
Rülplrocker, die dir Balladen ins Ohr säuseln, während sie Hotelzimmer zerlegen. Ja, so ein Typ ist der Seat Leon ST Cupra.
Parallelen beim Auftritt sind unverkennbar. Die Jungs von Metallica sind ja letztlich auch nur Chorknaben nach einem Besuch bei der Promi Shopping Queen. Der Leon Cupra für sich war zwar nicht bei Guido Maria Kretschmer am Laufsteg, die hauseigene Mukibude hat aber auch ganze Arbeit geleistet. Feuriges Rot, dicke 19“-Zöller samt rot durchschimmernde Bremssättel, dezente Tieferlegung und kleidsame Schürzen visualisieren die Talente des Cupra recht überzeugend. Gerade soviel, dass der Chorknabe vulgo Kompaktkombi noch erkennbar ist.
Ja, Kompaktkombi. Denn auch wenn sich alles um Fahrleistungen, Fliehkräfte und Haftungsgrenzen dreht, irgendwo irgendwann hat man sich ja auch für das Blechkleid „Kombi“ entschieden. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis, dass auch der Über-Drüber-Leon über 587 bis 1.470 Liter Kofferraumvolumen, eine geteilt umlegbare Rückenlehne und feine Bein- und Kopffreiheit in der 2. Reihe verfügt. Kurz gesagt, der Cupra ist ein vollwertiges Familien-Freizeit-Urlaubs-Auto. Und, eh klar, eine echte Granate.
Seat fühlte sich bemüßigt noch mal Hand an den 2.0 TSI zu legen, das Ergebnis steht selbstbewußt am schicken Kombiheck: „290“. Also ein Plus an 10 PS, für was auch immer, weil wir haben schon beim Test des Vorgängers „Vollgas und der Seat geht ab wie von der Tarantel gestochen“ geschrieben. Vielleicht hat das ja irgendwer anders gesehen, jedenfalls jetzt also 290 PS, weiterhin ein maximales Drehmoment von 350 Nm bei 1.700 Umdrehungen. Aber, und jetzt wird’s wichtig, der Sprint auf 100 km/h nimmt nur noch 5,9 statt elends langen 6,0 Sekunden in Anspruch. Von wegen „für was auch immer“.
Nach wie vor beeindruckt die Lässigkeit, mit welcher der Cupra seine Kraft aus den Ärmeln schüttelt. Den „Cupra“-Modus im Fahrprofil angewählt, pedal to the metal und man ist gefühlt so schnell wie der seelige Ayrton Senna. Ohne jemals den 2. Teil des Fahrsicherheitstrainings beim ÖAMTC absolviert zu haben. Möglich wird diese erfreuliche Erfahrung durch ein perfektes Zusammenspiel aller Komponenten, einer adaptiven Fahrwerksregelung samt Vorderachs-Differenzialsperre mit elektronisch gesteuerter Lamellenkupplung und sehr liberal agierenden technischen Regelsystemen.
So weit so trocken. Etwas diffiziler wird die Sache bei feuchtem Untergrund, was Herbst sei „Dank“ oft genug vorkommt. 290 PS auf die Vorderräder losgelassen klappt bei trockener Fahrbahn traumwandlerisch geil, keine Kurve die der Cupra nicht frißt und hinten wieder ausspukt. Auf Nässe allerdings verpufft ein Großteil der Urgewalten, drehen die überforderten Vorderräder gnadenlos durch. Auch wenn der Cupra leistungsmäßig zu seinem Bruder Golf R aufgeschlossen hat, mangels Allrad hat er fahrdynamisch bei entsprechenden Witterungsbedingungen das Nachsehen.
Unabhängig davon bleibt der Seat Leon Cupra ST aber ein ganz heißes Eisen für all jene, welche Fahrleistungen auf Sportwagenniveau, Platz für Urlaubsgepäck und eine attraktive Preisgestaltung suchen. Unser Testwagen belief sich auf EUR 47.230,57, glänzte dabei mit gleichermaßen sportiver wie komfortorientierter Vollausstattung. Ihr Hotelzimmer sollten sie aber trotzdem nicht demolieren.
Was er kann: Linz-Ligano in 4 Stunden. Ungefähr. Was er nicht kann: Auf Nässe sein volles Potential ausschöpfen. Ändern würden wir: Die Soundkulisse rotziger gestalten. Extralob gibt es: Für die Leichtigkeit des Schnellseins.
Daten Seat Leon ST Cupra TSI DSG
Motor: 4-Zylinder Turbobenziner
Hubraum: 1.984 ccm
Leistung: 290 PS
Drehmoment: 350 Nm bei 1700 U/min
Testverbrauch: 8,1 Liter
Vmax: 250 km/h
0 auf 100 km/h: 5,9 Sek.
Preis ab EUR 40.490,00