ARDAGGER. Mit 27 infizierten Personen und rund 250 Personen in Quarantäne ist die Dichte an Corona-Betroffenen in Ardagger besonders hoch. Bürgermeister Johannes Pressl (ÖVP) setzt auf eine offene Gesprächskultur über das Thema.
ARDAGGER. Unter den rund 250 Personen, die in Ardagger sicherheitshalber unter Quarantäne stehen, ist auch Bürgermeister Johannes Pressl. Die aktuelle Situation bezeichnet er als „abnormale Normalität“. Abnormal sei, dass Gasthäuser und viele Geschäfte geschlossen haben und die Leute – den Maßnahmen der Regierung entsprechend – daheim bleiben. Normal wiederum sei, dass Essen und Trinken, Strom und Wasser gesichert sind und dass die elektronischen Kommunikationsmittel funktionieren.
Drehscheibe Gemeindeamt
Natürlich gibt es viele Menschen, die sich Sorgen machen. Und wie es in Gemeinden wie Ardagger üblich ist, wendet man sich mit Sorgen an den Bürgermeister. Daher weiß Pressl, welche Probleme Menschen in Quarantäne beschäftigen. Das Gemeindeamt wird so zur Drehscheibe und zur Organisationsleitung für Maßnahmen.
Ardagger ist eine Gemeinde mit einem regen Sozialleben: die Menschen kennen einander, und wenn wer Geburtstag hat, dann kommt man zum Gratulieren, man trifft sich an Stammtischen oder anderen sozialen Treffpunkten. Diese an sich erfreuliche Situation ist leider gleichzeitig der Grund, warum gerade in Ardagger viele mit dem Corona-Virus in Kontakt gekommen sind. Bürgermeister Pressl: „Wenn man überlegt, mit wem man in letzter Zeit Hände geschüttelt hat, dann kommt man schon auf eine große Zahl. Und gerade, als noch niemand ahnen konnte, dass er sich in Italien mit dem Virus angesteckt habe, gab es in Ardagger ein paar größere Zusammenkünfte – und entspechend groß ist die Zahl derer, die sich in Quarantäne begeben mussten. Pressl betont, dass niemand Schuldgefühle haben müsse. Auch Schuldzuweisungen weist er zurück. „Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“, zitiert Pressl das Neue Testament. Er hörte, dass sich Leute weniger Sorgen machten, dass sie sich selbst, sondern, dass sie möglicherweise jemanden anderen angesteckt haben könnten.
Kommunikation
Viele Menschen brauchen gerade jetzt Zuspruch. Daher gibt es von Pressl den Aufruf: „Ruf an!“ Manchen fällt die Decke auf den Kopf und da ist es gut, jemand zum Reden zu haben. Und sei es nur am Telefon. Als Beispiel nennt Pressl eine Hebamme, die sich spontan bei ihm gemeldet hat und an die man sich per Telefon wenden kann, wenn man Fragen zu Schwangerschaft oder Geburt hat.
Auf seinem Blog gibt Pressl auch Tipps, wie man elektronische Kommunikation ermöglichen könne. Pressl: „Für Menschen in Quarantäne und Absonderung sind Kommunikationsmedien besonders wichtig. Es gibt über WhatsApp oder Skype und auch andere Medien die Möglichkeit zu kleinen Videokonferenzen. Liebe Kinder! Wäre toll, wenn ihr das Euren Eltern oder Großeltern einrichten könntet!“
Digitaler Austauschplatz
Viele Menschen in Ardagger wünschen sich einen offenen lokalen „digitalen Austauschplatz“ für Klatsch und Tratsch aber auch für Kreatives und literarische Gustostückerl aus der häuslichen „Quarantäne“ – ohne sich bei Facebook oder anderen Kommunikationskonzernen registrieren lassen zu müssen. An einer einfachen Lösung wird bereits getüftelt.
Großer Zusammenhalt
Der Zusammenhalt der Bürger Ardaggers, der in „Normalzeiten“ schon sehr ausgeprägt ist, zeigt sich jetzt in der Krise besonders stark. Bürger wenden sich nicht nur mit Sorgen und Ängsten an den Bürgermeister – auch viele spontanen Hilfsangebote, wie etwa Einkaufsdienste, werden angeboten.
Die Kontaktdaten finden sich auf Pressls Blog.Offene GesprächskulturPressl steht für Transparenz und eine offenen Gesprächskultur über das Thema Corona.Auf seinem Blog berichtet er täglich aktuell vom Gemeindegeschehen und derzeit speziell zur Corona-Virus-Situation. Niemand soll das Corona-Virus auf die leichte Schulter nehmen, aber es gelte, den Menschen die Angst zu nehmen.
Eine Empfehlung an Menschen in Quarantäne ist das Schreiben eine Quarantäne-Tagebuchs. Erste Tagebucheintragungen sind bereits auf dem Blog abrufbar.
Bärlauch
Pressl empfiehlt allen, die nicht unter Quarantäne stehen, in den Wald zu gehen – immer mit Abstand und unter Einhaltung aller Regeln – und Bärlauch zu sammeln. „Ein gesundes Bärlauchgericht bringt doch ein bisschen Frühling rein“, empfiehlt Pressl.
Ostern
Auch das Osterfest wird von der Corona-Krise beeinträchtigt. Pressl: „Irgendwie können wir uns noch gar nicht vorstellen, wie das sein wird: Ohne Osternachtsfeier, ohne Osterhochamt, ohne Palmprozession, ohne Palmweihe und ohne große Familienfeier.“ Pressl ruft dazu auf Ideen einzusenden, wie das Osterfest 2020 unter Rücksichtnahme aller Maßnahmen gefeiert werden könne.<
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