Weitere Angebote

Sociale Medien

Kontakt

BAD ISCHL. Weltweit leiden rund 2,5 Millionen Menschen an der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose (MS). Österreichweit gibt es etwa 12.500 Patienten die von der chronisch fortschreitenden Erkrankung des zentralen Nervensystems betroffen sind. Darüber, worauf weibliche Erkrankte bei einer Schwangerschaft achten müssen, informiert Primar Dr. Nenad Mitrovic, Ärztlicher Leiter der MS-Station am Salzkammergut-Klinikum Bad Ischl.

Prim. Priv.-Doz. Dr. Nenad Mitrovic, Ärztlicher Leiter der MS-Station am Salzkammergut-Klinikum Bad Ischl sowie Leiter der Abteilung für Neurologie am Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck Foto: gespag

Bei Multipler Sklerose kommt es zu einer übermäßigen Reaktion des Immunsystems auf körpereigenes Gewebe. Eigene Körperzellen werden als „fremd“ erkannt und von Abwehrzellen attackiert. Der Grund: eine Fehlsteuerung des Immunsystems. Diese Fehlsteuerungen können wiederum entzündliche Veränderungen im Gehirn auslösen, die sich in Form von Lähmungen, Gangstörungen, Sehstörungen und anderen neurologischen Beeinträchtigungen äußern können. Betroffen sind vor allem Menschen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr – in seltenen Fällen auch Kinder und Jugendliche. Eine Erstdiagnose nach dem 60. Lebensjahr ist eher selten. Frauen sind doppelt so häufig betroffen.

„Isolierschicht“ von Zellen wird zerstört

Ursächlich für die Beschwerden ist eine Zerstörung der Isolierschicht der Nervenzellen im zentralen Nervensystem. Diese Isolierung ist für eine schnelle Übertragung von Informationen zwischen den Nervenzellen wichtig, eine Schädigung verlangsamt oder verhindert den Informationsaustausch.

Schubförmige und fortschreitende Verlaufsformen

Grundsätzlich unterscheidet man folgende Formen der Erkrankung: das klinisch-isolierte Syndrom, die schubförmige MS sowie primär und sekundär fortschreitende (progrediente) Verlaufsformen. Die Erkrankung beginnt bei mehr als 80 Prozent der Patienten mit einem schubförmigen Verlauf. Bei den meisten Patienten bilden sich die Symptome innerhalb einiger Wochen zum Teil oder vollständig zurück. Solche Schubepisoden können im weiteren Verlauf wieder auftreten, die Defizite nehmen im Laufe der Zeit meistens zu. Durch eine medikamentöse Beeinflussung des Immunsystems kann die Schubhäufigkeit deutlich reduziert werden, so dass eine frühe Therapie für die meisten Patienten empfohlen wird.

„Schwangerschaft meist positiv für Krankheitsverlauf“

Da die MS vorwiegend junge Patientinnen trifft, werden häufig folgende Fragen gestellt: Muss damit gerechnet werden, dass eine Schwangerschaft Nachteile für die Patientin oder das Kind mit sich bringt? Haben schwangere Patientinnen ein höheres Risiko für ein Schubgeschehen?

„Eine wissenschaftliche Studie aus 2011 zeigte, dass während der Schwangerschaft die Schubrate, vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel, um den Faktor vier reduziert ist“, erklärt Primar Dr. Nenad Mitrovic. „Somit wirkt sich die Schwangerschaft in den meisten Fällen auf den Krankheitsverlauf sehr positiv aus. Auch sonst gibt es keine sicheren Hinweise, dass MS einen negativen Einfluss auf die Schwangerschaft und Entbindung hätte, auch die Rate an Missbildungen oder Frühgeburten ist nicht erhöht.“

Auch Stillen kann schützend wirken

Nach der Entbindung kann die Schubrate wieder deutlich ansteigen, das Stillen kann wiederum schützend wirken. Sinnvoll ist es deshalb, dass nichtstillenden Patientinnen bereits kurz nach der Entbindung wieder mit der Medikamenteneinnahme beginnen. Bei stillenden Patientinnen muss die Entscheidung gemeinsam mit dem behandelnden Arzt getroffen werden.

Grundsätzlich wird die krankheitsmodifizierende Therapie während der Schwangerschaft nicht empfohlen. „In Ausnahmefällen ist die Medikamentengabe während der Schwangerschaft nach ärztlicher Anordnung möglich“, erklärt der Experte.

Künftig sollen Medikamente durch MS entstandene Schäden „reparieren“

In den letzten zwanzig Jahren wurden zwar viele neue Therapieoptionen für die MS entwickelt, es werden aktuell aber vor allem Präparate gesucht, die die Reparatur der beschädigten Gehirnregionen ansteuern und nicht nur die Krankheitsaktivität reduzieren.


Kommentare sind nur für eingeloggte User verfügbar.

Jetzt anmelden