und motivierende Worte hörte man praktisch nie“
MARCHTRENK. Ronald Ecker ist Arzt und hochselbst begeisterter Sportler. Ein aktives Leben stärkt das Immunsystem. Im Tips-Interview spricht er aber auch darüber, wie sich der Alltag in der Praxis verändert hat, wie man seine eigene Gesundheit stärken kann und warum seitens der Politik Motivation wohl das bessere Rezept wäre.
Tips: Die Pandemie geht in das dritte Jahr. Inwieweit hat sich der Alltag seitdem im Primärversorgungszentrum Marchtrenk verändert?
Ecker: Natürlich mussten wir – wie so viele andere Branchen auch – zu Beginn einige Abläufe ändern, das war auch für uns teilweise Neuland. Mittlerweile ist vieles zur Routine geworden: Impfstraßen im Primärversorgungszentrum, Abstriche und Kommunikation mit der Behörde, eine eigene Infekt-Schleuse und Infekt-Ordination, mehr Selbstschutz als früher. Was uns als Unternehmen derzeit sehr belastet, sind Ausfälle unserer Mitarbeiterinnen aufgrund von Quarantänen ihrer Kindergarten- oder Schulkinder, das führt bei uns oft zu akuten Personalengpässen.
Tips: Es wird von der Spaltung der Gesellschaft geschrieben und gesprochen. Wie erleben Sie das in Ihrem Alltag in Bezug auf Impfen, Testen und so weiter?
Ecker: Ja, diese gesellschaftliche Spaltung stimmt mich leider traurig. Ich tue sowohl gegenüber meinen Patienten wie auch im Freundeskreis gerne meine Meinung kund, halte mich allerdings dann stark raus aus Diskussionen – das interessiert mich ganz und gar nicht. Spaltungen, Streitereien und Feindschaften bringen einer Gesellschaft gar nichts, hoffentlich glättet sich das bald wieder.
Tips: Als Allgemein- und Sportmediziner reden Sie immer wieder von der Wichtigkeit der Bewegung zur Stärkung des Immunsystems. Was kann der Einzelne für sich tun?
Ecker: Dass das Immunsystem eine riesengroße Rolle für die Gesundheit spielt, war schon immer klar. Jetzt zeigt sich diese Tatsache auch in der breiten Öffentlichkeit so stark wie nie zuvor. Hochwertige Ernährung und psychisches Wohlbefinden sind enorm wichtig fürs Immunsystem, körperliche Bewegung ist zweifelsfrei die unersetzbare Basis. Wir müssen ganz einfach zumindest annäherungsweise so leben, wie unsere genetischen Voraussetzungen es vorgeben: Stoffwechsel anregen, Sauerstoff in alle Zellen bringen, Entgiften, Abhärten, Senkung von Entzündungen im Körper, Muskelaufbau – Argumente gibt es ganz viele!
Tips: Wo kann die Politik hier unterstützend eingreifen? Permanentes Sperren von Sportplätzen hilft ja niemandem weiter?
Ecker: Nein, definitiv nicht. In den ersten Monaten der Pandemie fand ich einige politische Entscheidungen – unter anderem Sperren von Sportplätzen und Spielplätzen oder das quasi Verbot von Bergwanderungen – komplett daneben. Wobei das Zustandekommen von solchen Entscheidungen ein komplexer Prozess ist, da möchte ich nicht wirklich tauschen. Die politischen Vorgaben der letzten Wochen und Monate waren aus meiner subjektiven Sicht insgesamt schon sehr viel sinnvoller. Eines kreide ich der Politik generell von Beginn weg an: Politiker haben eine enorme Breitenwirksamkeit und diese wurde in die falsche Richtung genutzt. Permanent wurden Verbote und Schreckensmeldungen verkündet, aber Empfehlungen und motivierende Worte hörte man praktisch nie, wie man das Immunsystem stärken kann.
Tips: Long Covid rückt immer mehr in den Fokus. Genesene sprechen von Schweißausbrüchen, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit und noch einiges mehr. Werden diese Fälle mehr?
Ecker: Ja, auf jeden Fall – möglicherweise allerdings auch, da das Long Covid-Syndrom mittlerweile in der öffentlichen Diskussion stark vertreten ist und die Symptomatik wirklich sehr bunt ist, Symptome werden somit rasch mal in diese Richtung interpretiert. Wenn jemand wirklich unter lang anhaltenden Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Erschöpfungszuständen und Muskelschmerzen leidet: bitte Geduld haben mit dem eigenen Körper, jedoch gleichzeitig intensiv daran arbeiten, um das wieder in den Griff zu bekommen.
Tips: Was braucht es in dieser Long Covid-Reha aus Ihrer Sicht?
Ecker: Therapeutische Maßnahmen müssen – wie bei vielen anderen gesundheitlichen Problemen auch – an vielen Stellen ansetzen: Ich möchte nicht zu viel darauf eingehen, da ich sonst Zielscheibe von Kritikern sein würde, aber ich mische gerne schul- und auch sogenannte komplementärmedizinische Zugänge, Trainingstherapie mit schrittweisem konditionellem Aufbau stellt die Basis dar. Wenn ich aber merke, dass die Symptome zu stark sind, suche ich für meine Patienten um eine stationäre Reha an – in Oberösterreich wird das ja in Enns und sogar für Kinder in Rohrbach angeboten.
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