
Der Honda Civic Type R ist extrovertiert, schnell, laut und herausfordernd. Vor allem aber ist er ein ehrlicher Racer allerfeinster Güte.
Keine 500 Meter bin ich mit dem Type R unterwegs, schon gerate ich in eine Polizeikontrolle. Nicht wirklich verwunderlich bei dem martialischen Auftritt. Ich würde wetten, dass sich in sonst keinem Auto so viele Schweller, Schürzen und Luftschlitze zu einem derart aggressiven Styling zusammen finden. Weniger ist mehr? Nicht beim Type R. Und damit das auch ja für jeden klar und deutlich ersichtlich ist, hat man dem sonst schon nicht faden Heck einen massiven Spoiler verpaßt. Dem ganzen die Krone setzt die „Black Edition“ auf, unweigerlich fühlt man sich wie Darth Vader und Vater von irgendeinem Schwertschwinger.
Nun, zuerst aber sehe ich nur eine Kelle schwingen. „Ob ich denn nicht zu alt sei für diese Metall gewordene Peinlichkeit“, werde ich gefragt. „Hören sie mal sie Streifenhörnchen, ich bin für gar nichts zu alt. Aber vielleicht sind sie es, um Hinterhoftuning von technischer Höchstleistung unterscheiden zu können. Das einzig Peinliche hier ist ihre blöde Frage“. Nein, hab ich natürlich nicht geantwortet, sonst stünden diese Zeilen auf Zuchthausklopapier. Aber Gedanken sind frei, und ehrlich, wie bitte sollte denn ein 310 PS starker Kompakt-Kracher denn sonst unters Volk fahren? Wie ein Golf? Nein danke, fad war mir gestern.
Ich aber will was erleben. Was mir bei der Sichtung von Daten und Fakten sofort aufgefallen ist: Der Top-Civic bietet keine driving profiles, keinen selection mode, keinen Supersportirgendwas-Knopf. Dafür eine unfaßbar knackiges 6-Gang- Schaltgetriebe. Der Civic ist der Type R. Und sonst nichts. Einziges Zugeständnis an die „Ich will mehr“ – Fraktion ist eine „plus R“ – Taste links neben dem Lenkrad. Ist sie gedrückt, schalten alle Systeme auf scharf, die adaptiven Dämpfer werden noch gnadenloser und die Gaspedalkennlinie wird angepaßt. Subjektiv wird der Type R dadurch vor allem ruppiger und lauter, was in der Form überhaupt nicht Not tut.
310 PS habe ich schon erwähnt. 1.382 Kilogramm und 400 Newtonmeter bei 2.500 Umdrehungen passen hier thematisch ganz gut dazu. Wir reden hier also von einem Turbomotor, dem 2,0 Liter-VTEC um es genau zu sagen. Kein hochdrehender Sauger mehr, ein Hauch Melancholie schwingt hier ein wenig mit, wobei der Turbo eh auch bis 7.000 Touren dreht. Weitere technische Schmankerl sind ein adaptives Vierpunkt-Dämpfersystem, speziell adaptierte Hinterradaufhängung und Lenkanlage, ein Sperrdifferential sowie superscharfe Brembo-Bremsen. Ein Auto für die Rennstrecke.
Ich aber habe mich auf öffentlichen Straßen bewegt, eine Polizeikontrolle am Salzburgring wäre auch ganz was Neues. Heißt auch, der Type R durfte seine Alltagstauglichkeiten unter Beweis stellen. Kurz. Angesichts der Hardware wäre alles andere als pedal to the metal Themenverfehlung, gemütliches Cruisen ein Mißverständnis und bremsen vor Kurven Feigheit vor dem Freund. Ja, Kurven sind des Type R liebste Freunde. In ihrem Umfeld fühlt er sich am wohlsten, da kann er seine grandiose Fahrdynamik am Besten beweisen. Auch ein feuchtkalter November konnte ihn bei der Neuinterpretation physikalischer Gesetze nicht behindern.
Nackte Zahlen sprechen von 0 auf 100 km/h in 5,7 Sekunden, von 270 km/h Höchstgeschwindigkeit und einem Normverbrauch von 7,3 Litern. Wichtiger aber scheint, dass der Honda Civic Type R objektiv wie subjektiv wie die sprichwörtliche Sau geht. Dass er eine unerreichte Mischung aus Kraft, Sound und Extrovertiertheit bietet, er eine ehrliche Haut ist. Und mit EUR 42.135,00 auch erschwinglich.
Was er kann:
Ein normaler Civic sein. 440 Liter Kofferraumvolumen zum Beispiel.
Was er nicht kann:
Ruhig sein.
Extralob gibt es:
Für die Komplettausstattung. Navi, Assistenzsysteme…alles da.
Ändern würden wir:
Manchmal wünschten wir uns den Heckspoiler dezenter.
Daten Honda Civic TypeR GT
Motor: 4-Zylinder Turbo-Benziner
Leistung: 310 PS bei Max. Drehmoment: 400 Nm bei 2500 U/min Testverbrauch: 9,6 Liter Vmax: 270 km/h 0 auf 100 km/h: 5,7 Sek. Preis ab EUR 42.135,00