Was aus Mohammad Nazari wurde
SONNTAGBERG. Die pensionierte Volksschuldirektorin Anneliese Kühhas betreute nach der großen Flüchtlingswelle 2015 eine kleine Gruppe Asylwerber, brachte ihnen gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Deutsch bei und half auch in allen anderen Angelegenheiten. Trotz Sprachkenntnissen, einer Wohnung und einer Arbeitsstelle wurde ein Schützling von ihr im Vorjahr abgeschoben.
Anneliese Kühhas schrieb daraufhin ein Buch über die Lebensgeschichte des Flüchtlings, der aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Hazara schon Zeit seines Lebens verfolgt wurde. Der Erlös des Buches kam ihm zugute. Und auch die Tips-Leser spendeten im Rahmen der Glückssternaktion im Vorjahr so viel, dass zumindest der Schulbesuch seiner drei Kinder für ein Jahr gesichert war. Wie es ihm und seiner Familie heute geht, darüber berichtet Anneliese Kühhas, die weiterhin um Spenden bittet.
Was wurde aus Mohammad?
„Menschen, die in ihrer Heimat wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden, haben ein Recht auf Asyl.“ (Genfer Menschenrechtskonvention) Das alles traf auf Mohammad zu und dennoch wurde er unerbittlich nach Afghanistan/Kabul abgeschoben. Dieses Land ist für Mohammad fremd, er wurde dort zwar geboren, aber schon als kleines Kind musste er mit den Eltern nach Pakistan flüchten. Sämtliche Verwandte waren schon Jahre vorher nach Australien ausgewandert.
Ohne Papiere chancenlos
Seine bereits verstorbenen Eltern hinterließen Mohammad keinerlei Papiere, daher wird er niemals in seinem Leben als vollwertiger Mensch mit Pass und ausgewiesener Identität leben können. In Kabul angekommen war der Aufenthalt zu gefährlich für ihn, weil er durch sein mongolisches Aussehen sofort als Angehöriger der verfolgten Rasse der Hazara zu erkennen ist. Daher musste er wiederum einen Schlepper finden, der ihn über die Berge nach Pakistan brachte. Seine österreichischen Freunde hatten ihm für diesen Fall Geld mitgegeben und die neuerliche Flucht glückte.
Vorurteile aufgrund der Abschiebung
Wieder bei seiner Familie in der Großstadt Quetta hatte er zunächst mit Vorurteilen zu kämpfen und erst allmählich gelang es ihm, einen gewissen Vertrauensverlust wettzumachen. Die politische Situation in Österreich verstand er nicht und konnte sie deshalb auch nicht erklären. Er lebt heute mit seiner Frau und den drei Kindern äußerst bescheiden. Bis heute gelang es ihm nicht, eine dauerhafte Arbeit zu finden. Er ist in Pakistan wieder Flüchtling und ein Mensch ohne Rechte. Mohammad verrichtet Gelegenheitsarbeiten, die er nicht täglich finden kann.
Analphabet in seiner eigenen Sprache
Deswegen erhält er gelegentlich Unterstützung von seinen österreichischen Freunden, die ihn in seiner Asylantenzeit in Waidhofen/Ybbs schätzen und lieben gelernt hatten. Mohammad ist Analphabet und alles, was er je gelernt hatte, war Deutsch in Wort und Schrift in Waidhofen und Böhlerwerk bei Deutschkursen, wofür er noch heute sehr dankbar ist. Seine eigene Sprache kann er nur sprechen, aber nicht viel lesen oder schreiben.
Schulbildung für die drei Kinder
Jetzt erhofft Mohammad trotz seiner tristen Lage für seine Kinder ein besseres Leben, er will ihnen Schulbildung ermöglichen. Auch das funktioniert nur mit unserer Hilfe. Ein Schuljahr für alle drei Kinder kostet 800 Euro. Wir konnten das mit den freiwilligen Spenden und dem Verkaufserlös der Bücher bewerkstelligen. Aber wie lange noch?
Selbstständigkeit mit Riksha
Mohammad möchte sich nun eine gebrauchte dreiräderige Riksha kaufen, damit er selbstständig arbeiten kann und nicht mehr um Arbeit betteln muss. Er will Gemüse und Obst transportieren sowie andere leichte Güter. Er weiß, dass dieses Vorhaben ein Wagnis ist, aber wir möchten ihm dabei helfen und seinen Willen, das schwere tägliche Leben halbwegs zu meistern, unterstützen. Er muss sich genau überlegen welche Straßen und Gebiete er benützen kann, denn als Flüchtling lebt er in dieser Stadt wie in einem offenen Gefängnis und die Taliban treiben dort noch immer ihr Unwesen.
Kontakt über WhatsApp
Mohammad kontaktiert uns alle zwei Monate per WhatsApp. Er will nicht aufhören, seine Deutschkenntnisse im Kopf zu behalten und wie einen großen Schatz zu hüten. Seine Gedanken sind oft in Österreich, wo er so viele nette, wohlwollende Menschen kennenlernen durfte und deren Hilfsbereitschaft spürte. In unserem Land wurde ihm von einigen Bürgern das Gefühl gegeben, ein gleichwertiger Mensch zu sein, der bestens integriert auf Arbeit und Anerkennung hoffen wollte.
Bitte um Unterstützung
„Falls auch Sie Mohammad helfen wollen, dann wäre das ein großartiges Zeichen Ihres Mitgefühls und Ihrer Wertschätzung“, so Anneliese Kühhas. Das Taschenbuch „Unser Freund Mohammad“, erschienen im BAYER – VERLAG ist im Buchhandel erhältlich. Der Erlös geht zur Gänze an Mohammad. Das Spendenkonto lautet auf Kennwort Glücksstern mit der IBAN AT 91 3290 6000 3182 5920. Seine Flucht bis zur Abschiebung lässt sich hier nachlesen: https://www.tips.at/zeitung-epaper/?ausgabe=tips-ybbstal&id=32858#/8
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