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Friedrich Heigl: „Ich habe eine sinnstiftende Arbeit getan“

Reinhard Leeb, 18.07.2017 14:37

AMSTETTEN. Friedrich Heigl (62) wurde von seinen Freunden beim Pensionsfest zum „Mister Hausbauseminar“ ernannt. Er hatte in Österreich mit Gleichgesinnten vor 31 Jahren die Umweltberatung ins Leben gerufen. Tips-Redakteur Norbert Mottas traf Friedrich Heigl am ersten offiziellen Tag seines Ruhestandes und exakt 47 Jahre nach Heigls erstem Tag als Schlosser-Lehrling zum Interview.

Friedrich Heigl an seinem ersten offiziellen Tag im Ruhestand.  Foto: mott
  1 / 2   Friedrich Heigl an seinem ersten offiziellen Tag im Ruhestand. Foto: mott

Tips: Du bist ein Pionier in vielen Bereichen des Umweltschutzes. Woher kam dieses Interesse?

Heigl: Ich bin in einer sehr naturverbundenen Familie auf einem kleinen Bauernhof in Ybbsitz aufgewachsen. Bei uns gab es kaum Maschinen. Wir mähten die Wiesen mit der Sense. Manchmal borgten wir uns vom Nachbar Pferde aus. Wir hatten nur fünf Kühe, einige Kälber, Hasen, Hühner und natürlich jede Menge Katzen. Die Tiere wurden von allen – vor allem aber von uns Kindern – geliebt und gehätschelt. Und wir waren immer von Natur umgeben.

Tips: Hast du schon am Anfang deines Berufslebens für den Umweltschutz gearbeitet?

Heigl: Nicht wirklich. Ich begann am 6. Juli mit einer Lehre als Landmaschinenschlosser in Seitenstetten. Damals gab es keine Möglichkeit zu pendeln. Daher stellte mein Lehrherr ein Stockbett ins Zimmer seines Sohnes Fritz, dort wohnte ich dann 3,5 Jahre. Mit Fritz habe ich sehr schnell Freundschaft geschlossen. Nach der Lehre und dem Bundesheer sind wir nach Innsbruck gegangen, wo wir zwei Jahre als Portalschlosser gearbeitet haben.

Tips: Wann kamst du zum ersten Mal mit dem Thema Umweltschutz in Berührung?

Heigl: Ich war fünf Jahre lang Schlosser in einer Firma, die Spanplatten herstellte. Damals war Umweltschutz kein Thema: Die Heizung zum Trocknen der Sägespäne wurde mit Schweröl befeuert und auch bei der Arbeit waren wir mit giftigen Stoffen konfrontiert. Damals wurde ich zum Betriebsrat gewählt und konnte zumindest bessere Umweltstandards am Arbeitsplatz ausverhandeln. Da hatte ich mich schon viel mit Umweltschutz beschäftigt.

Tips: Wie kam es dann, dass du das zum Beruf machtest?

Heigl: Ich hatte als Schlosser die Prüfung als Gewerblicher Schlossermeister absolviert.Doch dann beendete ich meine Schlosserkarriere und zog nach Amstetten. Da meldete sich eines Tages Leo Baumfeld bei mir, den ich schon aus Salzburg kannte. Er war als Regionalberater für die Eisenwurzenregion zuständig. Er hatte die Idee, für das Mostviertel ein Energiesanierungskonzept zu erarbeiten. Wir hörten, dass es in Deutschland schon eine Organisation namens „Umweltberatung“ gab, die auch Schulungen anbietet. Dort nahm ich drei Wochen an einem Seminar teil. Ich kam mit vielen Unterlagen und Ideen zurück. Auf der Suche nach einer Finanzierung trafen wir auf Sepp Ginner, der als Arbeitsmarktbetreuer beim AMS dafür zuständig war. Er unterstützte uns bei der Konzeption und Finanzierung tatkräftig.Wir brauchten neben dem AMS noch einen zweiten Partner und stellten unser Projekt beim Land Niederösterreich vor. Wir fanden beim damaligen Umweltlandesrat Erwin Pröll offene Ohren. Uns wurde die Finanzierung des Projekts für 28 Monate zugesagt. Im Herbst 1986 gründeten wir dann zwei Vereine, die Umweltberatung Mostviertel in Amstetten mit mir als Obmann und die Umweltberatung Waldviertel in Zwettl. Am 26. November 1986 wurden dann Franziska Simmer, Werner Erber, Erika Mottl, Toni Helm und ich als Umweltberater angestellt. Keiner von uns hatte eine akademische Ausbildung: Franziska war Koch/Kellnerin, Erika Sekretärin, Werner Sozialarbeiter, Toni Bäcker und ich Schlosser. Unsere Ausbildung übernahm dann das Ökologie-Institut mit Ausbildungsleiter Willi Sieber. Unser erstes Büro hatten wir in der Preinsbacherstraße.

Tips: Wie ging es weiter, als die 28 Monate vorbei waren?

Heigl: Wir hatten wieder einen Termin bei Landesrat Pröll und wollten vorschlagen, zu den bestehenden Büros zwei weitere zu eröffnen. Wir kamen zum Termin und hörten aus dem Warteraum, wie Pröll in seinem Büro sehr lautstark mit jemandem schimpfte. Nach einer halben Stunde kam eine Abordnung von jungen Leuten mit rauchenden Köpfen aus dem Büro. Wir dachten, oje, wir haben heute einen schlechten Tag erwischt. Doch Pröll bat uns ins Büro und erklärte kurz: „Ich muss jetzt gleich zu einer Sitzung, aber ich habe es mir überlegt. Ich will drei zusätzliche Büros mit jeweils sechs Leuten.“ Da ließen wir schnell unser Konzept verschwinden und freuten uns über das Angebot. Als ich eine Woche später mit Pröll die Details besprach, hatten wir schon unser Konzept entsprechend angepasst. Das war der Grundstein für die Büros in Hollabrunn, Wiener Neustadt und St. Pölten.

Tips: Wer im Team hatte welche Aufgaben?

Heigl: Am Anfang wollten wir, dass alle alles können. Aber wir haben gesehen, dass zum Beispiel die Hausfrauen uns Männer nicht wirklich ernst nahmen, wenn wir Tipps zum richtigen Wäschewaschen gaben. So beschlossen wir uns doch wieder zu spezialisieren. Mein Spezialgebiet war Haussanierung und Energieberatung. Weniger Freude hatte ich mit Verwaltungsangelegenheiten. Diese übernahm in späterer Folge Christa Lackner als Leiterin der Umweltberatung Niederösterreich.

Tips: Wie kam es zu deinem Titel „Mister Hausbauseminar“?

Heigl: Ich habe seit 1989 mit 850 Familien Hausbauseminare abgehalten und fast alle haben die Erkenntnisse in ihren Hausbau einfließen lassen. Es war das erfolgreichste Seminar in der Umweltberatung.

Tips: Wie wurde die Umweltberatung zur eNu, der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich?

Heigl: Das Land Niederösterreich hat 2011 die eNu gegründet. Ab Jänner 2012 wurden wir alle übernommen, auch wenn sich die Aufgaben änderten. Meine Aufgaben waren der Hotline-Dienst bei der Energieberatung und als Vortragender und Prüfer in der Energieberater-Ausbildung mitzuwirken, Exkursionen und Messeauftritte zu organisieren und bei der Ratgeber- und Broschüren-Erstellung mitzuarbeiten. Besonders freut mich das Projekt „Kleinsanierung für armutsgefährdete Haushalte“ mit dem wir vier Familien durch konkrete Sanierungsmaßnahmen unterstützt haben.

Tips: Wie sieht das bei eurem eigenen Haus aus?

Heigl: Ich habe natürlich alle meine Beratungsinhalte auch im eigenen Haus umgesetzt. Eine große Solaranlage liefert das Warmwasser und unterstützt die Heizung, ein Großteil des Strombedarfes wird mit einer Photovoltaikanlage abgedeckt. Das Haus ist mit 16 Zentimeter Hanf gedämmt und die Heizung wurde von Gas auf eine Wärmepumpe umgestellt. Eine Komfortlüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt 365 Tage für ausgezeichnete Frischluft im Haus.

Tips: Und dein Resümee nach 31 Jahren Umweltschutz?

Heigl: Ich bin sehr froh, eine sinnstiftende Arbeit gemacht zu haben. Ich hatte das Glück meinen eigenen Job mitgestalten zu können. Jetzt bin ich in Pension und werde mich natürlich weiter für den Umweltschutz einsetzen.


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