Industriellenvereinigung: „Wir sind keine Ausbeuter"
AMSTETTEN. Bei der Umdasch AG in Amstetten hielt die Industriellenvereinigung Niederösterreich (IV NÖ) ihre Vollversammlung ab. Beim anschließenden Empfang legten IV-Präsident Georg Kapsch und IV NÖ-Präsident Thomas Salzer ihre Positionen dar.
Bei der Vollversammlung der IV NÖ wurden im Vorfeld spezielle Hocker mit Wünschen und Positionen beschrieben. Diese Hocker waren von Flüchtlingen in einem Flüchtlingsheim in Erdberg hergestellt worden. Umdasch AG-Vorstandschef und IV NÖ-Vizepräsiden Andreas Ludwig erklärte, dass diese Hocker ein Teil von Einrichtungsgegenständen seien, die die Flüchtlinge für sich selbst aus Fertigteilen herstellen. Für diese Flüchtlinge wurden an diesem Tag 3000 Euro Spenden von den IV-Mitgliedern gesammelt.
„Nur Wirtschaft schafft Arbeitsplätze“
IV-Präsident Georg Kapsch war ein Ehrengast beim Empfang. Er erklärte in seiner Rede, dass es ihn schmerze, wenn Industrielle als Ausbeuter gesehen werden. „Es geht nicht um uns, sondern darum, möglichst viele Menschen in die Arbeitswelt zu bringen.“ Er sprach auch die geopolitische Lage an, die „noch nie so volatil war wie heute“. Das erzeugt Ängste in den Menschen. Und da setzen sich Populisten drauf“, erklärte Kapsch ohne Personen beim Namen zu nennen.
Die Wirtschaft sei nur ein Hilfsmittel, um Wohlstand zu erzeugen und nur Wirtschaft schaffe Arbeitsplätze, waren weitere Positionen Kapschs. Einen Seitenhieb Richtung Politik erteilte er beim Thema Reformen. „Wir waren immer für Reformen. Es gab Regierungen, die bei Reformen mutig voran schritten und andere, die mutlos und verschwenderisch waren.“ Auch hier nannte Kapsch keine Namen, versicherte aber, dass er den Bund meine, um anwesende Landespolitikerinnen nicht zu verärgern. Verärgert hatte Kapsch viele, als er im Oktober erklärt hatte, Österreich habe zwei Totengräber, „den Föderalismus, wie wir ihn leben, und die Sozialpartnerschaft, wie wir sie heute leben“. Beim Empfang in Amstetten betonte er, dass insbesondere die Satzteile „wie wir sie heute leben“ wichtig seien. Kapsch ist sich bewusst, dass man in Niederösterreich ins Fettnäpfchen tritt, wenn man den Föderalismus kritisiert. Grundsätzlich forderte Kapsch eine echte Strukturreform. „Wir brauchen in Hinblick auf die Digitalisierung eine völlig neue Arbeitswelt“, ist Kapsch überzeugt.
Breitband-Internet
Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) versicherte Kapsch, dass sie die Industrielle nicht als Ausbeuter sehe.
In Anlehnung an Industrie 4.0 wurde der Begriff Wirtschaft 4.0 erfunden, mit dem die digitalen Herausforderungen beschrieben werden sollen. „Hier entstehen völlig neue Berufsbilder und wir brauchen neue Fertigkeiten – ab dem Kindergartenalter. Zu Wirtschaft 4.0 gehöre ein leistungsfähiges Breitbandnetz. Stolz erklärte Bohuslav, dass Niederösterreich den Breitband-Award gewonnen habe. Bohuslav: „Wir fördern Randgebiete, wo Marktanbieter keine Gewinne erwarten. So können wir in diesen Gebieten ein starkes Internet bereit stellen. Die Infrastruktur verpachten wir dann an Firmen und erzielen auf diese Weise einen Return of Investment.“
Auch technologieorientierte Start-up Unternehmen werden seitens des Landes gefördert. So werde bereits in Fachhochschulen mit den zukünftigen Unternehmensgründern Kontakt aufgenommen, um sie zum Beispiel bei der Erstellung eines Businessplanes zu unterstützen.
In Hinblick auf die geopolitische Lage wies Bohuslav darauf hin, dass ein Exportaufschwung für heimische Arbeitsplätze enorm wichtig sei, dass aber die Exportmärkte mit dem Brexit und einem US-Präsidenten Trump ins Wanken geraten. Russland sei ein Kernland. Die Sanktionen nach der Annektierung der Krim hätten die falschen getroffen. Daher sprach sich Bohuslav für ein Überdenken aus. Insgesamt aber mache sie sich aber um die Zukunft der Wirtschaft keine Sorgen.
Vom Agrarland zum Hightech-Land
IV NÖ-Präsident Thomas Salzer erklärte, dass sich Niederösterreich in kurzer Zeit vom Agrarland zum Hightech-Land entwickelt hab. Seit dem Jahr 2000 seien 100.000 neue Arbeitsplätze enstanden, rechnete Salzer vor und verwies darauf, dass es in der EU keine ähnliche dynamische Region gebe.
Bezüglich der kommenden Bundspräsidentenwahl mahnte Salzer, dass sich Österreich nach dem 4. Dezember je nach Wahlausgang zu einem offenen oder einem geschlossenen Land entwickeln werde, wobei er dem offenen den Vorzug gab. Für Salzer sind Freiräume für die Unternehmen wichtig sowie eine Steigerung der Produktivität. „Wir müssen den Druck von den Betrieben wegbringen und die überbordende Bürokratie abbauen“, so Salzer. Dabei wünscht er sich eine Verlagerung der politischen Kompenzen auf Landesebene. „Es gibt Gesetze, die uns der Bund vorgibt, die wir gar nicht umsetzen können“, erklärte Salzer.
Mehr Investitionen gewünscht
Landeshauptmannstellvertreterin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) meinte Richtung Kapsch, dass auch dieser zum Föderalisten würde, wenn er sähe, wieviel schneller Dinge in Niederösterreich umgesetzt würden als im Bund. „Ich kenne beide Ebenen aber in Niederösterreich geht es schneller, denn wir haben klare Verhältnisse“, wies Mikl-Leitner darauf hin, dass in Niederösterreich die ÖVP mit absoluter Mehrheit herrsche, während es auf Bundesebene keine Mehrheiten gebe. Mikl-Leitner beklagte einen Fachkräftemangel und wünscht sich, mehr Investition nach Niederösterreich bringen zu können.
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